Karneval 2021/22 im Kreis Gießen: Beliebte Veranstaltungen fallen aus – wo wird überhaupt gefeiert?

Für Narren ist der Hinweis überflüssig: In 14 Tagen ist es wieder so weit, werden Prinzenpaare inthronisiert, zeigen Garden ihre neuen Tänze, regiert endlich wieder der Frohsinn. Für Fastnachter naht mit dem 11. 11. ein hoher Feiertag. Denkste: Wegen Corona fällt die Kampagne vielerorts aufs Neue flach. Doch nicht überall, wie eine Umfrage unter einigen Vereinen im Kreis zeigt.
Gießen – Steigende Inzidenzen, nur aufwendig umzusetzende Maßnahmen zum Schutz vor Covid-19, finanzielle Risiken - die vierte Welle der Corona-Pandemie prägt die fünfte Jahreszeit auch im Gießener Land. Der gewohnte Auftakt der Session am 11. 11. mit seinem Höhepunkt, der Präsentation des neuen Prinzenpaares, fällt meistens flach.
So verhält es sich auch beim CV Germania, der traditionell Lollars närrische Regentschaft stellt. In normalen Zeiten wird um den 11. 11. herum in fröhlicher Runde das Geheimnis gelüftet, wer diesmal Prinz, wer Prinzessin sein darf. Unter diesen Umständen aber, so Jens Deußing, Vorsitzender der Germania Lollar, »funktioniert es einfach nicht«. Wie andere Vereinsverantwortliche verweist auch er auf die Kosten.
Lollar muss somit wieder ohne Tollitäten auskommen. Wenigstens hält sich der CV Germania ein Hintertürchen offen: Sollte die Entwicklung der Pandemie es erlauben, hat man für die Prunksitzung am 29. Januar 2022 Kapelle und Saal geblockt. Die Zweifel freilich überwiegen. Auch da die Tanzgruppen kaum Gelegenheit hatten, sich vorzubereiten.
Karneval 2021/22 im Kreis Gießen: Weiteres Jahr ohne Kampagne wäre für Vereine „tödlich“
»Noch ein Jahr ohne Kampagne, das könnte für viele Vereine tödlich enden«, schickt Sven Käs mit Hinweis auf schrumpfende Mitgliedskarteien voraus. Zum Glück, so der Vorsitzende des CC Ruttershausen , habe sein Verein kaum Abgänge erlitten. Auf dass es so bliebe, arbeitet der Vorstand mit Hochdruck an einem, nennen wir es »närrischen Notkonzept«.
Dazu gehört zum einen die Kampagneneröffnungs-Party am 13. 11. ab 18.11 Uhr. Allerdings im Freien, auf dem Dorfplatz, mit allen CCR-Tanzgruppen. Zum Zweiten plant die Vereinsführung ein pandemie- kompatibles Konzept, auf dass die Fremdensitzung im Februar doch stattfinden kann. Der Einlass aber wird nur für Geimpfte und Genesene erlaubt sein.
Mit sogenannter 2G-Regel sind hierzulande, Stand jetzt, Indoor-Veranstaltungen ohne Masken- und Abstandspflicht sowie Kapazitätsbegrenzung erlaubt.
»Leider gar nichts«, antwortet Ulrich Henn von den Karnevalsfreunden Burkhardsfelden auf die Frage: »Was läuft in der Kampagne 21/22?« Er ist nicht der Einzige, der auf die schwer zu handhabenden Zugangs- und Hygienevorschriften verweist. Und auch damit ist er nicht allein: »Bis zu den Herbstferien haben wir nicht eine Tanzgruppe im Training gehabt.« Eventuell werde es nächstes Jahr zumindest eine interne Veranstaltung geben. Sofern das Virus sich den Narren gewogen zeige.
»Toi, toi toi«, meint Henn, als die Sprache auf Austritte kam. Gerade mal zwei hätten die Karnevalsfreunde mit ihren 306 Mitgliedern zu verkraften. Froh ist der Vorsitzende vor allem darüber: »Auch die Jugend ist uns treu geblieben.«
Karneval 2021/22 im Kreis Gießen: Launsbach und Krofdorf halten durch
In Launsbach will man sich die Laune von einer wenige Nanometer großen Spaßbremse nicht vermiesen lassen. Das Motto im kleinsten Wettenberg-Dorf: »Nach langer Corona-Pause machen wir ’ne Sause. Wir machen uns bereit für die fünfte Jahreszeit. Begrüßen werden wir sie mit Saus und Braus und hauen auch noch ein Prinzenpaar raus.«
Die Präsentation der Tollitäten erfolgt am 13. 11. im Freien vorm Bürgerhaus und unter der 3G-Regel. Im Anschluss, dann aber »unter 2G«, steigt drinnen die Party zum Kampagnenstart.
Nicht anders halten es die Fastnachtsfreunde im benachbarten Krofdorf. Wie Pressesprecher Stefan Schneider verrät, werden dazu auch die Beine geschwungen.
»Die letzten Wochen haben unsere Showtanz- und Gardegruppen fleißig geübt«, versichert Schneider. Und fügt mit einem Lachen an: »Nein, Corona-Speck haben sie nicht angesetzt.« Davon überzeugen wird man sich wohl auch bei den Prunk- und Altweibersitzungen im neuen Jahr, die alle unter 2G stattfinden sollen.
Für Timo Momberger, Vorsitzender der Londorfer »Blauen Raben«, wiegt die Verantwortung des Veranstalters schwer. Eine Sitzung mit 500 Leuten im Saal berge doch ein Risiko. Durchaus: Was, wenn trotz 2G, trotz Zugangskontrolle, Ungeimpfte mitfeiern - und die Fassenacht zum Hotspot wird? Um sich wenigstens wieder mal zu sehen, wird es einzig eine vereinsinterne Kampagneneröffnung geben. Den traditionellen Termin für die Fremdensitzung am Faschingssamstag immerhin haben sich die »Blauen Raben« freigehalten. Um, wenn es die Lage erlaubt, eine Veranstaltung mit Hauskapelle, einem externen Akt, aber ohne Bestuhlung zu organisieren. Von der Inthronisation eines Prinzenpaars und vom Kinderfasching aber, so Momberger, hat sich der Vorstand jüngst definitiv verabschiedet.
Karneval 2021/22 im Kreis Gießen: Prinzenpaar seit zwei Jahren in „Warteschleife“
»Tote Hose, wieder mal«, heißt es auch in Grünberg: Wegen der Fragezeichen ob der Entwicklung der Pandemie will die Karnevalistische Vereinigung das (finanzielle) Risiko vermeiden. Deshalb, so KVG-Präsident Thomas Kampl, werden auch keine Prinzenpaare inthronisiert. Am 11. 11. allerdings wird trotz alledem der »Grimmicher Schuster« auf dem Marktplatz gestellt. Somit hält Grünbergs Symbolfigur wenigstens den Verein in Erinnerung.
In Laubach gibt es ein Prinzenpaar - jedoch seit zwei Jahren in der »Warteschleife«, wie es KVL-Präsident Björn Erik Ruppel formuliert. »Wenn schon, dann sollte es auch richtig sein. Prinz und Prinzessin ist man schließlich nur einmal im Leben.«
Der KV 1908 Laubach hat sich gegen 2G entschieden, es wird also keine Veranstaltungen geben. »Wir müssten dann die Kinder ausschließen, das wollen wir nicht.« Und nicht nur deshalb: Ruppel weiß von Aktiven, die aus diversen Gründen, etwa wegen einer Schwangerschaft, nicht geimpft seien. Auch für sie soll es nicht heißen: »Wir müssen leider draußen bleiben.« Am Ende bringt der Laubacher die Gefühlslage wohl von vielen Narren ob der erneut versagten Narretei auf den Punkt: »Wir sind sehr, sehr traurig.«