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Ein Linker wird konservativ

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Alain Finkielkraut ist einer der französischen Chefintellektuellen. In letzter Zeit gilt er als umstritten. Das liegt zum Teil an durchaus provokanten Äußerungen, zum anderen daran, dass die politische Debatte sich immer weiter verengt, sodass unabhängige Denker aus dem liberal-konservativen Lager schnell als »rechts« eingestuft und aus dem Diskurs gemobbt werden.

Das hat Finkielkraut keineswegs verdient. Er ist Querdenker im traditionellen Sinne, bevor das Wort von Corona-Schwurblern adoptiert wurde. Der Philosoph hat jetzt im Alter von 72 eine intellektuelle Autobiografie vorgelegt: »Ich schweige nicht«. In ihr wundert er sich, wie er von weit links kommend in der rechten Mitte landen konnte.

Als eins der Hauptmotive kann man sicher den Umgang der Linken mit Israel nennen. Schockiert und gleichzeitig empört führt der französische Jude einen Chor linker Stimmen an, die Israel eine Instrumentalisierung des Holocaust vorwerfen. Aus diesem Vorwurf wird bei manchen auch eine mehr oder weniger offene Relativierung von Auschwitz, indem man es als einen Machtmissbrauch unter vielen darstellt, den Israel ja auch gegenüber den Palästinensern betreibe. Insofern kam die Äußerung der Schauspielerin Whoopi Goldberg, die bestritt, dass die Judenverfolgung »rassistisch« gewesen sei, nicht aus dem Nichts.

Das zeigt, auf welche Irrwege der linke Antirassismus geraten kann. Finkielkraut nennt noch viele weitere Beispiele, die zeigen, dass sein Richtungswechsel eines sicher nicht war: grundlos. D. Sattler

Alain Finkielkraut: Ich schweige nicht - Philosophische Betrachtungen zur Zeit. Verlag Langen-Müller, 144 Seiten, 20 Euro, ISBN: 978-3-7844-3606-7.

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