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Spannende Erzählung zu einem Randkapitel der Geschichte

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Von: Barbara Czernek

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Herma Kennel bei ihrer Lesung im KuKuK. © Barbara Czernek

Wettenberg (bac). Ein Randkapitel der jüngeren europäischen Geschichte schlug die Autorin Herma Kennel auf. Sie stellte ihren biografischen Roman »Es gibt Dinge, die muss man einfach tun: der Widerstand des jungen Radu Fili- pescu« vor. Die in Berlin lebende Autorin kam auf Einladung des deutsch-rumänischen Vereins Gießen zu einer Lesung in die KuKuK-Kulturhalle in Wißmar.

Der 1995 erschienene Roman rollt die Ereignisse um den jungen Radu Filipescu auf. Dieser verteilt am 7. Mai 1983 in Bukarest Flugblätter gegen Diktator Ceausescu. Er wird erwischt und landet in den Händen der berüchtigten Staatspolizei Securitate. Die Staatsmacht schlägt mit aller Härte zu und verurteilt ihn zu zehn Jahren Haft unter schärfsten Bedingungen. Nach drei Jahren wird er aufgrund von internationalen Interventionen freigelassen, bleibt aber unter Beobachtung der Polizei.

Rumänien in 80ern

Aufgrund der Aktivitäten von Filipescu und dem medialen Interesse daran verliert sein Vater, ein angesehener Chefarzt in einem Bukarester Krankenhaus, seine Anstellung. Er hält aber stetig zu seinem Sohn, dem Widerstandskämpfer. Der Spuk hat erst mit dem Sturz von Ceausescu ein Ende.

Die Verhältnisse in Rumänien in der Zeit der Diktatur kennt Kennel gut, da ihr Ehemann von 1979 bis 1983 in Bukarest Mitarbeiter der deutschen Botschaft war. Allerdings wurde sie erst später auf die Geschichte des jungen Mannes aufmerksam, recherchierte sie sorgfältig und lernte Filipescu samt seiner Familie kennen. Sie hat bis heute Kontakt zu ihm.

Feinfühlig erzählt sie Lage und Gefühlswelt im Rumänien der 1980er Jahre. Detailliert beschreibt sie die unmenschlichen Verhältnisse in den Gefängnissen und die Repressalien, die Filipescu erleiden musste. »Heute geht es ihm gut, er hat Familie und ein kleines Unternehmen und hat die Ereignisse gut verkraftet«, erzählte sie bei der Lesung.

Nach dem Tod des Machthabers habe sich einiges verändert, jedoch seien viele Entscheider geblieben, erzählte sie und zog Parallelen zur jüngsten deutschen Geschichte.

Die Autorin ist auf biografische Romane spezialisiert, dafür recherchiert sie in Archiven. Daten und Namen, die in einem ihrer Bücher erwähnt werden, »stimmen immer«, darauf legt sie großen Wert. Mit dieser Methode hat sie seitdem noch weitere Werke mit brisanten Themen verfasst, wie »BergersDorf« oder »Die Welt im Frühling verlassen«. Zudem schreibt und illustriert sie Kinderbücher.

Der deutsch-rumänische Verein Gießen wurde 2021 gegründet und will die wissenschaftlichen, politischen und humanitären Beziehungen zwischen beiden Ländern fördern, sagte der Vorsitzende des Vereins Karsten Kopp.

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