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Der Kampf um den Tempelberg

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Ein israelischer Polizist steht in der Altstadt von Jerusalem Wache, im Hintergrund der Tempelberg. © DPA

Als die Hamas am 21. Mai nach zehn Tagen ihre Angriffe auf Israel einstellte, endete damit der vierte Waffengang zwischen den Islamisten und Israel in nur 13 Jahren. Der Funke der Gewalt war in Jerusalem übergesprungen, nachdem Teilnehmer des Freitagsgebets in der Al-Aqsa-Moschee israelische Sicherheitskräfte angegriffen hatten. Wer die Radikalisierung des palästinensisch-israelischen Konflikts verstehen will, muss sich mit der Geschichte der für Muslime und Juden gleichermaßen heiligen Stadt befassen.

Genau das hat der renommierte Nahost-Kenner Joseph Croituru getan. Sein Buch ist drei Monate vor dem Ausbruch des vierten Gaza-Krieges erschienen. Jetzt ist es das Buch zum Konflikt, jedenfalls soweit er Jerusalem betrifft. Im Fokus dieser Geschichte steht der Tempelberg. Wobei schon diese Bezeichnung eine Parteinahme bedeutet. Denn der in der Antike zweimal zerstörte Tempel war das jüdische Heiligtum überhaupt. Für Muslime ist der Berg das »edle Heiligtum«. Croituru schildert die Frühgeschichte des Ortes nur knapp. Sein Hauptinteresse gilt der jüngeren Geschichte. Der Autor beschreibt das Vorgehen beider Seiten durch die Jahrzehnte strikt neutral, was den Leser angesichts der unablässig aufeinanderfolgenden gegenseitigen Feindseligkeiten sowie gelungenen und verhinderten Mordtaten aller Art in zynischer Ratlosigkeit ermüden lassen kann. Nicht einmal unterirdisch im Berg, wo der Rabbiner Jehuda Getz bei heimlichen Grabungen auf muslimischer Seite herauskam, endet die Feindschaft. Umgekehrt darf Israel bis heute nicht den auf arabischer Seite entstandenen Bodenaushub archäologisch untersuchen, das könnte ja zu neuen Ansprüchen führen. Bedrückend, wie die Scharfmacher auf beiden Seiten wieder und wieder den Sieg davonzutragen scheinen. Auf israelischer Seite sind dies Aktivisten, die nach und nach Rechte für Juden auch auf dem Bergplateau durchsetzen und die Wiedererrichtung des verlorenen Tempels verlangen. Tibor Pézsa

Joseph Croituru: Al-Aqsa oder Tempelberg. Der ewige Kampf um Jerusalems heilige Stätten. C.H. Beck, 365 S., 26,95 Euro.

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