Alltagssorgen festhalten

Wettenberg (so). »Das Virus hat uns gezeigt: Wir sind nicht so unangreifbar, nicht so stabil wie erhofft«, konstatiert Erika Weimer nüchtern. Und sagt: »Dieses Virus hat etwas Unerbittliches, denn es schreitet voran, ohne menschliche Regeln zu beachten. Das macht fassungslos, denn es unterscheidet nicht zwischen Arm und Reich und nicht zwischen Jung und Alt.
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Die heute 86-Jährige aus Wißmar hat als Kind den Zweiten Weltkrieg erlebt, hat wegen eben dieses Krieges ihren Vater nicht richtig kennenlernen können. Sie weiß aus Erfahrungen eines langen, reichen Lebens, mit schweren Situationen umzugehen. Doch sie blickt nicht vornehmlich zurück, sondern schaut auf das Hier und Jetzt. Und nach vorn. Soeben legt die Seniorin ein neues Büchlein vor; eine Sammlung von Erfahrungsberichten.
Buchvorstellung am Freitag
19 Menschen aus Wettenberg schildern, wie sie in den vergangenen zwei Jahren mit Corona gelebt und gearbeitet haben. Wie sie als Vereinsvorstand, als Pfarrerin, als Erzieherin, als Krankenschwester oder als Gastronomin mit dem umgegangen sind, was das Virus respektive die Auflagen und Restriktionen mit ihrem Alltag gemacht haben.
Gewiss eine subjektive Annäherung an ein komplexes Thema. Aber durchaus legitim. Und wenn auch vielleicht nicht repräsentativ, so doch ein interessanter Versuch, zu verstehen. Wie sagt Erika Weimer: Es gehe ihr darum, »diesen Zeitgeist einzufangen und für die nächsten Generationen zu bewahren. Die Alltagssorgen, die uns dieses Virus auferlegt hat, will ich festhalten, aber auch die Chancen, die das Virus uns bietet«.
Da bleibt die große Politik bewusst außen vor. Es wird nicht für und wider Impfung argumentiert oder gar polemisiert; da treffen keine »Querdenker« auf »Normalos«. Das sollte auch nicht der Anspruch sein, diese Debatte zu führen. Es sind vielmehr Menschen wie Du und ich, aus der Mitte der Gesellschaft, aus unserem Nahbereich, die schildern, wie sie mit Corona und den Folgen umgehen: im Privaten mit der Familie, im Verein, in der Kita, in der Schule
Vielfach stehen die bekannten Einschränkungen im Zentrum: kein Sport, keine Gesangsstunde, kein freies Spiel, das Gasthaus geschlossen. Und doch zeigen viele der Berichte auch die kleinen Freuden auf: Der Besuch einer Harfenistin bei den Senioren im Alten- und Pflegeheim ist ein solches Beispiel, oder das Loblied auf den eigenen Garten, der in Zeiten der Kontaktbeschränkungen wieder an Bedeutung gewinnt.
Am Freitag dieser Woche, 29. April, stellt Erika Weimer ihr Büchlein »Corona und kein Ende?« um 19 Uhr im Holz- und Technikmuseum in Wißmar im Rahmen einer kleinen Lesung vor. Eintritt frei; Masken erbeten. FOTO: PM