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Droht eine Frühsommerwelle?

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Vor allem der Omikron-Subtyp BA.5 sorgt für steigende Infektionszahlen in Deutschland. foto: DPA © dpa

Schon jetzt gehen die Corona-Zahlen hoch - Experten warnen

Berlin - Der Sommer hat 2020 und 2021 für ein Aufatmen in der Corona-Pandemie gesorgt. Doch dieses Jahr verunsichert das zuletzt sich wieder verschärfende Infektionsgeschehen viele. Die Inzidenzen klettern, das Robert Koch-Institut (RKI) warnt vor wachsendem Infektionsdruck. So blicken Experten aus Wissenschaft und Medizin auf den dritten Corona-Sommer:

Warum steigen die Zahlen wieder?

Die trotz milder Temperaturen zunehmenden Zahlen - die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz machte am Dienstag einen Sprung auf 447,3 im Vergleich zu 331,8 am Vortag - haben laut Experten mehrere Gründe. Zum einen ist da der Omikron-Subtyp BA.5, der zuletzt in Deutschland stetig zulegt. "Die Untervariante BA.5 ist noch ansteckungsfähiger als alle Varianten zuvor, kann sich also auch unter den für das Virus widrigen Bedingungen im Sommer verbreiten", erklärt Epidemiologe Timo Ulrichs von der Akkon Hochschule für Humanwissenschaften in Berlin. Zudem könne BA.5 nach derzeitigem Kenntnisstand dem Immunsystem entwischen, selbst wenn es schon Kontakt zu Omikron-Varianten hatte, mahnt Ulrichs. Auch vollständig Geimpfte seien nicht vor einer Infektion gefeit. "Das bedeutet, es kommt eine große Anzahl von Wirten für die Verbreitung in Frage."

Nach Wellen in Ländern wie Portugal rechnen auch hierzulande viele Fachleute damit, dass BA.5 bald dominant werden dürfte. Laut letztem RKI-Wochenbericht beträgt der Anteil von BA.5 nach den letzten Daten etwa von vor zwei Wochen zehn Prozent - er dürfte aber inzwischen weitaus höher liegen, schätzt der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, Carsten Watzl.

Auf der anderen Seite steht ein verändertes Verhalten vieler Menschen. Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie in Bremen verweist vor dem Hintergrund gefallener Corona-Beschränkungen auf höhere Mobilität und mehr Kontakte - und das bei deutlich geringerem Schutzverhalten wie Maskentragen. Auch die nun bei vielen länger zurückliegende Impfung spiele eine Rolle bei der wieder zunehmenden Verbreitung.

Droht eine richtige Frühsommerwelle?

Immunologe Watzl ist sicher: Einstellige Inzidenzen wie etwa im letzten Sommer wird es dieses Jahr nicht geben. "Die Inzidenzen werden - wie aktuell zu sehen - bei einigen Hundert liegen. Dafür ist Omikron zu ansteckend." Er geht davon aus, dass sich rund die Hälfte der Bevölkerung noch nicht mit Omikron infiziert hat. "Da die Impfung nicht so gut vor der reinen Ansteckung schützt, hat das Virus also noch ausreichend Potenzial, Menschen zu infizieren." Ob BA.5 Inzidenzen von über 1000 verursachen werde, sei aktuell aber noch schwer abzuschätzen. "Die Möglichkeit einer Sommerwelle besteht aber", so Watzl. Auch Zeeb will sich nicht festlegen, wie hoch eine befürchtete Frühsommerwelle steigen könnte.

Lässt sich so eine Welle irgendwie bremsen?

Nur mit raschen, strikten Maßnahmen, sagen die Experten. "Aus meiner Sicht ist es kaum möglich, außer mit sehr drastischen Maßnahmen aktuell steuernd einzugreifen", befindet Zeeb. Insbesondere die Risikogruppen wie ältere Menschen sollten deshalb zur Booster-Impfung aufgerufen werden, um ihren Schutz zu optimieren. Konkret sieht Ulrichs in der Wiedereinführung von Schutz-Maßnahmen wie dem flächendeckenden Maskentragen die einzige Möglichkeit, den Trend zu bremsen.

Wie dramatisch ist der aktuelle Anstieg?

Auch wenn die Zahlen Wachsamkeit erfordern, einen Grund zur Panik sehen die Fachleute nicht. Intensivmediziner Stefan Kluge vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf spricht momentan von einem "moderaten" Anstieg der Infektionszahlen.

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