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„Goldstandard des ÖPNV“: Pilotprojekt für On-Demand-Verkehr im Kreis Gießen?

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Von: Ursula Sommerlad

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Das Wettenberger Bussi könnte in einem Jahr auch in Biebertal verkehren. Aber auch ein Pilotprojekt für On-Demand-Verkehr ist im Gespräch. Das Foto zeigt Bürgermeister Brunner, Landrätin Schneider sowie Fabio Lerch und Sven Schneider von den Verkehrsbetrieben Weber.
Das Wettenberger Bussi könnte in einem Jahr auch in Biebertal verkehren. Aber auch ein Pilotprojekt für On-Demand-Verkehr ist im Gespräch. Das Foto zeigt Bürgermeister Brunner, Landrätin Schneider sowie Fabio Lerch und Sven Schneider von den Verkehrsbetrieben Weber. © Ursula Sommerlad

Noch ein Jahr wird das Bussi wie gewohnt fünf Stunden am Tag durch Wettenberg rollen. Doch was kommt danach? Eine Ausweitung der Route nach Biebertal? Oder etwas ganz Neues, nämlich ein Pilotprojekt für On-Demand-Verkehr im Kreis Gießen?

Wettenberg – Seit 1999 rollt das Bussi durch die drei Wettenberg-Dörfer. Das soll es auch im kommenden Jahr noch tun. Danach aber könnten einschneidende Veränderungen anstehen. Wie Bürgermeister Thomas Brunner und Landrätin Anita Schneider am Freitag bei einem Pressetermin an der Krofdorfer Mehrzweckhalle erläuterten, stehen zwei Varianten zur Diskussion. Erstens: Der Bussi-Radius wird auf Biebertal ausgedehnt. Oder zweitens: Wettenberg wird als Pilotprojekt für den On-demand-Verkehr ausgewählt. »Das wäre der Goldstandard des ÖPNV«, bemerkte Brunner.

Momentan weiß noch niemand, wohin die Reise geht. Deswegen werden beide Möglichkeitenn parallel verhandelt. Brunner wird sich bereits Ende Oktober erneut mit seiner Biebertaler Kollegin Patricia Ortmann und Gerhard Muth-Born treffen. Der Nahverkehrsexperte des Zweckverbands Oberhessische Versorgungsbetriebe (ZOV) hat eine Kooperation der beiden Kommunen bereits in Erwägung gezogen. »Er findet sie sinnvoll«, sagt die Landrätin.

Bussi bald in mehr Kommunen im Kreis Gießen?

Auch Fabio Lerch und Sven Schneider von den Verkehrsbetrieben Weber, die das Bussi betreiben, sehen vielfältige Verflechtungen zwischen den Kommunen: Die Jugendlichen gehen gemeinsam auf die Gesamtschule Gleiberger Land und schließen dort Freundschaften. Im Sommer zieht es die Biebertaler ins Krofdorfer Freibad, im Winter die Wettenberger ins Biebertaler Hallenbad. Nur: Eine direkte Nahverkehrsverbindung zwischen den beiden Nachbargemeinden gibt es nicht. Mit dem Bus müsste man immer erst nach Gießen fahren und dort umsteigen. Aber wer macht das schon? Vor diesem Hintergrund erscheint eine Erweiterung der Bussi-Route naheliegend. »Auch mit Blick auf mehr Traffic«, wie der Bürgermeister zur Auslastung des Fahrzeugs bemerkt.

Die andere Möglichkeit, der On-Demand-Verkehr, wird in größeren Städten wie Offenbach bereits ausprobiert. Für das Gießener Land wäre das Konzept etwas völlig Neues. Das Fachbüro IOKI hat im Auftrag des ZOV für den Landkreis drei Modelle für die Räume Laubach/Hungen, Pohlheim/Langgöns und Wettenberg/Lollar simuliert. Letzteren habe man für geeignet erachtet, weil die Verkehrsnachfrage im ÖPNV zwischen 6 und 22 Uhr relativ konstant sei, erläuterte Schneider.

Kreis Gießen: On-Demand-Verkehr würde kostspielig

Der Fachausschuss des Kreistages habe die Angelegenheit zur weiteren Beratung an die Arbeitsgemeinschaft ÖPNV verwiesen. Letztlich liege die politische Entscheidung beim Kreistag, sagt die Landrätin. »Das ist auch eine Frage des Geldes. Was kann und was will man investieren?« Komfortabel klingt der On-Demand-Verkehr allemal. Man ruft an oder meldet sich per App, man nennt sein Ziel, man wird abgeholt und zwischendurch nimmt das Fahrzeug andere Nutzer mit. Der Umweg zum gewünschten Ziel darf für alle nicht mehr als zehn Minuten in Anspruch nehmen. Ohne Digitalisierung würde ein solches Modell nicht funktionieren, denn die Fahrtrouten müssen immer wieder optimiert werden.

Damit das Konzept im Raum Wettenberg funktioniert, müssten nach Berechnungen des Fachbüros IOKI fünf Fahrzeuge im Einsatz sein, erläutert Schneider. Wer am Ende die Kosten trage, müsse noch diskutiert werden. Der Landkreis beteilige sich an der Finanzierung, wenn es sich um überörtliche Verbindungen handele oder eine Anbindung an den Schienenverkehr gewährleistet ist.

Kreis Gießen unterstützt Fortbestand des Wettenberger Bussis

Zunächst einmal wird der Landkreis für das kommende Jahr den Fortbestand des Wettenberger Bussis mit 20 000 Euro unterstützen. Das allerdings nur unter der Maßgabe, dass die mögliche Kooperation mit Biebertal vorangetrieben wird. »Das ist die Hausaufgabe, die wir der Gemeinde aufgeben«, unterstreicht Schneider.

Wenn sie gelöst ist, wird Thomas Brunner nicht mehr im Amt sein. Seine Zeit als Bürgermeister von Wettenberg geht am 31. Januar 2022 zu Ende. Bis dahin will er weiter an einer Verbesserung des Nahverkehrs arbeiten. »Wir wollen beim ÖPNV den nächsten Schritt tun«, betont er. Wir dürfen nicht weiter im Klein-Klein denken.«

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