Olaf Scholz und Wladimir Putin auf Pressekonferenz: „Es ist unsere verdammte Aufgabe“
Bundeskanzler Olaf Scholz reist unter großen Erwartungen nach Moskau. Jetzt gibt es Ergebnisse.
- Bundeskanzler Olaf Scholz* (SPD*) ist zu Gesprächen mit Wladimir Putin* in Moskau eingetroffen.
- Die deutsch-russischen Beziehungen befinden sich auf einem Tiefpunkt – nicht nur wegen der Ukraine-Krise*.
- Auch die Ostseepipeline Nord Stream 2 zwischen Scholz und Putin besprochen werden.
Zusammenfassung der Pressekonferenz: Die Gespräche zwischen Wladimir Putin und Olaf Scholz sind beendet. Beide äußerten sich auf einer Pressekonferenz nach dem gemeinsamen Treffen. Wladimir Putin betonte die Bedeutung russischer Gaslieferungen für Deutschland. Diese führten dazu, dass die Verbraucher in Deutschland für Gas weit weniger bezahlten als Menschen in anderen Ländern, sagte er. Insofern sollten die Deutschen Altkanzler Gerhard Schröder „dankbar“ sein.
Bundeskanzler Olaf Scholz stellte klar, dass Sicherheit in Europa nicht gegen Russland, „sondern nur mit Russland“ möglich sei. Er weigere sich, die gegenwärtige Lage im Ukraine-Konflikt als aussichtslos zu bezeichnen. „Für meine Generation ist Krieg in Europa undenkbar geworden“, sagte Scholz. Die Politik müsse dafür sorgen, „dass das so bleibt“. Scholz hangelte sich derweil weiter um eine klare Absage an Nord Stream 2 im Falle einer Invasion Russlands herum.
Außerdem begrüßte der Bundeskanzler, dass Russland einzelne Truppen von der Grenze zur Ukraine abziehe. „Das ist ein gutes Zeichen, und wir hoffen, dass noch weitere folgen.“ Eine Deeskalation der Lage sei „dringend geboten“. Auch Putin betonte immer wieder, dass er eine diplomatische Lösung des Ukraine-Konflikts befürworte. Dabei sei vor allem eine Ost-Erweiterung der Nato sein wichtigstes Anliegen. Man habe aber auf die russischen Forderungen „keine konstruktiven Antworten bekommen“.

Wladimir Putin und Olaf Scholz über Ukraine-Konflikt
+++ 15.51: Die Pressekonferenz ist beendet.
+++ 15.40 Uhr: Die beiden Staatsoberhäupter Olaf Scholz und Wladimir Putin werden gefragt, ob ein Krieg in der Ukraine „auszuschließen“ sei.
Putin: „Wie sieht der Plan aus? Der passt sich an die Realität an. Wer hat eine Antwort auf die derzeitige Situation? Keiner. Das hängt nicht von uns ab. Wir streben an, auf diplomatischem Wege Antworten auf gestellte Fragen zu finden. Wir wollen den Stand 1997 und keine Stationierung von Kampfanlagen in der Nähe unserer Grenzen.“
Scholz kritisiert die Inhaftierung des Kreml-Kritiker Alexej Nawalny. Dies sei mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar, so Scholz.
Olaf Scholz und Wladimir Putin während Pressekonferenz: Scholz über Nord Stream 2
+++ 15.27 Uhr: Olaf Scholz wird gefragt, ob Kiew die Minsker Vereinbarungen erfüllen werden und welche Perspektiven es für Nord Stream 2 gebe. Wladimir Putin greift zur Frage nach Nord Stream 2 vorweg: „Herr Schröder hat den Bau von Nord Stream 1 unterstützt. Das Gas kommt nach langjährigen Verträgen aus Russland um das Fünffache günstiger. Ein deutscher Bürger kann seine Tasche öffnen und schauen, ob er bereit ist, für Energie das fünffache mehr zu bezahlen.“ Das Projekt sei bereits seit Dezember 2021 bereit, in Betrieb genommen zu werden, so Putin.
Olaf Scholz zu Nord Stream 2: „Was die Pipeline selber betrifft. Wir wissen alle, was los ist. Wir wollen sicherstellen, dass wir eine friedliche Entwicklung in Europa bekommen. Falls das nicht der Fall ist, wird das weitreichende Konsequenzen haben.“ Scholz redet erneut um „kein Nord Stream 2“ herum – er verweist darauf, dass „jeder versteht, was gemeint ist.“
Olaf Scholz in Moskau: Bundeskanzler redet um Nord Stream 2 herum
+++ 15.23 Uhr: Putin äußert sich zu einem möglichen Krieg. Man könne sich „schwer einen Krieg in Europa vorstellen.“ Ob man das möchte oder nicht – „natürlich nicht“, betont Putin. Es soll eine Vereinbarung geben, die Sicherheit für alle gewährleistet – auch für Russland. Aber auf unsere Vorschläge haben „wir keine konstruktiven Antworten bekommen“. Die aktuellen Entwicklungen in der Ost-Ukraine komme einem Völkermord gleich, so Putin.
Scholz ergänzt: „Es kommt darauf an, alle Möglichkeiten zu nutzen und dafür zu sorgen, dass wir eine friedliche Entwicklung möglich machen.“
+++ 15.12 Uhr: Olaf Scholz spricht. „Es ist gut und wichtig, heute hier in Moskau zu sein.“ Er bedankt sich für das „lange Gespräch.“ Die Wirtschaftsbeziehungen haben „großes Potenzial“. Zu Nord Stream 2 äußerte sich der Bundeskanzler nicht. Scholz betonte auch, er erwarte, dass die Deutsche Welle in Russland weiter tätig sein könne.
Olaf Scholz und Wladimir Putin auf Pressekonferenz: „Es ist unsere verdammte Aufgabe“
Anlässlich des Ukraine-Konflikts betont Scholz: „Die militärischen Truppenaktivitäten Russlands an der Grenze zur Ukraine haben einen Großteil unserer Gespräche eingenommen, wie auch die Fragen nach Sicherheitsgarantien von Russland.“ Scholz betonte, dass die europäischen Partner den Truppenaufmarsch als „Bedrohung sehen“. Man könne „keinen vernünftigen Grund“ für die Truppenbewegungen erkennen. Präsident Putin habe ihm berichtet, dass die diplomatischen Möglichkeiten bei Weitem nicht ausgeschöpft seien. Die territoriale Integrität der Ukraine sei „unverhandelbar.“ Eine diplomatische Sackgasse sei ein „Unglück“ für alle. Der Bundeskanzler betonte auch erneut die scharfen wirtschaftlichen Sanktionen, die Russland im Falle einer Invasion drohen würden. „Es ist unsere verdammte Pflicht und Aufgabe, zu verhindern, dass es zu einer kriegerischen Eskalation kommt.“

+++ 15.04 Uhr: Die Gespräche zwischen Olaf Scholz und Wladimir Putin sind beendet. Auf einer Pressekonferenz spricht Wladimir Putin davon, dass Russland „ein zuverlässiger Partner sei“. Vor allem die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit dem Rest Europas betont der russische Präsident zu Beginn seiner Rede. Es sei über die „deutsch-russische Zusammenarbeit“ gesprochen worden und auch die Anwendung von erneuerbaren Energien. Putin betonte auch die Bedeutung der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2. Diese werde die Energie-Sicherheit Europas stärken, sagte Putin bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Scholz. Russland sei parallel dazu weiter bereit, auch nach 2024 Gas durch die Ukraine zu leiten.
Olaf Scholz und Wladimir Putin: Pressekonferenz im Live-Ticker
+++ 14.32 Uhr: Im Vorfeld der Gespräche zwischen Russlands Präsident Wladimir Putin und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) betonte Scholz, dass es „das wichtigste“ sei, dass die derzeitigen Probleme durch „gute Gespräche“ gelöst werden.
Scholz betonte die Bedeutung seines Treffens mit Putin „so kurz nach Beginn meiner Zeit als Kanzler der Bundesrepublik Deutschland“ und angesichts der Geschichte der Beziehungen beider Länder. Europa befinde sich derzeit in einer „schwierigen Situation“, darüber wolle er mit Putin sprechen, heißt es laut Informationen der Deutschen Presseagentur. Derzeit befinden sich Scholz und Putin im Gespräch, die Diskussion wird sich vor allem um den anhaltenden Ukraine-Konflikt drehen.
Olaf Scholz bei Wladimir Putin: Bundeskanzler lehnt russischen PCR-Test ab
Update von Dienstag, 15.02.2022, 12.50 Uhr: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist für Gespräche zur Ukraine-Krise mit Russlands Präsident Wladimir Putin in Moskau eingetroffen. Wie aktuell berichtet wird, hat Scholz wie auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in der vergangenen Woche einen PCR-Test auf das Coronavirus durch die russischen Behörden abgelehnt. Der Kanzler habe sich bei seiner Ankunft am Flughafen in Moskau von einer Ärztin der deutschen Botschaft testen lassen, erklärte die Bundesregierung.
Nach russischen Angaben hatte sich Macron bei seinem Besuch in Moskau am Donnerstag geweigert, dem Corona-Protokoll des Kremls zu folgen. Das Gespräch der beiden Staatschefs fand in der Folge mit sechs Metern Abstand an einem langen Tisch statt. Moskau betonte, das Vorgehen habe keinen politischen Grund. Die physische Distanz „beeinträchtigt in keiner Weise die Verhandlungen“. Zuvor war gemutmaßt worden, der Abstand könne ein Symbol der kühlen Haltung Putins gegenüber Macron sein.
Wie auf ersten Bildern zu sehen ist, muss auch Scholz den Sechs-Meter-Abstand zu Putin einhalten.

Olaf Scholz bei Wladimir Putin: Ringen um Abbau der Spannungen
Erstmeldung von Dienstag, 15.02.2022, 11.45 Uhr: Moskau – Nach seiner Reise nach Kiew macht sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nun auf zur anderen Konfliktpartei Russland. In Moskau wird Scholz seine Bemühungen um eine Entschärfung der Ukraine-Krise fortsetzen. Am Dienstag (15.02.2022) wird er im Kreml Russlands Präsidenten Wladimir Putin erstmals zu einem langen Vier-Augen-Gespräch treffen. Das Gespräch ist für mehrere Stunden angesetzt. Formal handelt es sich dabei um den Antrittsbesuch des Kanzlers in einer Zeit, in der sich die deutsch-russischen Beziehungen auf einem Tiefpunkt befinden. Sämtliche bilateralen Konflikte zwischen Berlin und Moskau dürfte die Ukraine-Krise jedoch überlagern.
Bei seinem Besuch bei Staatschef Putin möchte Scholz für eine Deeskalation der Ukraine-Krise werben, dies hatte der Bundeskanzler bereits bei seinem Besuch am Montag in Kiew erklärt. Der SPD-Politiker nannte den Aufmarsch Zehntausender russischer Soldaten entlang der ukrainischen Grenze „nicht nachvollziehbar“. Erneut warnte er Russland vor einem Überfall auf die Ukraine und betonte, dass die EU und die USA* für diesen Fall harte Reaktionen vorbereitet hätten.

US-Präsident Biden legt Nord Stream 2 auf den Verhandlungstisch – Scholz nicht
Beim Antrittsbesuch des Kanzlers in Washington hatte US-Präsident Joe Biden erklärt, dass das Aus für die Ostseepipeline Nord Stream 2 zu dem Sanktionspaket gehören würde. Scholz hingegen nennt die Leitung nicht ausdrücklich als Sanktionsinstrument und spricht lediglich davon, dass „alle Optionen auf dem Tisch“ lägen. Öffentlich hat er die Ostseepipeline Nord Stream 2 seit Mitte Dezember nicht mehr in den Mund genommen.
Scholz‘ Moskau-Reise findet vor dem Hintergrund von Spekulationen aus den USA über einen russischen Angriff auf die Ukraine möglicherweise noch diese Woche statt. Am Montag kündigten die US-Amerikaner an, angesichts der extrem angespannten Lage ihre Botschaftsgeschäfte von der ukrainischen Hauptstadt Kiew in die Stadt Lwiw (Lemberg) nahe der Grenze zu Polen zu verlegen. US-Außenminister Antony Blinken teilte mit, dabei handele es sich um eine vorübergehende Vorsichtsmaßnahme.
USA und Deutschland fordern Staatsbürger zum Verlassen der Ukraine auf
Deutschland hat wie die Vereinigten-Staaten auch seine Staatsbürger zum umgehenden Verlassen der Ukraine aufgefordert. Dies wird von der Ukraine als Alarmismus gesehen, der der Wirtschaft der Ukraine weiter schadet. Vor seiner Kiew-Reise sprach Scholz von einer „sehr, sehr ernsten Bedrohung des Friedens in Europa“. Russland betont hingegen immer wieder, keinen Angriff auf die Ukraine zu planen – und wirft den USA „antirussische Propaganda und Panikmache“ vor. Zuletzt hatte Moskau deutlich gemacht, weiter an Verhandlungen mit dem Westen interessiert zu sein, um die Krise zu lösen.
Putin erhofft sich, eine Debatte über eine neue Sicherheitsstruktur in Europa anstoßen zu können. In einem Forderungskatalog an die Nato und die USA verlangt er, dass der Westen juristisch verbindliche Garantien für Russlands Sicherheit ausstellt. Konkret heißt das unter anderem ein Verzicht auf Aufnahme der Ukraine in die Nato und ein Verzicht auf die Stationierung von Waffensystemen, darunter eine US-Raketenabwehr vor Russlands Grenzen.
Nato-Beitritt der Ukraine „nicht auf der Tagesordung“
Aus prinzipiellen Gründen lehnt die Nato einen Verzicht auf einen ukrainischen Nato-Beitritt zwar ab. In Kiew betonte Scholz aber, dass eine Aufnahme der Ukraine auch in die Nato aktuell auch nicht anstehe. Es sei „schon etwas eigenwillig zu beobachten, dass die russische Regierung etwas, das praktisch nicht auf der Tagesordnung steht, zum Gegenstand großer politischer Problematiken macht“, sagte er.
Putin, dessen Heimatstadt St. Petersburg eine Partnerschaft mit Hamburg hat, kennt Scholz noch als Bürgermeister der Hansemetropole. Die beiden begegneten sich dort, als Scholz 2017 die Organisation des von Krawallen überschatteten G20-Gipfels mitzuverantworten hatte. Auch in den Jahren 2018 und 2019 trafen sie sich in Buenos Aires und Osaka wieder, aber ohne sich wirklich näher kennenzulernen.
Ukraine-Krise: Deutsch-russische Beziehungen auf dem Tiefpunkt
In einer Zeit, in der das Verhältnis zwischen Deutschland und Russland angespannt ist wie seit Jahrzehnten nicht mehr, steht Scholz als Kanzler nun vor einem schwierigen Wiedersehen mit dem Kremlchef – auch ohne die Ukraine-Krise. Der Anschlag mit dem chemischen Kampfstoff Nowitschok auf den Putin-Gegner Alexej Nawalny, der nach seiner Genesung in der Berliner Charité in einem russischen Straflager inhaftiert wurde, vergiftet ebenso das Verhältnis beider Länder.
Auch die Schließung deutscher Nichtregierungsorganisationen in Russland kritisiert die Bundesregierung als einen Schlag für die zivilgesellschaftlichen Beziehungen der Länder. Daher ist auch der einst von Kanzler Gerhard Schröder und Wladimir Putin ins Leben gerufene Petersburger Dialog eingefroren.
Medien-Zensur: In Russland verbotene Deutsche Welle begleitet Scholz nach Moskau
Ein Gespräch wird zu Lösung der Probleme nicht ausreichen, zu lang ist die Liste der Probleme. Zuletzt hatten sich die Spannungen noch einmal durch das Arbeitsverbot für die Deutsche Welle in Russland* verschärft. Eine Korrespondentin und ein Kameramann des Senders werden aber an der Scholz-Reise teilnehmen.
Ein besonderes Ärgernis vor allem auch der deutschen Wirtschaft, die in Russland Milliarden investiert, sind zudem die neuen medizinischen Zwangsuntersuchungen für alle Ausländer. Deutsche Investoren und Manager hatten sich entsetzt über die erniedrigenden Medizinchecks gezeigt und warnten vor einem Exodus hoch qualifizierter Arbeitskräfte und einer Kapitalflucht aus Russland. (lz/dpa) *fr.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.