Die Ampelkoalition von SPD, Grünen und FDP war keine Liebeshochzeit zu dritt, sondern eher eine vom Wähler arrangierte Verlegenheitspartnerschaft mit jeder Menge Zoff-Potenzial. Immerhin: Erkennbar Gefallen aneinander gefunden haben die drei Parteien beim Thema "Spurwechsel". Er soll jenen Migranten, die kein Asylrecht zuerkannt bekamen, sich aber nach mehr als fünf in Deutschland verbrachten Jahren gut integriert haben und ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten, den Weg für ein dauerhaftes Bleiberecht und in den Arbeitsmarkt ebnen.
Der "Spurwechsel" verbindet die von den Grünen und der SPD verfolgten humanitären Ziele mit dem arbeitsmarktpolitischen Anliegen der FDP, den händeringend nach Arbeitskräften suchenden Betrieben zu helfen.
Nicht ohne Grund warnt die Union zwar vor unerwünschten Migrationsanreizen und davor, dass sich Zuwanderer ihr Aufenthaltsrecht künftig quasi ermogeln können. In Bayern verfolgt die CSU unverdrossen einen strengen Kurs. In der Öffentlichkeit trifft sie freilich auf immer weniger Verständnis, seit allerorten ein dramatischer Arbeitskräftemangel erkennbar wird. In einer solchen Situation 136 000 nur geduldete, aber gut integrierte Ausländer abzuschieben, erscheint vielen Bundesbürgern wenig sinnvoll. Das von der Ampel auf den Namen "Chancen-Aufenthaltsrecht" getaufte neue Ausländerrecht ist ein faires Angebot an Zuwanderer und ein pragmatischer Kompromiss, der manche betriebliche Not lindert. Allerdings ist der "Spurwechsel" das leichter einzulösende von zwei Versprechen der Ampelkoalition. Spiegelbildlich zur erleichterten Einbürgerung der fleißigen Migranten sieht das neue Gesetz vor, straffällig gewordene Ausländer konsequenter auszuweisen. Auch an dieser Zusage werden sich SPD, Grüne und FDP messen lassen müssen.