Rot-Grün setzt sich durch
Wettenberg (so). Am gestrigen Freitag saß die Finanzverwaltung im Wettenberger Rathaus erneut über dem Haushalt für dieses Jahr und hat gerechnet und gerechnet. Ist der Etat so genehmigungsfähig? Wie muss kalkuliert werden, um das hinzubekommen?
Denn am Donnerstagabend hat die rot-grüne Koalition in der Gemeindevertretung den vom Gemeindevorstand um Bürgermeister Marc Nees vorgelegten Entwurf beschlossen - und zugleich eine Änderungsliste vorgelegt, die es nötig macht, die Zahlen nochmals zu korrigieren. In Teilen vom Tisch ist die vom Bürgermeister gewollte Anhebung der Grundsteuer B in zwei Schritten von derzeit 380 Prozentpunkten erst auf 420 und dann auf 450 in 2024. Die zweite Stufe ist erst einmal gekappt. Angehoben wird aber die Gewerbesteuer von 380 auf 390 Prozentpunkte, was rund 140 000 Euro Plus bedeutet. Gestrichen sind die Mittel für Tablets für die Gemeindevertreter (23 000 Euro) sowie die 10 000 Euro Betriebkostenzuschuss für das Biebertaler Hallenbad. Letzteres schließt nämlich wegen Sanierungsarbeiten von Mitte März an bis voraussichtlich November. Eingeplant sind für dieses und nächstes Jahr jeweils 60 000 Euro für das Entwickeln eines Verkehrskonzepts für Gesamt-Wettenberg. Unstrittig auch die 33 000 Euro für zwei Azubis im Forst. Mit den Stimmen von Rot-Grün verankert sind zudem eine Million Euro Planungsmittel für den Kita-Neubau in Wißmar in der Finanzplanung bereits 2024 sowie das Geld für ein neues Kleinkinderbecken im Freibad Gleiberger Land. Als Merkposten verzeichnet sind bezahlbarer Wohnraum am Seegarten sowie perspektivisch am Krofdorfer Finkenweg (nach Wegfall der alten Kita) und nicht zuletzt Geld für eine Windpark-Planung in Wettenberg.
Mit diesen Positionen haben SPD und Grüne dem Etat für dieses Jahr ihren Stempel aufgedrückt. Kritik bekam der Rathauschef zu hören: »Dieser Haushalt ist kein Ruhmesblatt für Bürgermeister Nees«, konstatierte der SPD-Fraktionsvorsitzende Ulrich Ellinghaus. »Würden wir dem folgen, dann würden wichtige Projekte für Wettenberg auf Eis gelegt«, begründete Ellinghaus das Vorziehen des Kita-Neubaus für Wißmar, das Verkehrskonzept und den Seegarten.
Der von Nees vorgelegte Entwurf sei »gekennzeichnet von Ambitionslosigkeit und Mutlosigkeit«, legte Ellinghaus nach. Noch nie seit Gründung der Gemeinde Wettenberg habe die Gemeindevertretung derart korrigierend in einem Haushalt eingreifen müssen. Die finanzielle Situation sei nicht ganz so schlecht, wie von Nees dargelegt. Ergo werde man alles dafür tun, dass die Kita Wißmar nicht erst 2026 begonnen werde, sondern früher. Auch zum zügigen Neubau der Verwaltung steht die Koalition: Die Mitarbeiter leisteten gute Arbeit.
Ganz anders die Einschätzung der Arbeit des Bürgermeisters durch die CDU: Es gebe »wohltuende Veränderungen in Stil und Inhalt«, lobte Fraktionsvorsitzende Dr. Gerhard Noeske. Er plädierte einmal mehr dafür, alle Entscheidungen über Großprojekte grundsätzlich zu überprüfen. Und hätte auch mit dem von der SPD teils gestrichenen Anheben der Grundsteuer leben können: »Das überfordert niemanden.« Konzeptionelle Überlegungen fordert die Union für die Entwicklung der Sportstätten und des Freibades sowie die Immobilien in kommunaler Hand. Dem vom Bürgermeister vorgelegten Etat hätte die Union zustimmen können. Nach den Änderungen durch die Koalition kam dann die Ablehnung der CDU. Gleiches Bild bei den Freien Wählern: Auch deren Fraktion lehnte den Etat nach den rot-grünen Änderungen ab. Man wäre lieber dem Vorschlag des Vorstands um Bürgermeister Nees gefolgt, einige Projekte zeitlich nach hinten zu schieben«, erläuterte Fraktionsvorsitzende Julia Trampisch. Der Kita-Neubau in Wißmar sei derzeit noch nicht zu bewerkstelligen, zeigte sie sich skeptisch. Gegen den Neubau-Prozess ab 2024 spreche, dass dann kein genehmigungsfähiger Etat mehr möglich sie, teilt Trampisch den zurückhaltenden Kurs des Bürgermeisters. Auch dem Anheben der Gewerbesteuer stehen die FW kritisch gegenüber: »Wir wollen kein Gewerbe verhindern, sondern erhalten.«
Matthias F. Schulz von den Grünen nannte die Änderungen durch die Koalition sowie die Steuer- und Gebührenerhöhungen »unausweichlich«, um die Angebote in Wettenberg aufrechterhalten zu können. Seine Zusage: »Kürzungen im Angebotsbereich finden nicht statt.«