Grünen-Chefin Peter: Das war Merkels großer Flüchtlings-Fehler

Grünen-Chefin Simone Peter wird ihr Amt bald abgeben. Zuvor warnt sie jedoch vor einer Spaltung der Gesellschaft unter einer neuerlichen großen Koalition und wirft der Merkel-Regierung schwere Fehler in der Flüchtlingspolitik vor.
Berlin - Die scheidende Grünen-Chefin Simone Peter warnt vor einer Spaltung der Gesellschaft unter einer neuerlichen großen Koalition. Im „Welt“-Interview befürchtet sie ein „Desaster beim Klimaschutz.“ Auch in der Gerechtigkeitspolitik seien „die Weichen nicht in Richtung einer dauerhaften sozialen Sicherung gestellt“. Eine GroKo setze zudem eine weltoffene Gesellschaft auf‘s Spiel „mit einer Asylpolitik, die weiter Familien trennt, Flüchtlinge gängelt und Europa weiter abschottet.“
Peter wirft der Bundesregierung in der „Welt“ weiteres Versagen in der Asylpolitik vor: „Auf den Zuzug hätte sich die Bundesregierung viel besser vorbereiten müssen. Man wusste, dass sich Menschen wegen der Konflikte im Nahen und Mittleren Osten auf den Weg nach Europa machten. Die Flüchtlinge wurden hier teils gar nicht, teils doppelt registriert, es wurde versäumt, ausreichend Personal einzustellen, um Asylanträge zu bearbeiten, und es gab viel zu wenig Hilfe für die Kommunen, um die Aufnahme geregelt zu organisieren.“
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Auch die Aufstellung der Sicherheitsbehörden nennt Peter im Interview „bis heute defizitär. Das hat auf traurige Weise der Fall Amri gezeigt. Und leider bleibt auch hier das Sondierungspapier der großen Koalition sehr dünn.“

„Aufnahmebereitschaft“ ist ein Wert an sich
Im Spätherbst 2015, als viele tausend Flüchtlinge Deutschland erreichten, sei laut Peter die Weltoffenheit der Bürger des Landes sichtbar geworden. „Ich habe aber vermisst, dass die Kanzlerin und auch Union und SPD offensiv verteidigten, dass diese Aufnahmebereitschaft ein Wert an sich ist“, so die Grünen-Chefin.
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Union und SPD hatten in der Phase nach der großen Welle Ende 2015 ein strikteres Asylgesetz verabschiedet, unter anderem auch den Familiennnachzug ausgesetzt. Darüber soll in den Koalitionsverhandlungen zwischen den großen Parteien aber noch einmal verhandelt werden. Laut Sondierungspapier könnten ab Sommer 2018 wieder 1000 Familienangehörige pro Monat nach Deutschland nachgeholt werden.
Mehr Wachstum hätte für mehr Zusammenhalt in der EU gesorgt, meint Peter
Einen Fehler der Merkel-Regierung prangert Peter besonders an. Sie ist überzeugt: Hätte Berlin mehr ins Wachstum innerhalb der EU investiert und weniger auf Reformen der Krisenstaaten, hätten andere Länder mehr Flüchtlinge aufgenommen.
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Peter: „Merkels strenger Sparkurs hat nachhaltige Investitionen und Wohlstand genau dort verhindert, wo dies nötig war. Das zeigt etwa die immer noch viel zu hohe Jugendarbeitslosigkeit in vielen Ländern. Reformen müssen zusammen gehen mit einer Investitionsoffensive in die sozial-ökologische Modernisierung. Das stärkt den Zusammenhalt Europas.“
Die Chefin der Bundes-Grünen wird ihren Vorsitz abgeben. In der „Welt“ gesteht sie, daran gezweifelt zu haben, eine neue Mehrheit zu bekommen. Über Weihnachten habe Peter sich dann dazu entschlossen, nicht mehr zu kandidieren.
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