Wenn alles immer teurer wird

Preissprünge bei Energie und immer teurer werdende Lebensmittel setzen den Menschen zu. Seit Monaten hält sich die Inflationsrate weit über der Sieben- Prozent-Marke. Für den Herbst prognostizieren Experten gar eine Rate von zehn Prozent. Viele Menschen sind deshalb verunsichert und versuchen zu sparen, wo es nur geht. Eine Umfrage in Linden, Langgöns, Lollar und Staufenberg verdeutlicht das.
Es sind Zahlen, die sich vor einem Jahr kaum jemand hätte vorstellen können. Innerhalb von zwölf Monaten ist der Preis für Butter um 47,9 Prozent gestiegen, der für Weizenmehl um 39,1, für Vollmilch um 27,4, für Nudeln um 32,4 Prozent. Die Liste der immer teurer werdenden Lebensmittel ließe sich fast schon beliebig fortsetzen. Dazu noch die explodierenden Gas- und Strompreise. Die Menschen ächzen unter der Inflation, die Verunsicherung reicht bis weit in die Mittelschicht hinein.
Laut »Konsummonitor Preise 2022« des Handelsverbandes Deutschland und des Instituts für Handelsforschung Köln haben mehr als ein Viertel der Menschen in Deutschland große Angst, mit ihrem Geld nicht mehr auszukommen. Bei einem Netto-Haushaltseinkommen unter 2000 Euro ist es sogar fast die Hälfte.
Wie gehen die Menschen im Landkreis mit dieser Situation um? Bei einer Straßenumfrage in Lollar, Staufenberg, Langgöns und Linden wird deutlich, dass einige ihr Einkaufsverhalten bereits verändert haben, etwa verstärkt zu Sonderangeboten greifen oder auf kostspielige Reisen verzichten. Und noch eines fällt auf: Wenn es um persönliche Sparmaßnahmen geht, wollen viele ihren Namen nicht in der Zeitung lesen. Die Protagonisten der Umfrage sind deshalb anonymisiert:
Rentner (69 Jahre alt) : »Ich verzichte jetzt bewusst auf Bioprodukte, um Geld zu sparen. Und ich mache mir Sorgen wegen meiner nächsten Gasrechnung. Ich habe aber Rücklagen gebildet, um den gestiegenen Preis bezahlen zu können.«
Mutter (39) von zwei Kindern: »Mein Kaufverhalten im Supermarkt hat sich total verändert. Ich achte jetzt vermehrt auf Angebote und kaufe nach diesem Muster ein: Was im Angebot ist, kommt mit. Alles andere bleibt außen vor.«
Selbstständige (69) : »Ich kann mir die gestiegenen Preise im Supermarkt nicht mehr leisten. Ich bin umgestiegen und kaufe nur noch beim Discounter ein. Und natürlich habe ich auch Respekt vor dem Winter. Ich heize mit Heizöl, dazukommt das Holz für meinen Kamin. Die Preise für beide Rohstoffe sind massiv gestiegen. Ich bin selbstständig und kann es mir noch leisten. Aber ich frage mich, wie das Angestellte mit einem kleineren Gehalt schaffen sollen.«
Krankenschwester (29): »Noch beschränken wir uns nicht. Aber wenn die Inflation noch schlimmer werden sollte, müssen wir auf Bioprodukte und Waren aus Fair-Trade-Handel verzichten und die billigeren Alternativen kaufen.«
Rentner (75): »Bei meiner jährlichen Bestellung von Heizöl im Sommer musste ich den dreifachen Preis bezahlen. Weil ich genug Rente erhalte, muss ich zwar noch nicht sparen. Die Betonung liegt aber auf noch. Meine Unsicherheit ist groß, weil keiner weiß, was noch kommt. Ich schaue deshalb schon vermehrt, welche Produkte im Angebot sind.«
Studentin (21): »Die aktuelle Lage ist schwierig. Die steigenden Preise belasten mich, auch weil ich in einer WG wohne und Miete zahlen muss. Bei den Lebensmitteln verzichte ich trotzdem nicht, dafür aber beim Urlaub. Anstelle des Sommerurlaubs im Ausland war ich in diesmal in Mecklenburg campen und habe eine Kajak-Tour gemacht.«
Rentner (70): »Wir beziehen Heizöl, das massiv teurer geworden ist. Ich rechne damit, dass wir uns im Winter beim Heizen einschränken müssen. Auch beim Urlaub haben wir Abstriche gemacht. Da müssten wir in diesem Jahr auf Reisetage verzichten.«
Außendienstleister (57): »Ich beziehe zwar Gas, aber da ich eine sehr niedrige Miete zahle, trifft es mich nicht so sehr, wenn die Nebenkostenabrechnung höher ausfällt. Ich mache mir aber große Sorgen um Familien, die sich in schlechter situierten Positionen befinden.«
Paartherapeut (66): »Die Situation ist nun mal so, man muss damit leben. Ich verzichte auf nichts. Ich koche mit den gleichen Zutaten wie bereits vor der Krise. Ich achte nur darauf, regional und saisonal einzukaufen.«
Rentnerin (63): »Ich kaufe mittlerweile weniger und sparsamer ein. Ich studiere am Wochenende immer den Prospekt mit den Angeboten. Dann weiß ich, wo und was ich einkaufen kann. Deshalb habe ich auch keinen Stamm-Supermarkt mehr. Und auch die Energiepreise machen mir zu schaffen. Wir heizen mit Flüssiggas, der Preis ist um rund 70 Prozent gestiegen. Trotzdem wollen wir nicht auf unseren jährlichen Urlaub auf Usedom verzichten.«
Gastronom (34): »Ich mache mir große Sorgen, weil diese Preisexplosion auch meine Existenz bedroht. Nicht nur für den privaten Gebrauch sind die Lebensmittelpreise gestiegen, meine Branche leidet sehr. Durch die hohen Kosten für die Zutaten müssen wir die Preise erhöhen. Im Schnitt 20 Prozent mehr pro Gericht. Dazu der teure Sprit. Als Lieferdienst sind wir auf Autos angewiesen. Wenn es noch schlimmer wird, weiß ich nicht, ob ich mein Restaurant weiterhin betreiben kann. Das alles hat natürlich auch Auswirkungen auf mein privates Konsumverhalten.«
Soldat (24): »Tatsächlich fallen die gestiegenen Preise bei mir nicht ins Gewicht. Ich habe schon immer sparsam gelebt und mir pro Monat einen gewissen Betrag zurückgelegt. Bisher musste ich mein Erspartes nicht plündern. Nur die gestiegenen Benzinpreise gehen ganz schön ins Geld. Aber ich bin aufs Auto angewiesen, Bus oder Bahn sind keine Alternativen für mich.«