Corona-Studie: Zahl der Covid-Toten möglicherweise viel höher

Knapp sechs Millionen Corona-Tote weltweit registrierten offizielle Statistiken im Verlauf der Pandemie. Laut aktueller Studien ist die Dunkelziffer sehr viel höher.
Frankfurt – Die Corona-Pandemie* hat über die letzten zwei Jahre zahlreiche Todesopfer gefordert – einer aktuellen Studie zufolge sogar mehr als zunächst angenommen. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die vollen Auswirkungen der Pandemie viel größer waren, als es die offiziellen Statistiken vermuten lassen“, schreibt das internationale Forscherteam um Haidong Wang vom Institute for Health Metrics and Evaluation in den USA im Fachmagazin The Lancet.
Zwischen Januar 2020 und Dezember 2021 sind 18,2 Millionen Menschen mehr gestorben als in Nicht-Pandemiejahren erwartet worden wäre. Davon sind offiziell nur 5,9 Millionen als Corona-Tote verzeichnet. Das Forscherteam geht davon aus, dass mehr Menschen als die verzeichneten Corona-Toten durch das Virus starben. Den Modellierungen zufolge starben weltweit 120 von 100.000 Menschen infolge von Corona. In 21 Ländern lag diese Übersterblichkeitsrate bei über 300.
Corona-Tote weltweit: Trauriger Spitzenreiter ist Lateinamerika
Die höchsten Raten fanden die Wissenschaftler in den Anden-Staaten in Lateinamerika (512 Todesfälle pro 100.000 Einwohner), in Ost (345)- und Zentraleuropa (316) sowie Subsahara-Afrika (309). In einigen Ländern wie Island oder Australien waren den Schätzungen zufolge hingegen in den Pandemiejahren sogar weniger Menschen gestorben, als statistisch zu erwarten gewesen wären.
Viele Corona-Tote wegen fehlende Diagnosen und mangelnder Tests nicht gemeldet
In Deutschland war die Übersterblichkeitsrate laut dem Statistischen Bundesamt vor allem an den Jahresenden 2020 und 2021 besonders hoch. Im Dezember 2020 starben 32 Prozent mehr und im November und Dezember des Folgejahres 22 und 24 Prozent mehr Menschen als im Mittel der vier Vorjahre. Auch hier erklären die gemeldeten Corona-Toten die Übersterblichkeit nur zum Teil. Das Statistische Bundesamt vermutet als einen der Gründe ebenfalls unerkannte COVID-19-Todesfälle. Wenn es um Todesfälle im Zusammenhang mit dem Coronavirus geht, kommt es immer wieder zur Frage, ob Menschen „mit“ oder „an“ einer Corona-Infektion gestorben sind. Eine Studie hat dies genauer untersucht.
Für den großen Unterschied zwischen der registrierten und der tatsächlichen Zahl an Todesfällen könnte es mehrere Gründe geben. Vermutete Ursachen sind fehlende Diagnosen, mangelnde Tests und Probleme beim Melden der Zahlen. Wie viele Menschen genau unmittelbar an der Corona-Infektion und wie viele an indirekten Folgen der Pandemie gestorben sind, könne nicht mit Sicherheit gesagt werden: „Studien aus mehreren Ländern, darunter Schweden und die Niederlande, deuten darauf hin, dass Covid-19 die unmittelbare Ursache für die meisten überzähligen Todesfälle war, aber wir haben derzeit nicht genügend Beweise für die meisten Regionen“, sagt Studienleiter Wang.
Die Übersterblichkeit errechneten die Wissenschaftler wie folgt: Zunächst stellten sie wöchentliche oder monatliche Angaben zur Zahl der Todesfälle von insgesamt 74 Ländern und 266 Staaten oder Provinzen - wie etwa den deutschen Bundesländern - aus den Pandemie-Jahren 2020 und 2021 sowie aus bis zu elf Jahren davor zusammen. Dann errechneten sie die Differenz zwischen der Zahl tatsächlicher und statistisch erwarteter Todesfälle, was schließlich die Übersterblichkeit ergibt. Statistische Modelle helfen ihnen dabei, die Übersterblichkeit für Länder, aus denen keine Angaben zur Zahl der Todesfälle vorliegen, zu errechnen. (Monja Stolz mit dpa) *hna.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.