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Zu teuer für die Stadt?

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Von: Christina Jung

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Auf dem Grundstück am Schäferling 6 (rechts) in Lich möchte der Landkreis eine Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge errichten. Doch die Politik hat Fragen. © Tina Jung

Ein zu hohes finanzielles Risiko. Ein Gebäude, das für die Nachnutzung nicht flexibel genug scheint. Bezüglich der Flüchtlingsunterkunft, die der Kreis in Lich errichten möchte, äußern Kommunalpolitik und Anwohner Bedenken.

Weil im Herbst zusätzliche Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge benötigt werden, hatte der Kreistag jüngst beschlossen, für geschätzte 13,5 Millionen Euro weitere Gemeinschaftsunterkünfte zu bauen - ein- und zweigeschossige Häuser in Holzständerbauweise, die später an ihren Standorten von den betroffenen vier Kommunen weiter genutzt werden können. Nachdem die Kommunalpolitik in Hungen das Thema vergangene Woche kritisch diskutiert und eines von zwei dafür vorgesehenen Grundstücken abgelehnt hatte, kommt nun auch Gegenwind aus Lich. Die Mitglieder des Ausschusses für Bauen, Umwelt und Stadtentwicklung trafen am Dienstagabend keine Entscheidung.

Für die Gemeinschaftsunterkunft vorgesehen ist ein rund 2800 Quadratmeter großes Areal am Schäferling 6, das sich in städtischem Besitz befindet, und für das bereits Baurecht besteht. Rund 3,1 Millionen Euro will sich der Landkreis den Bau kosten lassen und diesen der Stadt nach drei bis acht Jahren zum bestehenden Restwert (Ablösesumme) überlassen.

Wie viel Geld wird das sein? Wie teuer ist für die Kommune dann eine möglicherweise anstehende Renovierung? Wie groß ist überhaupt der Bedarf an Wohnraum für Flüchtlinge? Wie soll das Gebäude auf der Fläche stehen? Wäre nicht eine Kita anstelle der geplanten Sozialwohnungen in der Folgenutzung sinnvoller? Diese und andere Fragen, auf die es in der Sitzung nur bedingt Antworten gab, äußerten Zuhörer und Ausschussmitglieder. Letztere trieb insbesondere der finanzielle Aspekt des Vorhabens um. Es stehe außer Frage, dass Lich seinen Beitrag leiste, aber »ich tue mich schwer, eine Verpflichtung einzugehen, die uns in drei oder acht Jahren mit Millionen auf die Füße fällt«, sagte Andreas Abert (CDU).

Berchtold Büxel (Grüne) zeigte sich »irritiert von der Vorlage«, in der seitens des Landkreises sehr hohe Kosten aufgerufen würden. Die modulare Bauweise scheine teurer als die konventionelle, zudem für eine Nachfolgenutzung weniger flexibel, so Büxel, noch dazu mit einem »erheblichen finanziellen Risiko« behaftet. Das Ganze sei für eine Abstimmung »zu wenig ausgegoren«.

Ähnlich äußerte sich Joachim Siebert (BfL), der mehr Weitsicht einforderte und die Frage aufwarf, ob man das Bauvorhaben nicht einfach ohne den Landkreis stemmen sollte - der Nachhaltigkeit und des Nutzens für die Stadt wegen. Die vorliegenden Informationen jedenfalls kritisierte er als unzureichend. Siebert: »Ich tue mich sehr schwer mit einer Entscheidung.«

Dass es sich bei einem Beschluss lediglich um eine Absichtserklärung handele und derzeit noch Konditionen nachverhandelt würden, wie Stadtrat Ralph Bretschneider (fraktionslos) in Vertretung des Bürgermeisters betonte, reichte den Mandatsträgern als Begründung nicht aus. Nach einer kurzen Sitzungsunterbrechung legte Siebert einen fraktionsübergreifenden Antrag vor, den Tagesordnungspunkt abzusetzen und eine Beschlussfassung zu vertagen. Zahlreiche Fragen seien offen, das Gremium »nicht im Stande, eine Entscheidung zu treffen«. Die Ausschussmitglieder forderten Antworten bis zur Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses, zu der auch ein Vertreter des Landkreises eingeladen werden soll. Der Beschluss erfolgte einstimmig.

Bereits der Magistrat hatte bei der Beratung des Themas mit den Vertragsmodalitäten gehadert und seine Zustimmung an verschiedene Bedingungen geknüpft. Demnach soll der Kreis die Kosten der Baufeldfreimachung inklusive Rodungsarbeiten sowie für Erschließung von Wasser und Abwasser bis zum Grundstück zu 50 Prozent übernehmen. Bei der Überplanung der Fläche wird eine enge Abstimmung mit der Stadt gefordert, zudem soll jede Wohneinheit in der Flüchtlingsunterkunft mit Sanitäranlagen ausgestattet werden, was bisher im Erdgeschoss des zweistöckigen Gebäudes nicht geplant ist.

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