Weniger Fleisch auf dem Teller

Die Menschen in Deutschland essen immer weniger Fleisch. Das geht aus der Versorgungsbilanz der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung hervor. Auch im Landkreis Gießen macht sich dieser Trend bemerkbar. Hiesige Großküchen, Metzger und der Lebensmittelhandel haben längst reagiert.
Egal ob Rind, Schwein oder Geflügel - die Menschen in Deutschland greifen beim Einkauf immer seltener zu Fleisch und Wurstwaren. Der Konsum von Fleisch ist rückläufig und das schon seit mehreren Jahren. Alleine 2022 ist der statistische Fleischverzehr pro Kopf um 4,2 Kilogramm zurückgegangen - eine geradezu historische Menge. Dieses vorläufige Ergebnis ist der Versorgungsbilanz der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung zu entnehmen.
Jeder Deutsche hat demnach 52 Kilogramm Fleisch im vergangenen Jahr gegessen - der niedrigste Wert seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1989. Zum Vergleich: Noch 2018 lag der jährliche Pro-Kopf-Verzehr an Fleisch in Deutschland bei 61 Kilogramm.
Diese veränderten Ernährungsgewohnheiten wirken sich auch auf die hiesigen Caterer, Großküchen, Metzger und dem Lebensmittelhandel aus.
Beim Bio-Caterer Safran in Hüttenberg etwa werden jeden Tag 2400 Essen für Schulen und Kitas sowie 60 weitere Gerichte für Erwachsene gekocht. Hinzu kommen 450 Liter Suppe pro Woche für Bio-Supermärkte und Bistros. »Die Nachfrage nach den vegetarischen Optionen während unserer ›Fleischtage‹ wird immer größer«, erklärt Eva Siegfried, Assistenz der Geschäftsleitung. »Es gibt mittlerweile Einrichtungen, die komplett vegetarisch bestellen und die Fleischgerichte nicht mehr anbieten.«
Auch im Partyservice-Bereich verzeichnet Safran einen deutlichen Anstieg von Anfragen für vegetarische oder vegane Buffets. Das gelte sowohl für Privatpersonen als auch für Unternehmen. Das Interesse an Grillbuffets oder Buffets mit Fleisch sinke hingegen, sagt Siegfried.
Seit wann sich dieser Trend bei Safran bemerkbar gemacht hat, kann sie relativ exakt sagen. Schon 2020 habe er eingesetzt, erzählt Siegfried: »Im Schul- und Kita-Bereich hat sich diese Entwicklung besonders durch die Corona-Pandemie verstärkt, hier sank die Nachfrage nach Fleischgerichten erst, nachdem der erste Lockdown überstanden war.«
Die Gründe für eine Ernährungsumstellung können vielfältig sein. Die Auswirkung der Tierhaltung auf das Klima, das Tierwohl und die eigene Gesundheit sind sicherlich für viele ein Grund dafür, weniger Fleisch zu konsumieren. Auffällig ist aber auch die hohe Teuerungsrate für Fleischprodukte über das vergangenen Jahr hinweg: Während Lebensmittel sich insgesamt um 13,4 Prozent im Vergleich zu 2021 verteuerten, lag der Anstieg bei Fleisch laut Statistisches Bundesamt bei 14,5 Prozent.
Dass der Beginn der CoronaPandemie auch eine Art Zäsur beim Fleischkonsums in Deutschland war, das sieht auch Markus Schneider so. Er ist Inhaber der Gaststätte und Metzgerei Hotel Schneider in Lich. »Ja«, sagt er, »es wird weniger Fleisch gekauft.« Die Kunden legten jetzt immer mehr Wert auf Qualität, statt wie einst auf Quantität. »Viele essen mittlerweile nur noch zweimal die Woche Fleisch.«
Während der Corona-Lockdowns der vergangenen Jahre: »hatten die Leute einfach mehr Zeit zum Kochen. Sie schauen, was auf den Tisch kommt. Es ist vielen heute wichtiger zu wissen, woher das Fleisch kommt.«
Schneider zählt die Licher Traditionsmetzgerei deshalb zu den Gewinnern der Entwicklung. In den vergangenen Jahren haben er und seine Mitarbeiter mit Qualität und der Nachvollziehbarkeit der Fleischherkunft bei den Kunden punkten können. »Es muss nicht jeden Tag Fleisch auf den Tisch. Aber wenn, dann sollte man die Qualität seines Essens auch kennen.«
Andernorts spüren Metzgereien den Trend der fleischloseren Ernährung dagegen deutlich drastischer, etwa bei der Metzgerei Freund in Alten-Buseck. »Es gibt immer weniger Umsatz. Wir merken die Entwicklung sehr deutlich«, sagt etwa Gerlinde Freund.
Auch im Lebensmittelhandel stehen die Zeichen auf Veränderung. »Wir beobachten seit einiger Zeit eine wachsende Anzahl von Kunden, die nach Alternativen zum herkömmlichen Fleischkonsum suchen«, sagt Anja Loewe, Rewe-Sprecherin für die Region Mittelhessen. Darum habe man von Unternehmensseite aus reagiert und sowohl im Kreis Gießen als auch andernorts das Angebot an Fleischalternativen ausgebaut. Allerdings merkt Sprecherin Loewe auch an: »Fleisch- und Wurstwaren sind immer noch eine wichtige und stark nachgefragte Warengruppe, die für uns nach wie vor im Fokus steht.«