Weder Trend noch Phase

Rassismus ist allgegenwärtig und tief verwurzelt - und doch kann jeder Mensch dazu beitragen, die Gesellschaft toleranter zu gestalten. Das sagt die Autorin und Antirassismustrainerin Tupoka Ogette. Ihr 2017 veröffentlichtes Buch »exit Racism. Rassismuskritisch denken lernen« wurde ein Bestseller - parallel wuchs in Teilen unserer Gesellschaft mit Bewegungen wie »Black Lives Matter« das Bewusstsein für Diskriminierung.
Doch es gibt noch viel zu tun, wie Ogette in ihrem neuen Buch »Und jetzt du. Rassismuskritisch leben« zeigt. Sie hat deswegen eine Art Anleitung zu einem Leben geschrieben, in dem wir uns Rassismus stärker entgegensetzen.
»Jede einzelne Person kann in ihrem Wirkungskreis Rassismus erkennen lernen, benennen lernen und dann auch dekonstruieren lernen«, sagt die 42-jährige Autorin im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. »Und genau dafür, für diese Begleitung, ist ›Und jetzt du.‹ geschrieben.«
Auf mehr als 300 Seiten gibt Ogette konkrete Impulse, wie sich rassismuskritisches Verhalten alltagsnah im eigenen Leben umsetzen lässt. Das Buch beleuchtet zwischenmenschliche Beziehungen und wirft einen Blick auf Rassismus in Freundschaften, der Liebe, der Familie und unter Kindern. Dabei setzt sich die Autorin auch mit Rassismus in Institutionen wie etwa dem Kindergarten, der Schule, aber auch in Medien, dem Theater und der Musik auseinander. Die bewusste Entscheidung, ein rassismuskritisches Leben leben zu wollen, bedeutet Ogette zufolge, lange verfestigte Gesellschafts- und Machtstrukturen kritisch infrage zu stellen. Denn über allem stehe ein System, das weiße Menschen privilegiert und schwarze Menschen negativ betrifft.
Das Buch regt zur Auseinandersetzung mit eigenen Denk- und Sprachmustern an. Dabei stellt »Und jetzt du.« kein striktes Regelwerk dar, an das es sich zu halten gilt. Vielmehr mischt es Alltagsanekdoten einer schwarzen Mutter mit gesellschaftskritischen Analysen - geschrieben von einer Frau, die seit ihrer frühsten Kindheit in der DDR von Rassismus betroffen ist.
Ogette, 1980 in Leipzig als Tochter eines tansanischen Landwirtschaftsstudenten und einer deutschen Mathematikstudentin geboren, wanderte mit ihrer Mutter kurz vor dem Fall der Mauer nach Westberlin aus. Später studierte sie unter anderem Afrikanistik und Deutsch als Fremdsprache. Gemeinsam mit ihrem Team hält Ogette Vorträge und leitet Workshops in Unternehmen, die sich auf einen rassismuskritischen Weg begeben wollen. 2021 wurde sie bei den »About you«-Awards zum »Idol of the Year« gewählt.
Rassismuskritik sei weder ein Trend noch eine Phase, sagt Ogette. Vielmehr seien es verschiedene Bewegungen, die nicht erst seit dem Mord an George Floyd im Jahr 2020 immer weiter in die Öffentlichkeit rückten. »Ich würde auf jeden Fall sagen, auch in Deutschland gibt es schon seit längerer Zeit Bewegungen und in diesen Bewegungen gibt es natürlich einen Diskurs.« Schön sei, »dass dieser Diskurs immer mainstreamfähiger wird. Und das ist ja das Ziel, dass möglichst viele Menschen an diesem Diskurs teilhaben.«
Ein großer Punkt sei vor allem die Unsicherheit vieler Weißer beim Thema Rassismus. »Es wäre schön, wenn wir als Gesellschaft verstehen, dass diese Unsicherheit irgendwie dazugehört, dass jeder große gesellschaftliche Wandel mit Unsicherheiten einhergeht«, sagt Ogette. dpa
Tupoka Ogette: Und jetzt du. Rassismuskritisch leben, Penguin Verlag, München, 336 Seiten, 22 Euro, ISBN 978-3-328-60218-7