1. Gießener Allgemeine
  2. Kultur

"Es braucht Spaß am Spott"

Erstellt: Aktualisiert:

Kommentare

feu_c1harald1_130722_4c_2
Harald Schmidt coacht jetzt Fußballstars in Stand-up-Comedy. © dpa

INTERVIEW Harald Schmidt über seine neue TV-Show "One Mic Stand"

München -In der TV-Show "One Mic Stand" des Streaming-Anbieter Amazon Prime geben Großmeister der Stand-up-Unterhaltung Prominenten Unterricht in ihrem Fach und begleiten sie bis zum ersten Auftritt vor Publikum. Harald Schmidt ist einer der Coaches. Am 15. Juli nimmt er sich der Fußballstars Mats Hummels und Christoph Kramer an.

Herr Schmidt, Amazon kündigt Ihr Mitwirken an der Show als Ihr großes Comeback auf der Bühne an. Würden Sie das auch unterschreiben? Feiern Sie hier Ihr Comeback?

Das habe ich zur Kenntnis genommen. Wenn ich irgendwo ein Müttergenesungswerk eröffne, heißt es: Comeback! In meiner Wahrnehmung kann ich aber gar kein Comeback machen, weil ich gar nicht weg war oder bin. Ich trete halt nur drei Mal im Jahr auf.

Vermissen Sie die Zeit, in der das anders war?

Nein. Schauen Sie, ich sitze hier gerade in Innsbruck, ich fahre jetzt gleich mit dem Zug nach Uderns ins Zillertal und trete dort heute Abend beim Steudltenn-Festival auf. So. Letzte Woche hatte ich Kostümprobe für die Volksoper Wien, wo ich im September Ludwig XV. spiele in der Operette "Die Dubarry". Da kann ich doch nur sagen: Womit habe ich dieses fantastische Berufsleben verdient? Die Sonne scheint, ich sitze im Straßencafé, und ich möchte jetzt auch nicht, dass irgendein 18-Jähriger ohne Berufsabschluss und mit Headset mir in einem Fernsehstudio sagt: "Wir brauchen Dich in einer halben Stunde in der Maske." Also bitte: Anfragen ab österreichisches Bundestheater aufwärts.

Ab und zu schippern Sie ja auch noch mit dem "Traumschiff" um die Welt.

Wenn die Reise stimmt. Ich bin natürlich kein Typ für Adria und Mittelmeer. Es muss auch ein Flughafen sein, wo ich bequem hinkomme. Wenn es ein Übernachtflug ist, will ich natürlich schlafend ankommen. Wie früher der Bischof von Limburg, der auf die Frage, warum er First Class fliege, antwortete: Ich will ausgeschlafen bei den Kindern im Elendsviertel ankommen. Da ist nur immer die Frage, wie lange das ZDF das mitmacht.

Haben Sie eine Ahnung?

Da ich mittlerweile einer der wenigen Mitwirkenden beim "Traumschiff" bin, die den Beruf in etwa mal gelernt habe, geht das vielleicht noch ein paar Jahre.

Das klingt ganz lustig, wenn Sie das so erzählen. Aber die Sache mit den Schauspielern auf dem "Traumschiff" ist die bittere Wahrheit.

Ja, ja. Kürzlich standen da irgendwelche Influencer rum. Da frage ich: Was macht die hier? Dann heißt es: Du, die hat zweieinhalb Millionen Follower. Ich habe das zur Kenntnis genommen, aber mit so jemandem spiele ich natürlich nicht.

Kommen wir zurück zu "One Mic Stand". Wer konnte Sie eigentlich überzeugen, bei der Show mitzumachen?

Sagen wir es mit Hollywood: Wenn Fred anruft, sagt man nicht ab.

Sie reden von Fred Kogel, Ihrem alten Kompagnon aus Late-Night-Zeiten, der die Amazon-Sause jetzt produziert.

Ja, dieser Satz gefällt mir: Fred called me. Aber ich fand's natürlich auch toll, was für Amazon zu machen.

Warum?

Ja, weil ich natürlich die Leistung von Amazon schon mal unglaublich finde. Dass da jemand sagt, wir fangen jetzt mal an, in einer Garage in Seattle Bücher zu verschicken. Ich habe die Geschichte von Jeff Bezos und seiner damaligen Frau schon verfolgt.

Zurück zur Show: Waren die beiden Fußballer, Mats Hummels und Christoph Kramer, mit denen Sie gearbeitet haben, ein Glücksfall oder eher eine Herausforderung?

Ich war begeistert! Ich habe die beiden total gelöchert. Wie läuft so ein Training ab? Wie geht das mit der Mannschaftsaufstellung? Was sagt ihr, wenn ein neuer Spieler kommt? Wer hat schon welches Ersatzteil im Körper? Mich interessiert Fußball - vor allem die Sachen hinter den Kulissen. Da war es für mich fast schwierig, den beiden noch die Comedy mit auf den Weg zu geben.

Kann jeder Stand-up- Comedy lernen?

Man kann es eigentlich nicht lernen. Aber es gibt sicher viele, die Talent haben. Es gibt in jedem Betrieb ja auch so einen Kantinen-Komiker. Ob der es dann auch professionell kann, ist eine andere Sache. Es braucht auf jeden Fall den Spaß am Spott, an der Beobachtung, auch an der Häme. Und dann kann ich als Coach nur sagen: Lass Dir Zeit, lass die Arme hängen. Und wenn ein Gag nicht funktioniert, gib dem Publikum das Gefühl: Ich verzeihe Euch, dass Ihr heute Abend wieder nichts kapiert.

Das Publikum ist schuld, wenn ein Gag nicht zündet?

Damit fängt der Job an.

INTERVIEW: STEFANIE THYSSEN

"One Mic Stand"

Ab 15. Juli bei Amazon Prime

Auch interessant

Kommentare