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Bereichernd für alle Beteiligten

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Von: Rüdiger Soßdorf

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Héloïse Odo (Mitte) hat bei ihrem Praktikum im Restaurant Burg Gleiberg viele Erfahrungen sammeln können. © Ruediger Sossdorf

Eine Sprache zu lernen, das erweitert Horizonte. Die Sprache anzuwenden, noch einmal mehr. Héloïse Odo aus Grigny hat sich auf das Abenteuer eingelassen. Die junge Französin absolviert derzeit ein mehrwöchiges Praktikum im Restaurant »Burg Gleiberg«.

Ein wenig Deutsch hat Héloïse Odo in den vergangenen Jahren in der Schule gelernt, mit überschaubarem Erfolg, wie sie selbst sagt. Deutsch als Fremdsprache ist im Süden Frankreichs ohnehin nicht unbedingt sehr populär. Neben Englisch wählen die Schüler eher Spanisch oder vielleicht Italienisch.

Insofern gehört für die 16-Jährige schon eine ordentliche Portion Mut und Selbstvertrauen dazu, in den Sommerferien für rund fünf Wochen im Restaurant »Burg Gleiberg« in Wettenberg anzuheuern, um im Rahmen eines Praktikums die Sprachkenntnisse zu verbessern. Nicht in der Küche etwa, sondern im Service - im direkten Kontakt mit Gästen. Und siehe da: Es klappt. Nicht immer einfach freilich. Aber einfach kann ja jeder. Héloïse wurde in den vergangenen Wochen Teil des Teams, mutete sich eine Menge zu, übernahm immer wieder neue Aufgaben - um auszuprobieren und daran zu lernen.

Die junge Frau stammt aus Grigny, der Wettenberger Partnergemeinde in der Nähe von Lyon. Es ist neben den »klassischen« Schüleraustauschen, neben den 2021 begründeten Jugendbegegnungen in den Sommerferien und neben den jährlichen Besuchen von Gruppen ein weiterer lebendiger Baustein der Partnerschaft. Der Kontakt kam über Margitt Fries-Volgmann und Ralf Volgmann zustande, den stellvertretenden Vorsitzenden der Deutsch-Französischen Gesellschaft, die die Partnerschaft mit Sorgues und seit wenigen Jahren auch diese junge Beziehung mit Grigny trägt. Margitt Fries-Volgmann sprach Axel Horn an, denn sie wusste, dass der Gastronom auf der Burg immer wieder Aushilfen sucht und stets bereit ist, mit jungen Menschen zu arbeiten und diesen Wege zu Neuem zu öffnen. Horn war sogleich Feuer und Flamme.

Bereits im Jahr 2018, anlässlich einer Küchenparty auf der Burg, stand die Idee von beruflichen Begegnungen im Raum. Jetzt also, nach coronabedingten Hürden, der Startschuss. Horn kann sich durchaus vorstellen, dieses Modell zu verstetigen und seinerseits Auszubildende für Praktika nach Grigny zu schicken, wenn er dort Kollegen findet, die diese auf Zeit aufnehmen. Vielleicht bietet sich Ende November die Gelegenheit, weitere Kontakte anzubahnen, wenn eine Wettenberger Delegation zum »Salon de Vin« nach Grigny reist.

Viel Lob für

Praktikantin

»Wir wollen schauen, wie wir einen solchen Austausch intensivieren«, sagt auch Horns Tochter Camille Horn-Briga. Sie kümmert sich um die Ausbildung der Servicekräfte im Burg-Restaurant. Und sie ist voll des Lobes über die junge Kraft aus Grigny: »Héloïse ist superfleißig, lernt sehr schnell und traut sich immer wieder Neues zu. Sie arbeitet vorausschauend und wir konnten und können uns voll auf sie verlassen.«

Was Horn-Briga besonders hervorhebt: Dass Héloïse Odo, wiewohl von ihrem Wesen her eher etwas zurücknehmend, in einem extrovertierten Arbeitsumfeld wie dem Service schnell und offen im Kreis der Kollegen auf Zeit aufgenommen wurde und sich eingebracht hat. »Selbst wenn da noch eine Sprachbarriere ist: Man lernt beim gemeinsamen Arbeiten, die Menschen zu lesen«, sagt Horn-Briga. Sprache sei nicht das wichtigste, vielmehr das Miteinander. Sie erhofft sich, ebenso wie ihr Vater, eine Signalwirkung davon, dass gerade die Tochter des Bürgermeisters von Grigny, Xavier Odo, den Auftakt gemacht hat. Dass sie eine »Türöffner-Rolle« haben könnte und zeigt, dass ein solches grenzüberschreitendes Praktikum eine Bereicherung, ein Gewinn sein kann.

Und wie sieht das Héloïse nach den gemachten Erfahrungen? »Ich würde meinen Mitschülern raten, sich ebenfalls so etwas zuzutrauen und in einen Austausch zu gehen«, sagte die junge Frau, deren Praktikum jetzt zu Ende geht.

Ralf Volgmann, der DFG-Vize, ist nicht erst nach dem gelungenen Auftakt der Ansicht: »Praktika, Hospitanzen, et cetera. müsste es viel mehr geben. Auch dafür können unsere Partnerschaften dienlich sein.« Gerhard Schmidt, Ehrenvorstand der DFG, ergänzt: »Wir reden so viel davon, Europa zu gestalten. Hier gelingt es ganz praktisch, dies umzusetzen.«

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