Der Sommer klingt nach Ballermann

Julian Sommer erobert mit seinem Sauflied "Dicht im Flieger" die Charts
Berlin -Im Video hopst Mittzwanziger Julian Sommer gutgelaunt vor dem Strandlokal "Balneario 06" an der Playa de Palma. Die Verballhornung des Wortes "Balneario" als "Ballermann" gab bekanntlich dem Mallorca-Partyviertel zwischen dem Großlokal "Bierkönig" und der Disco "Mega-Park" seinen Namen. Im Lied "Dicht im Flieger", das Chancen hat, Deutschlands Sommerhit 2022 zu werden, singt Julian Sommer stolz Saufparolen wie "Sangria, Wodka, Wein, wir knall'n uns alles rein". Es zählt nur eins: besoffen sein.
Der Schlager singende Autohaus-Verkaufsmanager Sommer stammt aus dem Dorf Hausten in Rheinland-Pfalz. Derzeit pendelt er zwischen Vordereifel und Mallorca, wo er ein WG-Zimmer hat, um sonntags abends im "Bierkönig" aufzutreten. "Mit vier Promille durch die Straßen zieh'n - Und Tag für Tag immer nur die gleichen Lieder sing'n", heißt es in dem Song, der Anfang Juli bis auf Platz sieben der Offiziellen Deutschen Charts kletterte. Im April war er auf Rang 91 eingestiegen, seit Mitte Juni ist er in den Top Ten - Tendenz steigend.
"Endlich wieder da und schon ein'n im Tee. Und am nächsten Morgen tut die Birne weh": So also klingt der Sommer 2022, in dem viele, diesmal über chaotisch organisierte Flughäfen, wieder in die Sonne fliegen und sich - wie vor Corona - einen Urlaub am Strand gönnen wollen. Über seinen Erfolg zeigt sich Julian Sommer natürlich höchst erfreut, aber auch verblüfft. "Das ist halt, glaube ich, weil jetzt zwei Jahre partymäßig nicht viel los war", sagt der 24-Jährige. Wegen Corona habe es nur wenige Party-Lieder gegeben. "Deswegen hat man jetzt so'n bisschen Nachholbedarf."
Als erstes begannen die großen Ferien im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen, aus dem gefühlt besonders viele nach Mallorca reisen. Zumindest an der Platja de Palma sieht man gern mal grölende Männergruppen aus NRW, die Händlern gefälschte Markenware von der Sonnenbrille bis zur Armbanduhr abkaufen - ein Umstand, den auch Sommers Sommerlied aufgreift: "Rey Beri ist am Start, Rolex ist am Arm - Und ein Gruß geht raus in den Senegal." Auch Sänger und Songwriter Nico Santos erkennt die diesjährige Tendenz zum deutschen Partylied. "Momentan merke ich, dass die Leute viel am Ballermann unterwegs sind, was sich auch an Charts-Hits wie ,Layla' bemerkbar macht", sagte Santos kürzlich. "Layla" von DJ Robin und Schürze steht seit zwei Wochen auf Platz eins der Charts.
"Sommersongs ändern sich gefühlt immer wieder und sind von Land zu Land unterschiedlich", sagt der auf Mallorca aufgewachsene Santos. "Viele denken dabei an spanischen Reggaeton wie ,Despacito', auch DJ-Produktionen haben immer wieder große Erfolge." Der große Sommerhit "Despacito" von Luis Fonsi feat. Daddy Yankee ist inzwischen fünf Jahre her. Das Jahr danach wurde in Deutschland ein Remix des Ohrwurms "Bella Ciao" zum Sommerhit gekürt, vor drei Jahren der Latin-Pop-Lovesong "Señorita" von Shawn Mendes und Camila Cabello. 2020 war ein von US-Sänger Jason Derulo ausgebauter Tik-Tok-Hit namens "Savage Love" das Sommerlied schlechthin. Vor einem Jahr war es "Bad Habits" des Briten Ed Sheeran.
Das Sheeran-Lied war ziemlich untypisch, denn normalerweise gehört es zur Tradition des offiziellen Sommerhits, dass der Song von zuvor eher unbekannten Interpreten kommt. Man denke etwa an "Macarena" von Los del Rio (1996), "Samba de Janeiro" von Bellini (1997), "The Ketchup Song" von Las Ketchup (2002), "Dragostea din tei" von O-Zone (2004), "Wake Me Up" von Avicii (2013) oder "Ain't Nobody (Loves Me Better)" von Felix Jaehn feat. Jasmine Thompson (2015).
Bislang hat es noch nie ein typischer Ballermann-Schlager zum offiziellen Sommerhit der Chartsermittler von GfK Entertainment geschafft. Auch deutschsprachige Lieder waren bislang selten - lediglich 2007 gab es "Hamma!" von Culcha Candela und 2003 "Ab in den Süden" von Buddy vs. DJ The Wave. 2022 könnte nun aber das Jahr des Ballermannhit-Durchbruchs werden. Erst müssen aber alle Bundesländer in die Ferien gehen und die Urlaubsziele erobert werden. Vielleicht wird dann noch von irgendwoher ein anderer Tanzhit-Trend nach Deutschland mitgebracht. Kandidaten wären Remixe wie "Belly Dancer" von Imanbek & BYOR oder "Ferrari" von James Hype & Miggy Dela Rosa.
Frankfurt -Zum turbulenten Ende stellt sich die Frage an die Zuschauer: "Wollt ihr zur Zugabe die ,Bohemian Rhapsody'?" Klar doch! Und fetten Applaus gibt es vom Premierenpublikum obendrein. Doch der Reihe nach.
Schon seit Jahrtausenden beschäftigt die Menschheit immer wieder ein Rätsel: Wie mag wohl die Welt von morgen oder gar übermorgen aussehen? Möglicherweise liegt der legendäre britische Autor, Regisseur, Comedian und Schauspieler Ben Elton mit seiner Vision gar nicht so verkehrt. Als Mr. Elton um das Jahr 2000 angefragt wurde, ob er ein Jukebox-Musical mit den Hymnen von Queen konzipieren könne, überlegte er nicht lang. Er wollte. Arbeitete eng mit Brian May und Roger Taylor. Ließ sich dabei von allerlei Vergangenem wie von Zukunftsspinnereien inspirieren.
Seinerzeit gab es weder Smartphones noch Social Media. Insofern gestaltet sich das Szenario in "We Will Rock You" schon einigermaßen erstaunlich: Im 24. Jahrhundert lautet der Name der Erde iPad. Absolut totalitär kontrolliert vom übermächtigen Konzern Globalsoft. An dessen Spitze steht die Herrscherin Killer Queen, halb Mensch, halb virtuelles Pixel. Auf dem globalisierten Planeten mit ewig gleich lächelnden Menschen in pastellfarbenen Kleidern lauschen alle identischer Computermusik, schauen gleichgeschaltete Filme und leben ein tristes Dasein ohne zu denken.
Wer nicht pariert, wird gefoltert, sein Gehirn wird paralysiert: Mit einer Wanze unter der Haut wird man als Dissident in die No-Go-Zone Seven Seas Of Rhy verbannt. Herkömmliche Instrumente gibt es nicht mehr. Rocksongs von einst existieren nur noch in der Legende. Verboten ist auch die englische Sprache.
Zwei Teenager, Galileo (Riccardo Greco) und Scaramouche (Inga Krischke), wollen sich mit so einer schnöde auf Konsum und Angepasstheit ausgerichteten Welt nicht abfinden - sie starten eine Revolte, auch wenn sich beide als Paar öfter mal uneins sind. Um diese mit rund zwei Dutzend Hitklassikern der britischen Band Queen konzipierte Vision adäquat auf der Bühne umzusetzen, dient in der Alten Oper ein wahrlich futuristisches Ambiente. Nicht minder beeindruckend agieren fabelhafte Akteure in der Zukunftsmär mit überspitzter Gesellschaftskritik und Querverweisen in die Gegenwart: Allen voran brilliert die bitterböse Killer Queen, famos hinterhältig intrigant interpretiert von der schwedischen Sängerin, Schauspielerin und Tänzerin Linda Holmgren mit Nachhaltigkeitseffekt. Mit "Fat Bottomed Girls", "Don't Stop Me Now" und "Another One Bites The Dust" hakt die mörderische Killer Queen im zweiten Teil eine urige Song-Trilogie ab, die Queen und Freddie Mercury im Zenith ihrer Kunst schufen.
Für Glanzpunkte sorgt auch Kommander Kashoggi (John Davies), der nach oben buckelt, nach unten tritt. Als Chef der Geheimpolizei von Globalsoft dient er seiner Herrin devot untertänig. Sowohl an eine Motorradgang wie aus dem Kinoklassiker "Der Wilde" als auch die Untoten aus "Tanz der Vampire" oder die Herren Damen aus "The Rocky Horror Show" sowie die Studenten aus "Class Of 1984" erinnert das schrille bunte Völkchen Bohemians in den Seven Seas Of Rhy. Mit herrlich von der Rockkultur adaptierten Kostümierungen und Namen verdrehen sich hier amüsant die Vorzeichen: Da hört ein maskulin bärtiger Hunnen-Hüne, athletisch drahtig interpretiert von Vini Gomes, doch tatsächlich auf den Namen Helene Fischer, kurz Hell genannt.
Locarno -Jubiläum in Locarno: Vom 3. bis 13. August findet im bekannten Urlaubsort am Schweizer Ufer des Lago Maggiore das 75. Internationale Filmfestival statt. Zwei Regisseurinnen, die in Deutschland leben, sind im Hauptwettbewerb um den Goldenen Leoparden dabei: In "Human Flowers of Flesh" verfolgt Helena Wittmann den Clinch einer Zeitgenossin mit alten Macho-Klischees. Ann Oren begleitet in "Piaffe" eine junge Frau in die Welt des Pferdesports. Insgesamt werden im Wettbewerb 17 Filme aus aller Welt gezeigt.
Im Programm der nächtlichen Open-air-Galas für bis zu 8000 Zuschauer außerhalb des Hauptwettbewerbs zeigt der Dokumentarist André Schäfer "Alles über Martin Suter.
Ausser die Wahrheit", einen Experimentalfilm über den Schriftsteller Martin Suter. Regisseur Kilian Riedhof, bekannt durch d"Sein letztes Rennen" (2013) mit Dieter Hallervorden, zeigt unter dem Sternenzelt das Anti-Terrorismus-Drama "Meinen Hass bekommt ihr nicht".
Die Retrospektive ehrt den in Hollywood als Douglas Sirk weltberühmt gewordenen deutschen Regisseur Detlev Sierck ("Solange es Menschen gibt", 1959).
Zum Jubiläumsfestival kommt viel Prominenz, etwa Hollywood-Star Matt Damon, die griechische Regielegende Costa-Gavrasund die Performance-Künstlerin Laurie Anderson aus den USA. In Filmen dabei sind Stars wie Sandra Bullock, Sophie Marceau und Brad Pitt. In zehn Tagen zeigt das Festival mehr als 220 Filme. epd
Berlin -Das Berliner Theatertreffen wird künftig von einem Kollektiv geleitet. Vier Theatermacherinnen aus Polen, der Ukraine und Deutschland übernehmen von 2023 an gemeinsam die Verantwortung für das Festival. Eine Jury wählt dafür jährlich zehn Inszenierungen aus dem deutschsprachigen Raum aus. Regisseurin Olena Apchel, Produktionsleiterin Marta Hewelt, Dramaturgin Carolin Hochleichter und die Kulturmanagerin Joanna Nuckowska wurden vom designierten Intendanten der Berliner Festspiele, Matthias Pees, berufen. dpa
Dresden -Die Ausstellung "Notre-Dame de Paris - Weltreise einer Kathedrale" ist vom 6. August bis zum 8. Januar an zu Gast im Palais Großer Garten in Dresden. Sie präsentiert mit interaktiven Modellen und dreidimensionalen Projektionen die 850-jährige Geschichte des französischen Wahrzeichens. Die Ausstellung gebe einen Einblick in die Restaurierungs- und Aufbauarbeiten nach dem verheerenden Brand der Pariser Kathedrale im April 2019.
Die Schau war zur Weltausstellung in Dubai, später in Paris und Washington zu sehen. epd
Detroit -Gitarren-Legende Carlos Santana ("Smooth") ist bei einem Konzert in den USA auf der Bühne zusammengebrochen. Hitze und Flüssigkeitsmangel hätten dem 74-Jährigen bei dem Open-air-Auftritt in Clarkston nahe Detroit zugesetzt, teilte das Management mit. Der Künstler sei zur Beobachtung ins Krankenhaus gebracht worden, es gehe ihm gut. Sein Konzert gestern in Burgettstown (Pennsylvania) musste aber verschoben werden. Später meldete sich Santana selbst auf Facebook und bedankte sich für die Gebete seiner Fans. dpa

