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Wer will Bürgermeister werden?

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Von: Jonas Wissner

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Bis Ende 2022 leitet Dr. Bernd Wieczorek als Bürgermeister die Lollarer Verwaltung, nun steht die Suche nach Kandidaten für die Nachfolge an. ARCHIVFOTO: GECK © Alexander Geck

Voraussichtlich im September 2022 entscheiden die Lollarer, wer nach 18 Jahren die Nachfolge von Dr. Bernd Wieczorek antritt. Während die Parteien sich noch bedeckt halten, steht ein unabhängiger Bewerber schon bereit - und sucht nach Unterstützern.

Eins steht schon jetzt fest: Die Stadt Lollar wird zum Jahreswechsel 2022/2023 einen neuen Bürgermeister bekommen - oder eine Bürgermeisterin. Dr. Bernd Wieczorek, 2004 erstmals gewählt und dann zweimal ohne Gegenkandidat bestätigt (siehe Kasten), hat schon vor Jahren eine vierte Amtszeit ausgeschlossen.

Die Zeichen stehen also auf Wechsel. Und zumindest ein Lollarer Bürger wäre zur Kandidatur bereit. Er ist Vorsitzender eines Vereins, möchte seinen Namen aber in diesem Zusammenhang vorerst noch nicht öffentlich preisgeben, wie er auf Anfrage dieser Zeitung erläutert: Zum einen habe er die Vorstandskollegen noch nicht offiziell über seine Ambitionen informiert. Zum anderen sei er im Beruf Vorgesetzter von einigen Mitarbeitern, auch denen wolle er das gern persönlich mitteilen. Noch sehe er keinen zeitlichen Druck, »ich will ja auch nicht zehn Monate Wahlkampf machen«.

Vor Jahren habe ihn ein Lollarer Kommunalpolitiker gefragt, ob er sich eine Kandidatur vorstellen könne. »Ich war total geschockt«, sagt der nicht parteigebundene und bislang kommunalpolitisch nicht aktive Interessent, »das war nicht in meinem Möglichkeitsspielraum«. Doch aus seiner Familie und von Freunden sei er ermutigt worden, das habe einiges verändert.

Was motiviert den Mann, eine Kandidatur anzustreben? »Ich habe mich schon seit meiner Jugend für Vereine engagiert, habe mich immer gern für andere ins Feuer geworfen«, sagt er. Seiner Wahrnehmung nach mangle es an Menschen, »die sagen: Ich stelle mich in den Dienst der Sache«. Als drängendes Thema nennt er unter anderem die Wohnraum-Frage: »Sie finden in Lollar keinen Bauplatz«, andererseits sei die Ausweisung neuen Baulands »ein Klimakiller«. Mit Blick auf neue Baugebiete brauche es eine klare Marschroute, »das muss auf jeden Fall mal geklärt werden«.

Ohne Unterstützer wäre eine Kandidatur wohl aussichtlos, das ist auch dem vorerst anonymen Vereinsvorsitzenden bewusst. Er habe Parteien Gespräche angeboten »und wurde auf die Zeit nach der Bundestagswahl vertröstet«. Nun stehe er weiter allen für Gespräche zur Verfügung. Mit einer Partei habe er schon über Themen gesprochen und seinen Werdegang erläutert. Wie es jetzt weitergeht, liege nicht nur in seiner Hand. »Ich gehe davon aus, dass es maximal zwei Kandidaten geben wird, die von Parteien unterstützt werden«, so der Interessent.

Derweil halten sich die Lollarer Parteien zur Kandidaturfrage noch weitgehend bedeckt. »Wir werden auf jeden Fall einen Kandidaten oder eine Kandidatin stellen«, äußert sich Dr. Jens-Christian Kraft (CDU). Wen man wann ins Rennen schicken werde, stehe aber noch nicht fest. Kraft ist Stadtverbandsvorsitzender der CDU, führt außerdem seit März die CDU-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung. Er selbst steht für eine Bürgermeisterkandidatur aber nicht zur Verfügung: »Mein Beruf in der freien Wirtschaft macht mir Spaß, Politik wird immer nur ein Hobby bleiben«, versichert Kraft.

Auch die SPD befinde sich noch »in der Kandidatenfindung«, äußert sich deren Fraktionsvorsitzender Norman Speier. Im Koalitionsvertrag mit den Grünen ist laut Speier im Frühjahr vereinbart worden, sich in einer gemeinsamen »Findungskommission« auf die Kandidatensuche zu begeben, das stehe demnächst an. »Wir versuchen, es relativ zügig abzuschließen«, so der SPD-Fraktionschef. Er hoffe auf eine gemeinsame Nominierung im Januar oder spätestens Februar.

Je nachdem, wen man nominiere, gelte es, »strategisch vorzugehen«, so Speier: »Falls es jemand Ortsansässiges ist: nicht zu früh. Falls jemand von extern: nicht zu spät, um sie oder ihn noch bekannt zu machen.« Und wie steht es um eine mögliche Kandidatur von ihm selbst? Speier: »Ich sage jetzt nichts dazu.«

Bernd Maroldt, Erster Stadtrat und SPD-Ortsvereinsvorsitzender, setzt wie Speier Hoffnung auf die Findungskommission. Vor allem müsse man sich über das Profil Gedanken machen. »Mir kommt es auf die Qualifikation an. Es sollte jemand sein, der Führungserfahrung in einer Verwaltung hat, das halte ich persönlich für wichtig«, sagt Maroldt.

Grundsätzlich sei die SPD für Bewerbungen offen, »wir müssen sehen, wer sich jetzt wie positioniert«. Bislang höre er aber »nur Gerüchte«, sagt der Erste Stadtrat. Zu ihm sei noch keiner gekommen und habe offen gesagt, dass er Bürgermeister werden wolle.

Beim Koalitionspartner geht man offenbar davon aus, zumindest in den eigenen Reihen nicht fündig zu werden. »Stand jetzt ist es Konsens, dass wir niemanden stellen«, sagt Grünen-Fraktionsvorsitzende Heidi Alt. »Wir haben niemanden gefunden, der infrage käme, da ist noch nichts in Sicht.« Sie hoffe, dass man sich in der Findungskommission mit der SPD einigen könne. Dass diesmal kein Amtsinhaber im Rennen ist, »macht es erstmal spannend«, findet Alt.

Gerhard Born aus dem Vorstand der Lollarer Grünen geht ebenfalls davon aus, dass es »voraussichtlich« keine Kandidatur der Grünen geben wird - »aber man soll ja niemals nie sagen«. Eine gemeinsame Nominierung durch SPD und Grüne Anfang 2022 halte er für »ein bisschen eng« und hofft, dass es schon vorher klappen könnte, »da muss bald was passieren«.

Auch bei der FDP als kleinste Fraktion im Lollarer Parlament ist noch unsicher, wie man sich im Wahlkampf um das Bürgermeisteramt positionieren wird. »Da sind wir noch nicht klar«, sagt Fraktionsvorsitzende Cornelia Maykemper.

Wann genau die Lollarer an die Urne gerufen werden, ist auch noch nicht entschieden. Ende November tagt der Ältestenrat, dem Vernehmen nach soll es auch um einen Terminvorschlag für die Wahl gehen. Als Wahrscheinlich gilt ein Datum im September. Allzu viel Zeit sollten sich die Parteien mit ihrer Kandidatenkür also nicht mehr lassen.

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