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Leidenschaftlich bunt

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Szene aus "Star Dust" - einer Hommage an David Bowie, die nächste Woche in Frankfurt gastiert. fotos: Sharen Bradford © fnp

Das Complexions Contemporary Ballet feiert in der Alten Oper Bach und Bowie

Frankfurt. -Bach und Bowie an einem Abend - geplant war das ursprünglich nicht, sagt Dwight Rhoden. "Beide Stücke sind unabhängig voneinander entstanden." Doch irgendwann haben der amerikanische Choreograf und Gründer des Complexions Contemporary Ballet und sein Kollege Desmond Richardson die Werke zusammengefügt und festgestellt, dass sie sich ergänzen. "Zusammen ist das ein großartiges Duo", sagt Rhoden.

"Bach 25", kreiert zum 25. Geburtstag des New Yorker Ensembles 2019 auf Rhodens liebste klassische Musik, sei sehr pur und körperlich, "Star Dust", eine Hommage an den 2016 verstorbenen David Bowie, farbig und theatralisch. Dieser Kontrast soll für Spannung sorgen, ganz im Sinne dessen, wofür die Truppe, die vom 12. bis 16. Juli mit dem Doppelprogramm in der Alten Oper Frankfurt gastiert, auch im Allgemeinen steht.

Eigentlich war sie nur ein Projekt gewesen, das Rhoden und Richardson, der später auch eine Weile beim Ballett Frankfurt unter William Forsythe engagiert sein sollte, nach ihrer gemeinsamen Zeit als Solisten beim Alvin Ailey American Dance Theater initiierten. Sie wollten Tänzerinnen und Tänzer aus unterschiedlichsten Kulturen und mit verschiedenstem Background zusammenbringen, damit diese sich gegenseitig inspirierten.

Es war eine Zeit, "in der die Grenzen zwischen den Stilen, zwischen klassischem und modernem Tanz, Broadway oder Hip-Hop sehr klar waren", sagt Rhoden. Doch wie sich das vermischte, wie die Bewegungskünstler voneinander lernten und einander beeinflussten, war "so schön anzusehen", dass daraus mehr als ein einmaliges Erlebnis werden sollte.

Bis heute steht das Complexions Contemporary Ballet für Diversität. Traditionelle Normen gelten hier nicht, unter den Tänzern finden sich auch ganz unterschiedliche Körpertypen. Jillian Davis etwa hatte mit ihrer Größe von fast 1,90 Metern wenige Chancen, woanders Engagements zu bekommen. Seit 2014 genießt die Tänzerin genügend Gelegenheiten, auf der Bühne ihre Stärken auszuspielen. Rhoden und Richardson haben in ihr offenbar das entdeckt, was sie sich bei jedem ihrer Ensemblemitglieder erhoffen.

"Uns reicht es nicht, wenn jemand ein großartiger Tänzer ist, der in der Lage ist, unglaubliche physische Sachen zu machen", sagt Rhoden. Eine strenge klassische Grundlage, eine sehr gute Technik, das seien Voraussetzungen, um überhaupt die geforderte Arbeit leisten zu können. "Aber wir wollen Tänzer, die interessant sind und etwas zu sagen haben." Die etwas sehr Individuelles an sich haben. "Man kann das nicht beschreiben", sagt Rhoden, "Man muss es sehen." Unter den "speziellen Qualitäten" müsse sich ganz oben zudem Leidenschaft befinden.

In den Anfängen sei die eigene Offenheit noch einzigartig gewesen. Bei Alvin Ailey, der seine Kompanie 1958 zusammengestellt hatte, waren es die ausschließlich schwarzen Tänzer, die den Unterschied ausmachten, Doch die beiden Neugründer wollten mehr. "Ich bin selbst eine sehr gemischtrassige Person", sagt Rhoden. Genau das mache ihn aber auch aus. Zudem sei der Ansatz sehr amerikanisch. Die USA seien ein Land der Immigranten, "wir feiern diese Diversität".

Die innovative Vielfalt auf der Bühne sei nicht nur schön anzusehen gewesen, "man sah auch die Botschaft" einer universell farbigen Welt. Doch nicht alle der Zuschauer hätten gleich etwas damit anzufangen gewusst. "Wir wurden vom Publikum immer sehr warm empfangen", sagt Rhoden. Die Leute hätten sich angesprochen gefühlt, weil jeder Einzelne für sich etwas in den Aufführungen gefunden habe. "Aber manchmal weiß man nicht, warum einem etwas gefällt. Es hat eine Weile gebraucht, bis die Leute verstanden haben, wer und was wir sind."

Rückblickend sieht Rhoden sich und seinen Partner zusammen mit den eigenen Künstlern als Pioniere, die in eine Richtung vorausgegangen seien, in die sich der Tanz bewegen sollte. Mittlerweile seien ihnen auf diesem Weg viele gefolgt. Als Problem für sich sehen sie das nicht, eher als etwas, das man wertschätzen sollte. "Es passt in die Zeit."

Ob sich bei so viel Unterschiedlichkeit überhaupt Harmonie in die Truppe bringen lässt? "Ja, man kann sie finden", betont Rhoden. "Und ich denke, das ist mein Job." Die Tänzer kämen von überall her; aus ihnen eine Einheit zu formen, "das ist es, was Complexion ist".

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Choreograf und Ensemblegründer Dwight Rhoden © feu

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