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Wider den Bewegungsmangel

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Von: Christina Jung

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Ob auf dem Schulhof, im Sportunterricht oder der Freizeit - viele Kinder bewegen sich zu wenig. In Lich hat man sich erneut auf den Weg gemacht, das zu ändern. SYMBOL © DPA Deutsche Presseagentur

Viele Kinder bewegen sich zu wenig. Da kommt dem Sportunterricht eine immer wichtigere Bedeutung zu. Immerhin drei Stunden pro Woche schreibt der Lehrplan vor. In der Licher Erich-Kästner-Schule sollen es nun wieder fünf sein. Ein Vorhaben mit Vorbildunktion.

Viereinhalb Jahre ist es her, dass an der Licher Erich-Kästner-Schule ein besonderes Projekt an den Start ging. Finanziert vom Landessportbund (LSB), initiiert vom Verein Lich Basketball sowie mit dessen personeller Unterstützung führten Rektor Jürgen Vesely und sein Team die »Tägliche Sportstunde« für den Jahrgang eins ein - als erste Schule im Kreisgebiet. Zunächst zeitlich befristet schlief das Angebot schließlich pandemiebedingt ein. Jetzt soll es mit Hilfe anderer Geldgeber wieder anlaufen. Bei einer Pressekonferenz stellten Initiatoren, Finanziers und Vertreter der Schule ihren Plan vor.

Grundidee hinter dem Vorhaben: Jeder Erstklässler soll nicht wie im Lehrplan vorgeschrieben nur drei, sondern insgesamt fünf Sportstunden pro Woche haben dürfen, erklärte Dr. Annette Gümbel. Die Vorsitzende von Lich Basketball hatte bereits 2017 die Einführung der »Täglichen Sportstunde« an der EKS angestoßen und bereits damals bei Schulleiter Jürgen Vesely und seinem Team mit der Idee offenen Türen eingerannt.

Für die Fortführung des Projekts für zunächst ein weiteres Jahr hat die Schule nun neue Sponsoren an Land gezogen, denn das sportliche Zusatzangebot wird nicht mehr vom LSB finanziert (siehe Kasten). Die Kosten von 7500 Euro übernehmen in diesem Schuljahr zu gleichen Teilen Lich Basketball, die Kommune und die Wagner eCommerce Group aus Nidda, deren Chef ein Licher und in der Stadt verwurzelt ist.

Für die praktische Umsetzung zeichnet der für die Basketballer tätige hauptamtliche Trainer Freddy Lengler verantwortlich, der vielen Licher Kindern bereits durch seine Arbeit in Schule und Kitas bekannt ist. Er möchte den Mädchen und Jungen aber nicht nur ein altersgerechtes Bewegungsangebot machen, sondern auch Ängste abbauen. Denn gerade für die Erstklässler sei in der Grundschule alles »neu« und »groß«. Lengler: »Da grätsche ich als bekanntes Gesicht dazwischen.« Der Sportwissenschaftler ist ein durch den Deutschen Basketballbund zertifizierter Mini-Trainer und hat für die Arbeit mit Kindern bis zum zwölften Lebensjahr in den vergangenen Jahren verschiedene Fortbildungen absolviert.

Zurück zur »Täglichen Sportstunde«: Das Vorhaben hat Vorbildfunktion. Im Sportkreis Gießen ist die EKS derzeit die einzige Schule mit einem solchen Angebot, in ganz Hessen sind es gerade einmal eine Handvoll, sagte Sportkreis-Vorsitzender Prof. Heinz Zielinski beim Pressetermin. Vielerorts würde es dagegen nicht einmal die dritte Sportstunde gegeben. Zielinski unterstrich die Bedeutung von Bewegung für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen und bedauerte, dass diese in besorgniserregender Weise nachlasse.

Dass sich eine steigende Zahl von Mädchen und Jungen heute zu wenig bewegt, weiß auch Schulleiter Jürgen Vesely. Selbst während der Pause hätten immer mehr nicht mehr das Bedürfnis, so der Rektor. Andererseits gebe es jene, die einen enormen Aktivitätsdrang verspürten, den sie - im Gegensatz zur Kita - in der Schule nicht mehr so intensiv ausleben könnten. »Deshalb ist es wichtig, dass Schule attraktive Angebote unterbreitet«, so der EKS-Leiter. Mit der »Täglichen Sportstunde« würden beide Gruppen erreicht. Vesely: »Wir schlagen zwei Fliegen mit einer Klappe.«

Allerdings sei dies in der Vorbereitung ein Kraftakt gewesen. Vesely sprach von einem »riesigen logistischen Aufwand, das Zusatzangebot so in der Stundentafel zu verankern, dass für Kinder und Personal keine Nachteile entstehen«, wofür er Konrektorin Stephanie Kunisch und Annette Gümbel Lob und Dank aussprach. Lob gab es auch von anderer Seite. »Es braucht aktive Schulleitungen«, befand Zielinski, und Bürgermeister Dr. Julien Neubert meinte, dass man gar nicht früh genug damit anfangen könne, in die Bewegung und damit die Gesundheit der Bevölkerung zu investieren.

Der Rathauschef sah noch einen weiteren Vorteil: Mit dem gemeinsamen Sporttreiben wirke man dem in der Gesellschaft zunehmend verbreiteten Egoismus entgegen. Neubert: »Hier leistet das Angebot einen wichtigen Beitrag.«

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