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Mannheim: Mann stirbt nach Polizeieinsatz – Hunderte demonstrieren gegen Polizeigewalt

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Von: Isabel Wetzel, Alina Schröder

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Der Tod eines Mannes nach einem Einsatz in Mannheim entfacht eine heftige Debatte über Polizeigewalt. Hunderte gehen auf die Straße.

Update vom Sonntag, 08. Mai, 09.38 Uhr: Rund 900 Menschen haben am Samstagabend (07. Mai) in der Innenstadt von Mannheim gegen Polizeigewalt demonstriert. Sie zogen wegen eines Todesfalls nach einer Polizeikontrolle zu Beginn dieser Woche durch die Stadt. Auf Plakaten oder Bannern hieß es etwa „No Justice No Peace“ oder „Trauer-Wut-Widerstand. Wer schützt uns vor der Polizei?“

Im Verlauf des Demozuges seien bengalische Fackeln und Rauchfackeln abgebrannt sowie Böller gezündet worden, teilte die Polizei mit. Das Stadthaus, das Landgericht, das Polizeirevier in der Innenstadt sowie weitere Gebäude seien durch Farbbeutel- und Flaschenwürfe sowie Sprühfarbe beschädigt worden. Angriffe auf Polizisten habe es nicht gegeben, auch keine Verletzten, wie ein Sprecher sagte.

Bei einer Polizeikontrolle in der Mannheimer Innenstadt war am Montag war ein 47-jähriger Patient des Zentralinstituts für seelische Gesundheit zusammengebrochen und zunächst wiederbelebt worden. Später starb er im Krankenhaus. Die Ermittlungen werden nach Angaben der Behörden noch einige Wochen in Anspruch nehmen.

Mannheim: Mann stirbt nach Polizeieinsatz – Beamte verteidigen sich

Update vom Donnerstag, 5. Mai, 10.21 Uhr: Obwohl die Bodycams bei der Polizeikontrolle in Mannheim, bei der ein Mann ums Leben kam, nicht aktiviert waren, rechnet die Gewerkschaft der Polizei (GdP) mit baldigen Antworten zu den Vorkommnissen bei dem Einsatz. „Ich gehe davon aus, dass die Hintergründe und Umstände dieses Geschehens restlos aufgeklärt werden“, sagte der baden-württembergische Landesvorsitzende Gundram Lottmann. Schließlich gebe es viele Zeugen und auch Videos, weshalb er glaube, „dass der Einsatz deshalb auch ohne die Kameras rekonstruiert werden kann.“

In der Mannheimer Innenstadt war der 47-jährige Mann bei einer Polizeikontrolle zusammengebrochen und anschließend wiederbelebt worden. Später verstarb er im Krankenhaus. Die Obduktionsergebnisse sollen in sechs bis acht Wochen vorliegen. Die Ermittler stehen aufgrund der ungeklärten Fragen zu dem Tod derzeit unter öffentlichem Druck. Zudem sehen sie sich scharfer Kritik und einer Debatte über Polizeigewalt ausgesetzt. „Wir ermitteln gründlich, aber das erfordert Zeit“, sagte Romeo Schüssler, der zuständige Staatsanwalt. „Niemand muss uns dazu auffordern, herauszufinden, was passiert ist.“

Der Tod eines Mannes nach einem Einsatz in Mannheim entfacht eine Debatte über Polizeigewalt. Die Polizei verspricht eine lückenlose Aufklärung.
Der Tod eines Mannes nach einem Einsatz in Mannheim entfacht eine Debatte über Polizeigewalt. Die Polizei verspricht eine lückenlose Aufklärung. © Boris Roessler/dpa

Mannheim: Mann stirbt nach Polizeieinsatz ‒ Beamte aus Dienst suspendiert

Gegen die beiden beteiligten Polizisten wird wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt mit Todesfolge ermittelt. Laut Angaben des Mannheimer Polizeipräsidenten Siegfried Kollmar sind sie bereits vom Dienst suspendiert. Dem Landeskriminalamt zufolge wurden Spuren stumpfer Gewalt an der Leiche des Mannes festgestellt. Diese seien aber „von geringer Intensität gewesen“, so Kollmar Dennoch sei weiterhin unklar, ob der 47-Jährige eines gewaltsamen oder eines natürlichen Todes gestorben sei. Der Mann habe auch eine Herzinsuffizienz gehabt.

Wären die Bodycams der Beamten bei dem Einsatz angestellt gewesen, hätten die Aufnahmen den Vorfall laut dem Präsidenten des Landeskriminalamtes, Andreas Stenger, erklären können: „Hilfreich wäre es gewesen, wenn sie durchgängig gelaufen wären.“ Aus seiner Sicht wäre es laut Dienstanweisung „angezeigt gewesen“, die Kamera einzuschalten. Warum dies nicht erfolgt sei, sei Gegenstand der Ermittlungen.

Mann stirbt nach Polizeieinsatz in Mannheim: LKA-Sprecher äußert sich zu Videos

Erstmeldung vom Mittwoch, 04. Mai, 13.00 Uhr: Mannheim – Nach einem Polizeieinsatz in der Innenstadt von Mannheim ist am Montag (02. Mai) ein Mann gestorben. Wie Polizei und Staatsanwaltschaft mitteilten, habe ein Arzt die Beamtinnen und Beamten gerufen, weil der 47 Jahre alte Patient des Zentralinstituts für seelische Gesundheit Mannheim (ZI) Hilfe benötigte. Gegen Mittag traf die Polizei den Mann in der Nähe des Mannheimer Marktplatzes an und überprüfte ihn. Dagegen habe sich der 47-Jährige zur Wehr gesetzt und sei daraufhin von den Polizeikräften überwältigt worden. Er sei dabei kollabiert und habe wiederbelebt werden müssen. Wenig später starb er im Krankenhaus.

Das Landeskriminalamt (LKA) Baden-Württemberg hat die Ermittlungen übernommen und ein Sprecher betonte am Dienstag (03. Mai), der gesamte Ablauf des Geschehens solle sorgfältig rekonstruiert werden. Die Leiche des Mannes wurde dafür bereits am Mittwoch (04. Mai) in der Rechtsmedizin Heidelberg obduziert – Ergebnisse werde es so schnell aber nicht geben, sagte ein Sprecher der Mannheimer Staatsanwaltschaft, ein Obduktionsbericht könne Wochen dauern. Möglicherweise gebe es aber Ende der Woche erste Erkenntnisse.

Mann stirbt nach Polizeieinsatz in Mannheim: Zahlreiche Hinweise und Videos eingegangen

Bisher haben sich beim LKA in Stuttgart rund 30 Zeuginnen und Zeugen gemeldet. Außerdem seien rund 70 Videos zur Verfügung gestellt worden – inwieweit es sich dabei um Dopplungen handelte, ist nach Worten eines LKA-Sprechers noch unklar. Die Vernehmungen sowie die Auswertung der Videos werden einige Zeit dauern, zumal man noch mit weiteren Hinweisen rechne.

Die Spurensicherung untersucht den Tatort in der Mannheimer Innenstadt, an dem ein 47-Jähriger bei einer Polizeikontrolle zusammengebrochen war. Der Mann starb wenig später im Krankenhaus.
Die Spurensicherung untersucht den Tatort in der Mannheimer Innenstadt, an dem ein 47-Jähriger bei einer Polizeikontrolle zusammengebrochen war. Der Mann starb wenig später im Krankenhaus. © René Priebe/dpa

Die Videos spielen in dem Fall eine besondere Rolle, da direkt nach dem Polizeieinsatz im Netz mehrere Videos aufgetaucht waren, die das Geschehen zeigen sollen. Darauf ist zu sehen, wie ein Polizist mehrfach auf den Kopf eines am Boden liegenden Mannes einschlägt. Ob die Sequenz echt ist und die besagte Kontrolle in Mannheim zeigt, ist bislang nicht bestätigt.

Tod nach Polizeieinsatz in Mannheim: Gewerkschaft verurteilt Hass und Hetze

Nach Vorwürfen rassistisch motivierter Gewalt hatte das LKA bereits am Montagabend betont, dass der Verstorbene kein türkischer Staatsbürger sei. Solche Spekulationen habe es zuvor gegeben. Laut Staatsanwaltschaft handelt es sich bei dem Todesopfer allerdings um einen Deutschen. In der Folge demonstrierten bereits am Dienstag hunderte Menschen gegen Polizeigewalt und Rassismus – unter anderem in Mannheim, Heidelberg und Frankfurt. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) verurteilte stattdessen die Hetz- und Hassbotschaften in den Sozialen Medien und wies darauf hin, dass die Hintergründe des Vorfalls weiterhin völlig unklar seien.

Derzeit ist weder die Todesursache bekannt, noch liegen konkrete Ermittlungsergebnisse vor. Die GdP fordert daher mit Nachdruck dazu auf, von eventuellen Vorverurteilungen und Diffamierungen abzusehen.

Gundram Lottmann, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei Baden-Württemberg (GdP)

Mann stirbt in Mannheim: Ermittlungen gegen zwei Einsatzkräfte der Polizei eingeleitet

Gegen die beiden beteiligten Polizeikräfte wurde ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt mit Todesfolge eingeleitet, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Vom Dienst suspendiert sind sie nach Kenntnis des LKA-Sprechers nicht. Disziplinarrechtliche Maßnahmen seien in einem so frühen Stadium unüblich. (iwe/dpa)

Vor etwa einem Jahr hatte ein Video von einem Polizeieinsatz in Göttingen für Aufsehen gesorgt. Das Video, das auf Twitter die Runde machte, hat eine Debatte um Polizeigewalt in Deutschland entfacht. Darauf war zu sehen, wie ein Mann von vier Polizeikräften am Boden gehalten und immer wieder geschlagen wurde. (Isabel Wetzel, Alina Schröder mit dpa)

Zeuginnen und Zeugen, Hinweise, Beweismaterial

Die Ermittlungen des Landeskriminalamtes (LKA) Baden-Württemberg in dem Fall dauern an. Hinweise nehmen die Ermittlerinnen und Ermittler unter der Telefonnummer 0800/503 503 533 entgegen.

Videos können über das Hinweisportal der Polizei Baden-Württemberg übermittelt werden.

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