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Wenn der Falsche zweimal klingelt

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Von: Rüdiger Soßdorf

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Als angebliche Telekom-Mitarbeiter haben Unbekannte versucht, in Wohnungen zu gelangen. Mehrere Fälle hat es in der vergangenen Woche gegeben. Passiert scheint nichts - doch die Unsicherheit bei den Menschen ist groß.

Das ist schon ein Schreck - für eine Senioren allzumal - wenn plötzlich ein wildfremder Mann in der Wohnung steht und vorgibt, den Glasfaseranschluss oder die Telefonanlage im Haus überprüfen zu müssen.

Ein solcher Vorfall mit einem angeblichen (und mutmaßlich falschen) Telekom-Mitarbeiter hat sich in der vergangenen Woche in Wettenberg abgespielt; ausweislich von Kommentierungen auf Facebook ähnlich zudem in der Gießener Innenstadt, der Weststadt sowie in Lahnau.

»Gegen 16.30 Uhr hörte ich, dass plötzlich jemand von unten im Hausflur wie ein Irrer an jede Tür klopfte«, schildert eine Bewohnerin eines Mehrfamilienhauses die Situation. Auf die Frage einer anderen Bewohnerin, wie er denn überhaupt in das Haus gekommen sei, habe der Mann nicht geantwortet, in Folge aber bei weiteren Wohnungen geklingelt und geklopft. So lange, bis ihm eine 80-jährige Frau die Tür öffnete.

Da schrillten bei der Nachbarin aus dem gleichen Haus die Alarmglocken. Sie sei hinzugekommen, als die Seniorin den Mann bat, doch bitte zu gehen, erinnert sie sich an die Abläufe. Aber erst nach mehrmaliger Aufforderung und als eine weitere Nachbarin hinzueilte, leistete der Fremde Folge und verließ erst die Wohnung der alten Frau sowie dann das Haus, so die Schilderung der Anwohner. Draußen sei ein weiterer »Kollege« aufgetaucht; die beiden seien schließlich verschwunden.

Mehr noch: Die Frage nach einem Ausweis habe der Mann zuvor lachend kommentiert mit »Ich heiße Erdogan«. Dann habe er versucht, die Anwohner als Rassisten hinzustellen, empört sich eine Augenzeugin. Einen Ausweis habe er nur ein paar Sekunden hingehalten, dass man so schnell nichts erkennen konnte. Die umgehend angerufene Polizei war nach 20 Minuten vor Ort, konnte aber keine verdächtigen Personen mehr antreffen.

Passiert ist nichts; es blieb wohl beim Schrecken - verbunden mit dem Wunsch, vor solchen Vorkommnissen zu warnen. Das taten einige der Betroffenen und informierten deshalb nicht nur die Polizei und die Telekom, sondern schrieben darüber in sozialen Medien und schalteten die heimische Presse ein.

Die Telekom erklärte in einer ersten Reaktion auf Nachfrage der irritierten Bürger, dort keine Mitarbeiter im Außendienst gehabt zu haben. Gleichwohl geht man im Unternehmen der Sache nach und überprüft die Vorgänge im Detail, sagte Unternehmenssprecher Pascal Kiel.

Allerdings kann es durchaus sein, dass ein echter Telekom-Mitarbeiter auch ohne Voranmeldung vor der Tür steht - um beispielsweise auf diesem Weg im Direkt-Marketing für ein Produkt zu werben

Unternehmenssprecher Kiel verweist darauf, dass sich Vertriebsmitarbeiter im Auftrag der Telekom immer mit einem Ausweis und einem Autorisierungsschreiben legitimieren können. Und zwar mitsamt einer Telefon-Hotline, über die Bürger und Kunden die Mitarbeiter und deren Auftrag überprüfen können (siehe Kasten). Zudem seien die Telekom-Leute an ihrer Kleidung zu erkennen: In der Regel graue oder magentafarbene Polo-Hemden und schwarze Jacken mit T(elekom)-Logo.

Gerade in der heutigen Zeit mit viel Homeoffice werde der Direktmarketing-Kanal weiterhin eine Rolle spielen, sagt Telekom-Sprecher Kiel. Er erinnert, dass Direktmarketing kein Alleinstellungsmerkmal der Telekom ist, sondern generell in diversen Branchen (etwa von Verlagen oder Energieversorgern) genutzt werde.

Bei der Gießener Polizei gehen immer wieder Hinweise auf vermeintliche respektive falsche Telekom-Mitarbeiter ein. »Nahezu täglich hören wir so etwas, und gerade vor Weihnachten waren es etliche mehr, die mit dieser Masche unterwegs waren«, erinnert sich Polizeisprecherin Sabine Richter. Aktuell sind aber keine Fälle bekannt, in denen es zu Betrug oder anderen Straftaten gekommen sei.

Generell gilt derweil: Achtsam zu sein, sich die Ausweise zeigen zu lassen und in aller Ruhe anzuschauen. Und im Zweifelsfalle Nein zu sagen - oder eben die Polizei zu rufen.

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