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Das kann weg! Auf diese einfache Formel lässt sich die Botschaft von Frank Nonnenmacher bringen. Sein Vater hat das umstrittene »Immelmann-Denkmal« in Staufenberg geschaffen. Der Sohn gibt die Betonsäule zum Abriss frei.
Die E-Mail aus Frankfurt ins Staufenberger Rathaus ist nur wenige Zeilen lang. Aber die haben es in sich. Frank Nonnenmacher, emeritierter Sozialwissenschaftler der Frankfurter Uni, wendet sich an Bürgermeister Peter Gefeller und lässt wissen, dass er nichts dagegen hat, wenn das umstrittene »Immelmann-Denkmal«, wenige Meter hinter der Staufenberger Burg, verschwinden würde.
Nonnenmacher kann mit seiner E-Mail eine in Staufenberg und darüber hinaus mehrfach geführte Debatte neu anstoßen. Nämlich die um den Sinn dieser Säule und den Umgang damit.
Der emeritierte Politik-Professor teilt mit, »dass ich als Inhaber des Urheberrechts keinerlei Einwände habe, wenn Sie, sehr geehrter Herr Gefeller, bzw. die Stadt Staufenberg beschließen sollten, dieses Werk ersatzlos abzureißen«. Frank Nonnenmachers Vater, der 2012 verstorbene Bildhauer Gustav Nonnenmacher, hatte die Plastik 1965 als Auftragsarbeit geschaffen. Weil Nonnenmacher »der Urheber dieses Werkes ist, ruhen die Urheberrechte bei mir«, schreibt jetzt der Sohn.
Warum sich Nonnenmacher aktuell zu Wort meldet: Er hatte Informationen bekommen, dass, wie er es drastisch formuliert, »Nazis kürzlich erneut die Immelmann-Säule als Identifikationsort ihrer absurden ideologischen Erinnerungsrituale benutzt haben«. Der fragliche Vorfall liegt zwar schon etwas zurück. Aber Frank Nonnenmacher arbeitet sich schon länger an dem strittigen Kunstwerk seines Vaters ab. Das hat ehedem auch zu innerfamiliären Spannungen geführt: Frank Nonnenmacher erinnert sich an »harte Debatten am Familientisch« und einen »entzweienden Moment in der Vater-Sohn-Beziehung«. Gustav Nonnenmacher, im Zweiten Weltkrieg Kampfpilot, hatte sich nach 1945 zum Pazifisten gewandelt, schuf Anti-Kriegs-Mahnmale und sakrale Werke. Wie passt das zu der Säule in Staufenberg?
Das Denkmal war 1965 von der Traditionsgemeinschaft des Sturzkampfgeschwaders 2 »Immelmann« zur Erinnerung an die Gefallenen dieser Einheit bei dem in Worms lebenden Bildhauer in Auftrag gegeben worden. Der Vater machte sich später immer wieder Vorwürfe, so erinnert der Sohn, weil er nicht früh genug gemerkt habe, dass er sich von einem bekennenden Rechtsradikalen, nämlich dem Auftraggeber Hans-Ulrich Rudel, habe instrumentalisieren lassen. Rudel war der letzte Kommandant des Geschwaders Immelmann. Zur Erinnerung: Max Immelmann war einer der bekanntesten Jagdflieger im Ersten Weltkrieg. Die Nationalsozialisten vereinnahmten den Weltkriegshelden für sich mit der Benennung einer Luftwaffen-Einheit.
Ursprünglich trug die neun Meter hohe Betonsäule zwei nachgebildete Sturzkampfbomber aus Bronze. Diese Teile wurden 1981 demontiert und sind seitdem verschwunden. Wiederholt trafen sich in den 1980er Jahren Neonazi-Gruppen am Denkmal nahe der Burg Staufenberg. In der Stadt gab es damals erste Überlegungen, die Säule zu entfernen. Das Kunstwerk hat keinen bekannten Bezug zu Staufenberg. Warum es ausgerechnet dort platziert wurde, das liegt derzeit noch im Dunkeln.
»Nun, wenn es denn ganz verschwindet oder von der Natur überwuchert wird, soll es mir auch recht sein. War ja auch wirklich kein künstlerisches Ruhmesblatt, diese Säule«, zitiert Frank Nonnenmacher Vater Gustav in der von ihm im Jahr 2014 vorgelegten Doppelbiografie »Du hattest es besser als ich«. In dem Buch beschreibt Frank die Leben der beiden Brüder Gustav und Ernst Nonnenmacher.
Die Eigentumsfrage ist klar: Die Fläche, auf der die Stele steht, gehört der Stadt Staufenberg. Das bestätigt Bürgermeister Peter Gefeller. Er sagte dieser Tage zur aktuellen Haltung in Staufenberg dazu: »Hier ruht still der See.«
Gefeller weiß zudem um Befürchtungen, dass in dem Moment, in dem die Zukunft des Denkmal-Torsos erneut öffentlich diskutiert wird, Reaktionen von Ewiggestrigen kommen könnten; dass womöglich Jungnazis oder Alt-NPDler Aufmärsche veranstalten.
Die persönliche Position des sozialdemokratischen Bürgermeisters ist derweil klar und eindeutig: Er spricht von einem »Schandfleck im Burgwald«.
Peter Gefeller kann sich gut in die unterschiedlichen Positionen hineinversetzen. Da ist zum einen die Funktion als Denkmal und Mahnmal, das Gelegenheit gibt, sich kritisch mit einem der düstersten Kapitel deutscher Geschichte auseinanderzusetzen - so wie es die Staufenberger Stadtverordneten vor Jahren mehrheitlich gewünscht hatten.
Zum anderen sagt der Bürgermeister auch: Ein solcher Schandfleck gehört nicht in ein demokratisches und soziales Staufenberg. Die Stele gehöre vielmehr »auf den Müllhaufen der Geschichte«.
Gleichwohl ist damit noch nichts entschieden. Schließlich kann der Bürgermeister da nicht so einfach mit einer Abrissverfügung kommen. Vielmehr muss eine solche Entscheidung in die kommunalen Gremien, muss dort beraten und getroffen werden.
Dort war sie vor mehr als 20 Jahren schon einmal. Da wurde die Diskussion sehr detailliert geführt bis hin zur Frage, wer die Abrisskosten zu tragen habe. Letztlich entschied man sich für den Erhalt.