Ukraine-Krieg: Tote und Verletzte – Experten verurteilen russischen Einsatz von Streumunition
Experten zufolge setzt Russland im Ukraine-Krieg Streumunition ein, das zeigen Bilder aus ukrainischen Städten. Deren Nutzung gilt als Kriegsverbrechen.
Frankfurt – Russland* soll Expertinnen und Experten für Konfliktforschung, Menschenrechte und Waffenkunde zufolge in der Ukraine* Streumunition einsetzen. Bei Angriffen dieser Art kamen laut Angaben von Menschenrechtsorganisationen in den letzten Tagen mehrere Menschen ums Leben, darunter auch Kinder.
„Wir müssen uns auf schlimmes Leid einstellen“, sagte Simone Wisotzki von der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung angesichts der russischen Artillerie, die in der Ukraine weiter vorrückt, der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Streumunition im Ukraine-Krieg: Videoaufnahmen zeigen Einsatz in Charkiw
Bei Streumunition handelt es sich um Raketen und Bomben, die bereits in der Luft zerbersten und dadurch eine Vielzahl an kleiner Sprengkörper, die sogenannte Submunition, freisetzen. Diese sind etwa so groß wie eine Getränkedose und fallen schließlich in einem Umkreis von mehreren Dutzend Metern zu Boden. Trotz ihrer Größe können sie immensen Schaden anrichten und beispielsweise leicht gepanzerte Fahrzeuge durchschlagen sowie Menschen in der Nähe tödlich verletzen. Streumunition kann vom Boden aus durch Raketenwerfer abgefeuert, aber auch von Flugzeugen als Bombe abgeworfen werden.

Expertinnen und Experten sind sich angesichts der russischen Angriffe auf die ostukrainische Stadt Charkiw einig, dass dort Streumunition eingesetzt wurde. Die Stadt ist mit mehr als einer Million Einwohnern die zweitgrößte in der Ukraine. Fotos und Videos von Augenzeugen zeigen demnach nicht nur die Einschläge von Streumunition in Wohngebieten, sondern auch Munitionsreste, die nicht detonierten. Dem technischen Chefberater der Organisation Conflict Armament Research, Alan Barlow, zufolge, explodieren mindestens zehn Prozent der Submunition nicht wie vorgesehen. „Diese Blindgänger bergen eine große Explosionsgefahr für Menschen in der Umgebung, solange sie nicht entschärft werden.“
Auf einem Video einer Überwachungskamera in Charkiw ist außerdem zu sehen, wie Streumunition in einem Wohngebiet vor sowie auf ein mehrstöckiges Gebäude fällt. Die Mini-Bomben zerstören parkende Autos, beschädigen das Gebäude und treffen womöglich auch Menschen, die am Rande des Videos zu sehen sind. „Es ist ein ziviles Gebiet, das hier bombardiert wird, und das ist ein Verstoß gegen das Humanitäre Völkerrecht, die Genfer Konventionen“, sagte Wisotzki der dpa.
Ukraine-Konflikt: Experten mit scharfer Kritik an Russlands Einsatz von Streumunition
Russland dementiert jedoch den Einsatz von Streumunition im Ukraine-Krieg. Der Verteidigungsminister Sergej Schoigu versicherte erst am Dienstag (01.03.2022), „nur auf militärische Objekte“ sowie „ausschließlich mit hochpräzisen Waffen“ zu arbeiten. Streumunition zählt laut Wisotzki allerdings nicht zu den Präzisionswaffen und wird in den meisten Ländern der Welt geächtet, darunter auch Deutschland. Eine Konvention verbietet unter anderem die Herstellung und den Einsatz dieser Art von Munition, sowohl Russland als auch die Ukraine haben den Vertrag jedoch nicht unterzeichnet. Bereits seit 2014 soll Berichten zufolge in den umkämpften Gebieten im Donbass Streumunition verwendet werden.
Menschenrechtsorganisationen verurteilen den aktuellen Einsatz der gefährlichen Streubomben in der Ukraine scharf. Amnesty International berichtete etwa von einem Angriff auf einen Kindergarten in der nordöstlichen Stadt Ochtyrka, bei dem Streumunition eingesetzt worden sei. Drei Zivilisten seien getötet worden, darunter auch ein Kind. Human Rights Watch meldete zudem, dass ein ukrainisches Krankenhaus von Streumunition getroffen worden sei. Es habe vier Tote sowie zehn Verletzte gegeben, unter ihnen medizinisches Personal.
Das Humanitäre Völkerrecht verbietet es im Grundsatz, Zivilisten und zivile Gebiete zu beschießen. Verstöße können als Kriegsverbrechen geahndet werden. Waffen, die wegen ihrer Streuung unterschiedslos sowohl Zivilisten als auch Soldaten treffen können, sollten nicht verwendet werden. Das beschloss das Internationale Komitee vom Roten Kreuz. (as/dpa)