1. Gießener Allgemeine
  2. Kultur

Der andere Schwedenkrimi

Erstellt: Aktualisiert:

Kommentare

KINA_Ein_beruehmtes_5766_4c
Ein Leben wie in Bullerbü: Das hatten sich Mikael Andersson und seine Familie erträumt. Doch wie sich herausstellt, ist die vermeintlich perfekte Nachbarschaft geprägt von Geheimnissen und Abgründen. © DPA Deutsche Presseagentur

Wenn der Nachbar zum Feind wird. Im neuen Krimi des Bestsellerautors Mattias Edvardsson verwandelt sich ein vermeintliches Kleinstadt-Idyll in einen Albtraum.

Wer träumt nicht von einem Leben in Bullerbü? Der Sportlehrer Mikael Andersson und seine Familie jedenfalls scheinen im idyllischen Köpinge ihr ganz persönliches Bullerbü gefunden zu haben. Für die frustrierten Großstädter ist der kleine Ort im ländlichen Südschweden für einen Neuanfang wie geschaffen. Zumal sie in ihrer Wohnanlage von einer sympathischen Nachbarschaft umgeben sind. Zusammenhalt wird in dieser eingeschworenen Gemeinschaft großgeschrieben.

Doch dann bringt ein schrecklicher Unfall alle Gewissheiten ins Wanken. Mikaels Frau Bianca wird auf ihrem Fahrrad vom Auto der Nachbarin erfasst und schwer verletzt. Während sie im Krankenhaus mit dem Tod ringt, kommen ihrem Mann immer stärkere Zweifel. War es wirklich ein Unfall oder steckte nicht doch Vorsatz dahinter? Und plötzlich zeigt auch die heile Welt um ihn herum Risse auf, und hinter der schönen Fassade lauern Abgründe. Die auf den ersten Blick so freundlichen Nachbarn und Nachbarinnen der Siedlung haben offenbar alle etwas zu verbergen. Wer von ihnen aber hätte ein Interesse am Tod seiner Frau?

Mattias Edvardsson entwirft in seinem neuen Kriminalroman »Die Bosheit« ein klassisches Setting: Ein Idyll wird durch ein plötzlich hereinbrechendes Unheil zerstört. Das Böse ist dabei nichts Monströses, Dämonisches, Abnormes, das von außen kommt, sondern entwickelt sich aus dem Inneren der Gemeinschaft. Es verbirgt sich hinter der Maske des Normalen, Banalen, Alltäglichen, wie es im realen Leben tatsächlich meist der Fall ist. Zusammen mit Mikael tappen die Leser im Dunkeln. Das Verstörende dabei ist: Auch er, der so tief ins Mark getroffene Ehemann, dem wir eigentlich vertrauen wollen, ist nicht ohne Makel.

Dramaturgisch greift Edvardsson auf ein Mittel zurück, das er schon in vorangegangenen Büchern erfolgreich angewandt hat: Die Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt, in dem Fall aus der Sicht Mikaels, seiner Nachbarin Jacqueline, eines ehemaligen Models, und aus der ihres halbwüchsigen Sohnes Fabian. Die Handlung spielt zum Teil vor, zum anderen Teil nach dem Unfall, trotzdem geht die Orientierung nie verloren. Auf die Weise setzt sich nach und nach ein Puzzle zusammen.

Blut und Gewalt spielen keine Rolle

Es entspinnt sich ein engmaschiges Beziehungsgeflecht zwischen den Nachbarn, in dem Eifersüchteleien, Begierden, Ängste und nicht zuletzt Rache eine Rolle spielen. Der Suspense entsteht durch immer neue überraschende Wendungen.

Mattias Edvardsson präsentiert den etwas anderen Schwedenkrimi. Blut und Gewalt oder durchgeknallte Serienmörder spielen bei ihm keine Rolle, was ihn interessiert, ist die Psychologie seiner Protagonisten und die zwischenmenschlichen Verwerfungen. Damit war er auch in Deutschland schon mit seinen beiden vorangegangen Büchern »Die Lüge« und »Der unschuldige Mörder« sehr erfolgreich und stürmte die Bestsellerlisten. Auch das aktuelle Buch dürfte trotz einiger Oberflächlichkeiten und Klischees, in die der Autor immer mal wieder verfällt, seine Fans finden.

Mattias Edvardsson: Die Bosheit, Limes Verlag, München, 448 Seiten, 16 Euro, ISBN 978-3-809-02 722 -5

Literaturdienst_Die_7280_4c
Literaturdienst_Die_7280_4c © Red

Auch interessant

Kommentare