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„Ar*** auf Grundeis“? Baerbock skurrilen Fragen im TV-Interview ausgesetzt - Spott für ProSieben

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Von: Florian Naumann

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Annalena Baerbock soll es machen. Sie soll als erste Kanzlerkandidatin der Grünen in den Bundestagwahlkampf gehen. Am Abend tritt sie im TV auf. Der News-Ticker.

Update 21.00 Uhr: Annalena Baerbock hat ihr erstes großes TV-Interview als Grüne-Kanzlerkandidatin überstanden - trotz eher unkonventioneller Fragen und Vorgehensweisen der Moderatoren des Senders ProSieben. An die 40-Jährige ging unter anderem die Frage, ob ihr angesichts der möglichen Verantwortung als Kanzlerin der „Arsch auf Grundeis“ gehe. Baerbock kam dennoch weitgehend mit dem üblichen Repertoire an Antworten durch die Sendung.

In den sozialen Netzwerken steht im Anschluss an das Gespräch vor allem die Arbeit der ProSieben-Vertreter Katrin Bauerfeind und Thilo Mischke in der Kritik. „Ja gut, Applaus am Ende konterkariert dann doch den journalistischen Anspruch, den sich ProSieben gesetzt hat“, hieß es auf Twitter etwa - die Moderatoren Mischke und Bauerfeind hatten zum Abschluss des Gesprächs Beifall gespendet. Oder auch: „Die wahre Bewährungsprobe für #Baerbock war nicht das Beantworten von kritische Fragen, sondern, dass sie das Gespräch trotz der bescheuerten Fragen am Laufen halten konnte.“

Baerbock startet bei ProSieben - und weicht Angebot zum Angriff auf Söder aus

Update 20.58 Uhr: Markus Söder habe in einem Interview erklärt, er traue ihr „eine gute Rolle“ in einer Bundesregierung zu - „trauen Sie ihm das auch zu?“, fragt Bauerfeind Annalena Baerbock. Die Grüne weicht der Gelegenheit zum Angriff auf die Konkurrenz aber aus. Sie hoffe, im Bundestagswahlkampf ein gutes Angebot machen zu können, erklärt Baerbock.

Update 20.55 Uhr: „Ist Putin ein Mörder?“ fragt Mischke Baerbock gleich zweimal unter Verweis auf eine Äußerung des US-Präsidenten Joe Biden. Baerbock erklärt, es sei von außen schwer zu beurteilen, wer für die Geschehnisse in Russland verantwortlich sei.  „Wir sehen, dass der Kreml, und dem steht dieser Präsident vor, gerade jemanden sterben lässt“, sagt die Grünen-Chefin mit Blick auf den inhaftierten und im Hungerstreik befindlichen Kreml-Kritiker Alexej Nawalny aber auch. Deutschland müsse eine klare Haltung zeigen - etwa mit Blick auf die umstrittene Gas-Pipeline Nordstream2.

Update 20.50 Uhr: Die designierte Grünen-Spitzenkandidatin verteidigt die Forderungen nach Änderungen im Hartz-IV-System. Wenn Jugendliche in Hartz-IV empfangenden Familien kein Geld dazuverdienen könnten, suggeriere man, dass Arbeit sich nicht lohne, sagt Baerbock. Moderator Thilo Mischke hatte gefragt, was die Grünen Menschen entgegnen wollen, die forderten, dass man Geld mit Arbeit verdienen müsse.

Baerbock bei Debüt-Interview: Kanzlerkandidatin reagiert vorsichtig auf Verbots-Frage

Update 20.45 Uhr: Deutschland drohe „im letzten Jahrhundert festzustecken“, wenn sich die Politik nicht ändere, mahnt Baerbock. Die Marke „Made in Germany“ müsse zur Marke werden „hergestellt in einem klimaneutralen Europa“. Die Politik fahre bislang auf Sicht und riskiere damit, dass Menschen von heute auf morgen auf der Straße stehen. Die 40 Milliarden Euro für die Abfederung des Kohle-Ausstiegs etwa hätte man zu einem früheren Zeitpunkt direkt in Verbesserungen stecken können, meint die Grüne.

Update 20.42 Uhr: Baerbock kritisiert auch die Politik der „schwarzen Null“. Die Regelung habe Deutschland in Probleme gebracht. „Ja, wir müssen die Schuldenbremse im Grundgesetz durch eine Investitionspflicht ergänzen“, sagt sie. Das Land stehe etwa bei der Schienen-Infrastruktur oder beim Internet-Ausbau nicht gut da. Wer in gute Schulen und Kitas investiere, der investiere in die Zukunft.

Update 20.38 Uhr: Es sei nötig, jetzt „ins Machen zu kommen“, beschreibt Baerbock ihr Ziel, um auch Nichtwähler anzusprechen. Das Land sei etwa in Sachen klimafreundlicher Techniken weiter, als die Politik das anerkenne. Moderator Mischke grätscht mit einer Frage nach Verboten dazwischen. Baerbock will nicht zustimmen: Es gehe nicht darum, „andere Menschen zu machen“, sondern alle Lebensbereiche sollten auf Klimafreundlichkeit umgestellt werden. So mache es etwa keinen Sinn, das Autofahren zu untersagen, wenn es keine Angebot des öffentlichen Nahverkehrs gebe.

„Wir müssen endlich die Regeln setzen“, sagt Baerbock allerdings auch. So werde etwa durch politische Regelungen Massentierhaltung subventioniert. Die Politik müsse den Rahmen ändern, um voranzukommen.

Baerbock rügt in ProSieben-Interview Merkels Corona-Politik: „Kulturschaffende im Regen“

Update 20.30 Uhr: Baerbock rügt in ihrem ersten TV-Interview als designierte Kanzlerkandidatin massiv die Corona-Politik der Bundesregierung. Kinder und Schulen seien nicht adäquat berücksichtigt: Sie selbst habe einen Quarantäne-Bescheid erhalten, in dem dazu aufgefordert wurde, das betroffene Kind allein im Kinderzimmer essen zu lassen und zu isolieren: „Das ist für Erwachsene geschrieben“, erklärt die Grüne und fordert Verbesserungen.

Es gebe in der Regierung „keine Zusammenarbeit“ rügt Baerbock zudem. Wirtschafts- und Finanzministerium etwa hätten sich bei Auszahlung der Corona-Hilfen nicht gut abgestimmt. In der Folge seien etwa Kulturschaffende „im Regen stehen gelassen worden“. Auch das Klatschen für Pflegekräfte genüge in der Corona-Krise nicht. Es müsse in gute Krankenhäuser investiert werden - sonst werde die Problematik auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen.

Update 20.28 Uhr: Sie habe am heutigen Tage zum ersten Mal „Sicherheit“ - gemeint sind wohl Sicherheitskräfte - gestellt bekommen, berichtet Annalena Baerbock. Ihr sei aber weiter die „Rückkopplung“ aus dem Alltagsleben wichtig.

Update 20.22 Uhr: Die nächste provokant formulierte Frage: „Geht Ihnen der Arsch auf Grundeis?“, fragt Bauerfeind. Baerbock lacht erstmal erstaunt. „Natürlich habe ich wahnsinnigen Respekt und auch Demut vor dieser Aufgabe. Aber ich trete nicht allein an, sondern mit meiner Partei“, erklärt sie. Regierungserfahrung habe sie nicht, räumt Baerbock ein. Das sei aber auch „ihr Angebot“: Es gehe darum, Dinge anders zu machen.

Auch Winfried Kretschmann (Grüne), Ministerpräsident von Baden-Württemberg, verteidigte laut 24hamburg.de* Baerbocks fehlende Regierungserfahrung: „So etwas fällt nicht ins Gewicht“.

Grüne im „Kanzler:innen-Amt“? Baerbock macht in ProSieben-Interview Seitenhieb auf die Union

Update 20.20 Uhr: Das Grundgesetz sehe vor, dass es eine Person im „Kanzler:innen-Amt“ gibt, erklärt Baerbock die erstmalige Entscheidung der Grünen für eine Kanzlerkandidatin. „Man kann Wahlkampf niemals alleine machen“, versichert sie aber mit Blick auf ihren Kollegen in der Parteispitze, Robert Habeck. „Ich glaube nicht, dass ich die bessere bin, es geht auch nicht um besser oder schlechter“, erklärt sie auf Nachfrage. Es gehe „um das beste Angebot in dieser Zeit“. Aus der Partei habe es das Signal gegeben, dass beide Kandidaten es könnten - „bitte macht es so, dass wir uns nicht zerlegen“, sei die Forderung gewesen, berichtet Baerbock, wohl auch in einem Seitenhieb auf die Lage in der Union.

Update 20.17 Uhr: Die flapsige Begrüßung der ProSieben-Moderatoren lässt Annalena Baerbock links liegen: „Für die Grünen wird ‚Tschernobyl‘ verschoben, das ist doch schon mal was, oder?“, scherzt Katrin Bauerfeind mit Blick auf die eigentlich geplante Ausstrahlung der TV-Serie „Tschernobyl“. Es sei natürlich ein aufregender Tag gewesen, erwidert die Grünen-Kanzlerkandidatin eher kühl.

Update 20.06 Uhr: In wenigen Minuten wird Annalena Baerbock ihren ersten TV-Auftritt als Kanzlerkandidatin der Grünen absolvieren - nicht etwa bei ARD oder ZDF, sondern im Privatsender ProSieben. Die wichtigsten Aussagen des Gesprächs mit den Moderatoren Katrin Bauerfeind und Thilo Mischke fassen wir in diesem Ticker für Sie zusammen.

Grüne wollen Baerbock zur Kanzlerin machen - Bewährungsprobe im Privat-TV im Ticker

Hintergrund vom 19. April: Berlin - Der Kampf um die Unions-Kanzlerkandidatur zwischen Armin Laschet (CDU) und Markus Söder (CSU) wird weiter mit voller Lautstärke ausgetragen. Dass es anders geht, haben die Grünen am Montag vorgemacht. Natürlich sind die Bedingungen nicht zu 100 Prozent vergleichbar - doch im Unterschied zur Union ist bei den Grünen geräuschlos entschieden worden: Annalena Baerbock ist die grüne Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl 2021. Zeitplan eingehalten. Keine offenen Streitereien. Im Juni soll ein Parteitag ihre Nominierung bestätigen.

Damit ist eine Premiere geglückt - denn nie zuvor stellte die Partei einen Kanzlerkandidaten. Doch da die Umfragen derzeit die Grünen klar auf Platz zwei sehen, ist dieser Schritt nur logisch. Am Ende machte Robert Habeck den Weg für seine Co-Vorsitzende frei. Sie wird nun stärker im Rampenlicht stehen, mit Habeck im Spitzenduo weiter an ihrer Seite.

Um 20.15 Uhr strahlt ProSieben ein Interview mit der Kanzlerkandidatin aus. Katrin Bauerfeind und Thilo Mischke werden das Interview führen. Wichtige Statement können Sie dann in diesem Ticker nachlesen.

Baerbock als Grüne-Kanzlerkandidatin am Abend bei ProSieben - hinter verschlossenen Türen um Lösung gerungen

Ganz einfach dürfte den beiden die Entscheidung letztendlich nicht gefallen sein: „Wir beide wollten es, aber am Ende kann es nur eine machen“, räumte Habeck ein, kurz bevor er die Entscheidung am Montagvormittag verkündete. „Wir haben in den letzten Tagen und Wochen in vertraulichen, vertrauten, intensiven, offenen, manchmal auch schwierigen Gesprächen miteinander um die beste Lösung gerungen.“ Baerbock sagte dazu: „Das ist emotional für beide gewesen.“

Die Grünen* predigen nun einen neuen Politikstil. „Ich wollte immer, dass Macht so interpretiert wird, dass Führung so gelebt wird, dass man aneinander wächst und sich nicht gegenseitig die Beine wegtritt“, sagte Habeck. Darin gründe auch der Erfolg seiner Partei. Baerbock lobte er als „kämpferische, fokussierte, willensstarke Frau, die genau weiß, was sie will und die die grüne Programmatik in diesem Wahlkampf mit Leidenschaft vertreten wird“.

Habeck, der in einem Interview auch vom „schmerzhaftesten Tag seiner Laufbahn“ berichtet, versprach: „Ich selbst werde mich mit allem, was ich kann, mit voller Kraft, in diesen Wahlkampf werfen.“ Dabei war die Partei in der Vergangenheit wahrlich kein Harmoniegarant: Kompetenzgerangel, Flügelkämpfe, viel Diskussionen - so sind die Grünen von früher bekannt.

Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock soll ihre Partei als Kanzlerkandidatin in die Bundestagswahl führen.
Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock soll ihre Partei als Kanzlerkandidatin in die Bundestagswahl führen. © Kay Nietfeld/dpa

Annalena Baerbock soll die Grünen im Kanzleramt vertreten - Umfragen sehen weiter gut für sie aus

Doch die neue Geschlossenheit zahlt sich offenbar aus: Derzeit bewegen sich die Grünen in Umfragen um die 20 Prozent. Falls die Unterstützung bis zum Bundestagswahl 2021* am 26. September halten sollte, könnten die Grünen ihr bislang bestes Ergebnis von 10,7 Prozent bei einer Bundestagswahl aus dem Jahr 2009 mehr als verdoppeln. So könnte die Öko-Partei zur ernsthaften Gefahr für CDU/CSU werden. „Die Union ist in Reichweite“, sagte Habeck. Denn das Thema Klimaschutz treibt die Menschen um, von der Corona-Politik der Regierung und den Affären der Union sind viele ernüchtert. Und selbst CSU-Chef Söder erwartet: „Es wird genau um den Platz eins gehen zwischen Schwarz und Grün, Grün und Schwarz.“ (dpa/cibo) *Merkur.de und 24hamburg.de sind ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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