Feinsinnig vom Solo bis zum Quintett

Wettenberg (jou). Die Wettenberger Winterkonzerte wären undenkbar ohne das unermüdliche Engagement des Arbeitskreises, in dessen Händen die Organisation und Durchführung liegt. Dazu zählte der vor einem Jahr verstorbene Anglistik-Professor Heinz Bergner; über 30 Jahre hat er die Konzertreihe mitgetragen und mit sichtlichem Vergnügen verfolgt. Ihm zu Ehren fand am Samstag in der evangelischen Kirche in Wißmar ein Gedenkkonzert statt.
Die Musiker, die das Konzert gestalteten, sind erst zwischen 24 und 31 Jahren alt, sie haben gleichwohl bereits große künstlerische Reife erreicht. Dies demonstrierten sie in einem vielfältigen Programm - vom Solowerk bis zum Quintett.
Dass dem russischen Violinisten Mikhail Pochekin Johann Sebastian Bachs Solosonaten quasi im Blut liegen, hatte dieser bereits bei einem Sonderkonzert bewiesen und untermauerte er nun in dem Largo aus der dritten Sonate. Hoch sind die interpretatorischen Hürden: Ohne Unterstützung durch ein Cembalo oder Klavier muss der Violinist ganz allein in den Melodielinien Spannung aufbauen. Pochekin gelang dies ausgezeichnet. Mit sangbarer Tongebung ließ er die Melodiebögen regelrecht atmen in seiner innig empfundenen Darbietung.
Auch in Wolfgang Amadeus Mozarts Duett G-Dur (KV 423) begeisterte Pochekin gemeinsam mit Bratschistin Sara Ferrández restlos. In der Virtuosität dieses Werks spiegelt sich wider, welche künstlerischen Ambitionen Mozart in Salzburg als Kammermusiker und Konzertmeister der Hofkapelle verfolgt hat. Pochekin und Ferrández zeichneten die beiden Themen im eröffnenden Allegro recht konturiert. Zu dem lebhaften Charakter der Interpretation trugen die fein ausgeloteten Tempoverzögerungen und Beschleunigungen bei. In überaus klare, emotional berührende Ausdruckssphären führte das ruhige Adagio. Bis hin zum Rondo-Finale gefiel das harmonische Zusammenspiel. Darin trat das Thema durch einen prägnanten Tanzrhythmus hervor.
Nuancierte Darbietung
Bei Franz Schuberts Streichquintett C-Dur wurde das Ensemble durch die zweite Violinistin Naoka Aoki sowie die beiden Cellisten Benedict Kloeckner und Simon Tetzlaff komplettiert. Dieses 1828 entstandene Quintett gilt als eines der ernstesten Kammermusikwerke überhaupt und wurde wahrscheinlich erst nach Schuberts Tod uraufgeführt. Im Vergleich zu Mozart, der in seinen Streichquintetten zwei Bratschen einsetzt, führt hier die Verwendung zweier Celli zu einer klanglichen Auffächerung und farblichen Intensivierung. Von Beginn an beeindruckte die nuancierte Darbietung. Das Ensemble baute im ersten Satz, einem »Allegro ma non troppo«, vorausschauend die ausgedehnten Entwicklungen auf, behielt dabei stets das große Ganze im Blick. Vor Energie strotzten die dramatischen Höhepunkte. Mit spitzen Ohren lauschten die Besucher dem melancholischen Adagio und wurden von dem aufwühlenden Mittelteil überrascht. Voller Kraft und Schwung steckte das mitreißende Scherzo. Wie eine wehmütige Erinnerung an vergangene Zeiten mutete die Musik im schauerlich-schönen Trio-Teil an.
Bis hin zum Schluss-Allegretto zeigte sich, dass die Künstler ein interpretatorisches Niveau erreicht haben, bei dem Dinge wie klangliche Balance oder rhythmische Genauigkeit selbstverständlich sind - vielmehr geht es um Feinheiten im Ausdruck. Für das hochkarätige Konzert spendeten die Besucher viel Beifall.