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Plädoyer für Grundeinkommen

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Oft findet sich immer noch der Glaube, dass sich Befürworter des Grundeinkommens nur im linken politischen Spektrum finden. Thomas Straubhaar, der Autor des Buches »Grundeinkommen jetzt!«, gilt hingegen als Neoliberaler. Er teilt, abseits des Grundeinkommens, hauptsächlich Einstellungen der FDP, die das Grundeinkommen als »leistungsfeindlich, teuer und ungerecht« bezeichnet.

Dies macht sein Buch auch für Menschen lesenswert, die schon diverse Argumente für und gegen das Grundeinkommen gehört haben.

So sieht Staubhaar das Grundeinkommen als Mittel gegen einen bevormundenden Staat oder allwissende Versicherungen. Straubhaar wertet die Marktwirtschaft als bestes Wirtschaftssystem und möchte sie durch das Grundeinkommen »von allen sozialpolitischen Eingriffen« befreien.

Was erst einmal wie ein Widerspruch klingt, wird im Laufe des Buches, auch durch anschauliche Beispiele, erklärt. Dabei werden auch gesellschaftliche und wirtschaftliche Ideale, wie das Ziel möglichst nah an die Vollbeschäftigung zu kommen und Arbeitslosigkeit als »das Ergebnis eines Scheiterns« zu sehen, infrage gestellt.

Seine Grundidee folgt den bekannten Prinzipien des Grundeinkommens: Jeder bekommt, unabhängig von Alter und Einkommen, einen festen Betrag pro Monat durch den Staat überwiesen. Dieser kann, anders als das heutige Hartz IV, nicht gekürzt werden, wenn sich eine Person nicht bemüht, einen Job zu finden. Die einzige Voraussetzung für den Erhalt ist die Staatsangehörigkeit.

In dem Buch werden nicht nur Argumente für das Grundeinkommen genannt, sondern auch die häufigsten Argumente der Gegner entkräftet. So wird zum Beispiel erklärt, wieso ein Grundeinkommen in Höhe von 1000 Euro finanzierbar ist und wie der Übergang von unserem heutigen Sozialsystem in das Grundeinkommen gelingen kann.

Einen interessanten Einblick in die Psychologie zeigt eine Umfrage zum Anteil der Menschen, die wegen eines Grundeinkommens ihren Job aufgeben würden. Hier liegen Selbsteinschätzung der Befragten und Umfrageergebnis weit auseinander.

Ein anderes Argument gegen das Grundeinkommen ist, dass es als zu extrem und zu große Veränderung empfunden wird. Dagegen resümiert Straubhaar: »Normalität gab es schon lange vor der Corona-Pandemie immer weniger« und »nach den dystopischen Erfahrungen der Pandemie(-bekämpfung) ist die Realisierung einer Utopie dringlicher als jemals«. Wie auch immer man das Grundeinkommen sieht, gegen ein bisschen Utopie hätte wohl niemand etwas einzuwenden. Leonie Lamoth

Thomas Straubhaar: Grundeinkommen jetzt!, NZZ Libro, 270 Seiten, 23 Euro, ISBN 978-3-907291-52-8

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