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Impfpflicht-Abrechnung: Virologe Stöhr nimmt Ampel-Entwurf in fünf Punkten auseinander

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Von: Franziska Konrad

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Der Bonner Virologe Klaus Stöhr im Interview mit dem Fernsehsender Welt.
Der Bonner Virologe Klaus Stöhr im Interview mit dem Fernsehsender Welt. © Screenshot: Welt

Kommt in Deutschland bald die Impfpflicht? Derzeit ist das noch ungewiss. Einen ersten Entwurf mit Eckpunkten dazu hat Virologe Klaus Stöhr nun auf Twitter auseinandergenommen.

Berlin - In Österreich gilt seit dem heutigen Sonntag, 6. Februar, eine allgemeine Impfpflicht. Ob dieses Szenario in ferner Zukunft auch auf Deutschland zukommt, ist derzeit noch ungewiss. Allerdings hat eine Gruppe von Abgeordneten der Ampelkoalition bereits ein Konzept für eine allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren* vorgelegt. Diesen Entwurf greift Virologe Klaus Stöhr in einem Tweet in fünf Punkten scharf an - und nimmt das Dokument dabei Schritt für Schritt auseinander.

Impfpflicht in Deutschland: Stöhr kritisiert Eckpunkt-Papier

Punkt 1 - Infektionszahlen und Überlastung im Gesundheitswesen: „Welche Probleme sehe ich in dem Eckpunktepapier: A. Zielstellung unscharf: Infektionszahlen sind nicht relevant. Es ist die Krankheitslast“, twittert der Virologe. Und weiter: „Überlastung des Gesundheitswesen: gibt es hier nicht Stellungnahmen, dass eine Überlastung nie flächendeckend/generell aufgetreten ist?“ Zum Vergleich: In besagtem Eckpunkt-Papier steht als erster Punkt der Zielsetzung, besagte Impfpflicht solle „die Gesellschaft (...) und das Gesundheitswesen (...) vor erneuter Überbelastung durch hohe Infektionszahlen schützen“.

Ein Blick auf die Krankenhäuser und Kliniken in Deutschland zeigt derzeit allerdings: Zwar steigen durch Omikron die Infektionszahlen in ganz Deutschland rasant, die Lage in den Krankenhäusern ist vergleichsweise entspannter als bei der Delta-Variante. Der Münchner Chefarzt Clemens Wendtner warnt* allerdings davor, dass über kurz oder lang auch die Normalstationen an ihr Limit gelangen könnten.

Stöhr kritisiert Eckpunkt zur Corona-Impfpflicht - Ihm fehlen Details

Punkt 2 - Grundimmunität: „Wie hoch (in Zahlen!) soll ‚hohe Grundimmunität‘ sein? Würden nicht #OmicronVariant Infekt. diese erreichen?“, so Stöhr. „Wenn ‚vor nächsten Winter‘ dann sollte letzte Impfung erst ca. im Okt/Nov erfolgen, sonst ist Immunschutz (falls ohne natürliche Immunisierung) wieder gesunken“, kritisiert er weiter. Das Eckpunkte-Papier argumentiert unter anderem mit der Aussage, „rechtzeitig vor dem nächsten Winter hohe Grundimmunität aufzubauen, um auf die nächste (...) Corona-Welle vorbereitet zu sein“, drei Impfungen pro Person sind darin vorgesehen. Konkrete Zahlen und Fakten zur Grundimmunität und zum Zeitpunkt der Impfungen werden hierin allerdings noch nicht thematisiert.

Punkt 3 -Zeitlicher Rahmen: „Zeitliche Komponente: Impfpflicht würde wegen regulativem/logistischen Aufwand wenig/keine Wirkung in diesem Winter haben. Im Sommer wird Infektionsdruck ins bodenlose fallen. Ob Impfung im nächsten Winter (und für wen) notwendig, sollten repräsent. Studien im Sommer zeigen“, lautet ein weiterer Kritikpunkt von Stöhr. In besagtem Entwurf ist die Impfpflicht nämlich auf den 31.12.2023 befristet. Fakt ist jedoch: In den beiden vergangenen Corona-Sommern gingen die Infektionszahlen beides mal deutlich zurück.

Impfpflicht in Deutschland: Stöhr kritisiert - „Wird alternativlos dargestellt“

Punkt 4 - Alternativen: Vierter Punkt der Stöhr-Kritik: „Die Impfpflicht wird alternativlos dargestellt: ohne Darstellung der klaren Vorteile gegen über Alternativen, bleiben Vorteile/Nachteile unklar“, twittert der Virologe. Diese sucht man im besagtem Dokument tatsächlich vergeblich.

Punkt 5 - Impfdurchbrüche: „Es sollte klar gemacht werden, dass auch mit einer potentiell 100% Impfung in der erwachs. Bevölkerung nur ca. max. 50% der gegenwärtigen Belegung in den Hospitälern und Intensivstationen vermieden werden können: es wird weiterhin Impfdurchbrüche/Druck auf ITS geben“, lautet der letzte Punkt von Stöhrs Twitter-Post. Woher der Virologe diese Informationen - gerade zu den Krankenhausbelegungen - bezieht, lässt er allerdings unbeantwortet. Dass es trotz mehrfacher Impfung zu Durchbrüchen kommen kann, zeigen bekanntlich die Corona*-Erfahrungen der letzten Wochen und Monate.

Eckdaten-Papier hin oder her. Fest steht jedoch: Ob in Deutschland überhaupt die Impfpflicht eingeführt wird, steht derzeit noch in den Sternen. Darüber wird voraussichtlich erst im März im Bundestag abgestimmt.

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