Immer an der Wand lang

Die Dresden Frankfurt Dance Company mit "In these Hands"
Frankfurt -Improvisation ist fundamental für "With These Hands", mit dem Jacopo Godani und die Dresden Frankfurt Dance Company gemeinsam mit dem Ensemble Modern und dem norwegischen elektronischen Musiker Jan Bang das F-LAB-Festival eröffneten. Uraufgeführt worden ist das Stück in Dresden. Inwieweit die Improvisation zum Tragen kommt, ließe sich erst nach dem Besuch mehrerer Vorstellungen ermessen. Der Programmzettel betont, dass sich der Dialog zwischen Musik und Tanz jeden Abend neu entwickle. Der grundlegende Ablauf aber steht dennoch fest.
Das Setting ist im Grunde das für ein Konzert: die fünf Mitglieder des Ensemble Modern - Saar Berger, Horn; Eva Böcker, Cello; Jagdish Mistry, Violine; der Trompeter Sava Soianov und Dietmar Wiesner an der Flöte sitzen in der gebräuchlichen Konzertaufstellung auf der Bühne, an der rechten Seite ist Jan Bang mit seinem Elektronikpult postiert. Dahinter tut sich die Spielfläche auf. Die Musik beginnt mit einer Reihe von "Tuttischlägen", es folgen gedämpfte, verhaltene Klänge. Erst allmählich und zunächst kaum merklich schleichen sich die elektronischen Sounds und elektroperkussiven Beats von Jan Bang ein, bis sie raumgreifender werden und sich schließlich mit den "natürlichen" Instrumenten auf gleicher Ebene bewegen. Die Texturen zeichnen sich durch eine immense Klangfantasie in der Reduktion aus.
Kehren wir noch einmal zum Anfang zurück. Zunächst kaum merklich, weil aus dem Off seitlich des Zuschauerraums kommend, tastet sich nur mit hautfarbener Unterhose bekleideter Mann mit einer Goldmaske und einem hoch aufragenden, gleichfalls goldenen Hut in einem kriechenden Tempo allmählich die ganze linke Seitenwand entlang.
Es kommen dann aus den verschiedensten Winkeln immer mehr und noch mehr dieser bizarr maskierten Wesen hervor. Die Formen der Kopfskulpturen, die Jacopo Godani ebenso wie den leeren, mehr als menschhoch weißen und darüber schwarzen Raum und das ausgeklügelte Lichtdesign selbst entworfen hat, ähneln zu einem Großteil denen von Tieren. Viele werden hereingeschoben, auf allem, was hinter der Bühne Rollen hat, vom Lastenwagen bis zum Bürosessel.
Das ist ein wenig geheimnisvoll und in gewisser Weise auch dunkelromantisch, allerdings stellt sich gerade in der ewigen Wiederholung das Gefühl ein, dass es hinter alledem gar kein Geheimnis gibt, keine wirkliche Tiefe. Alles ist "typisch Godani", im Sinne seiner seit langem schon verfolgten Leitidee einer Forschung an den Grundlagen des Lebens und an der Evolution entlang, die ihn auch schon zu einer Kooperation mit dem naturkundlichen Senckenberg-Museum getrieben hat. Ein hoher Faktor an Wiedererkennung mithin. Tanzsprachlich - nun ja, da fängt es an. Oder hört es auf. Das Wort passt allenfalls bedingt. Eher kommt einem der wenig charmante Begriff vom "Bewegungstheater" in den Sinn.
Die Musik ist fraglos interessanter. In gewisser Weise korrespondiert der Tanz perfekt mit ihr, er ist ähnlich minimalistisch. Was ja durchaus ein interessanter Ansatz sein könnte.
In der Wirklichkeit des Stückes indes kippt der Anfangsreiz bald. Denn noch eine Figur taucht auf und noch eine. Und noch eine. Das ist erschöpfend - zwar ein Spiel mit der Zeit, doch auch die inszenierte Langsamkeit braucht eine Spannung eigener Art - sonst wirkt sie gleichförmig, spröde und bleischwer.