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»Wir stehen in Verantwortung«

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Von: Christina Jung

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Noch dient die Fläche dem Hungener Bauhof als Lagerplatz. Doch der Landkreis möchte auf dem Areal in der Sudetenstraße eine Flüchtlingsunterkunft errichten. © Tina Jung

In der Sudetenstraße in Hungen soll eine Unterkunft für Flüchtlinge entstehen. Das Stadtparlament hat sich in einer außerordentlichen Sitzung für einen von zwei geplanten Standorten ausgesprochen. Allerdings muss der Magistrat die Übernahmebedingungen nachverhandeln.

Weil im Landkreis Gießen zeitnah weitere Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge benötigt werden, sind in einem ersten Schritt vier Kommunen dazu aufgerufen, Flächen zur Verfügung zu stellen, auf denen Wohnmodule in Holzständerbauweise errichtet werden können. Vor Ort tun sich die Mandatsträger schwer mit dem Thema. Hungen hat als erste Stadt im Landkreis am Montagabend in einer außerordentlichen Parlamentssitzung eine Entscheidung getroffen. Allerdings mit Einschränkungen.

Zwei Standorte waren in der Schäferstadt für die Pläne des Landkreises im Gespräch. Nur für einen gaben die Stadtverordneten grünes Licht, den Bauhof-Lagerplatz in der Sudetenstraße. Und auch bei diesem soll der Vertrag zur Überlassung des Grundstücks nach der Nutzung als Flüchtlingsunterkunft - dies ist nach drei bis acht Jahren zum dann bestehenden Restwert vorgesehen - vom Magistrat nachverhandelt sowie die Definition der Bezugsfertigkeit beziehungsweise der Zustand des Gebäudes bei Übergabe herausgearbeitet werden. Das Ergebnis möchte die Stadtverordnetenversammlung zur endgültigen Beschlussfassung vorgelegt bekommen.

Was den Standort in der Königsberger Straße angeht, folgte die große Mehrheit der Mandatsträger einem Änderungsantrag der SPD, vorgetragen von Christoph Fellner von Feldegg. Er beantragte, die Beschlussfassung zurückzustellen. Vier Gegenstimmen und eine Enthaltung kamen aus den Reihen der Fraktion Pro Hungen, der Rest befürwortete den SPD-Antrag. Pro Hungen-Fraktionsvorsitzender Fabian Kraft hatte zuvor erläutert, dass »wir per se gegen die Königsberger Straße sind, weil wir den Standort für ungeeignet halten«. Andere Mandatsträger hatten lediglich Probleme mit dem Konzept, denn im Gegensatz zur Sudetenstraße ist hier in der Nachnutzung eine Kita statt sozialen Wohnraums vorgesehen. Nun soll geprüft werden, ob in der Königsberger Straße ebenfalls günstige Appartements entstehen könnten. Außerdem forderte Fellner von Feldegg eine Wertfestsetzung für die später Übernahme. »Wir wissen ja nicht, wie das Gebäude dann aussehen wird.«

Was die Sudetenstraße betrifft, wurden Bedenken geäußert, insbesondere mit Blick auf die finanziellen Auswirkungen für die Stadt. Laut derzeitiger Schätzung belaufen sich die Kosten für die Gemeinschaftsunterkunft auf dem Bauhof-Lagerplatz auf rund 3,1 Mio. Euro. »Das macht uns am meisten Bauchschmerzen«, so Kraft. Er forderte wie Fraktionskollegin Elke Kleinert »Ideen zur Finanzierung« ein, außerdem die Prüfung von Fördermöglichkeiten und möchte bei der Übernahme »auf keinen Fall mehr bezahlen als das, was in drei bis acht Jahren ein Neubau kostet«.

Bürgermeister Rainer Wengorsch räumte ein, dass die Finanzierung eine »Herausforderung« darstelle und »gegebenenfalls über Kredite« gestemmt werden müsse. Wengorsch sieht darin allerdings kein Problem. Es gebe bereits Signale, dass die Kommunalaufsicht dem zustimmen werde, so der Bürgermeister.

Christoph Fellner von Feldegg mahnte mit Blick auf die vielen Flüchtlinge an, dass »wir in Verantwortung stehen, den Menschen zu helfen«. Ebenso Norbert Marsfelde (CDU): »Wir müssen eine Lösung finden. Wir können nicht sagen, ›es ist nicht finanzierbar‹.«

Die außerordentliche Sitzung der Stadtverordneten war nötig geworden, weil der Ortsbeirat vorab nicht über das Thema beraten hatte, aber gehört werden sollte. Der sprach sich in seiner Sitzung am Freitagabend einstimmig gegen die Königsberger Straße und einstimmig für die Sudetenstraße als Standort für eine Flüchtlingsunterkunft aus.

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