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»Wählerpotenzial ausgeschöpft«

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Von: Stefan Schaal

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Mit mehr als 20 Prozentpunkten Vorsprung vor Gegenkandidat Dennis Dern (Grüne) entscheidet Fabian Wedemann (CDU) den ersten Wahlgang im Rennen um das Bürgermeistamt der Stadt Linden für sich. Wie hoch sind Derns Chancen nun in der Stichwahl einzuschätzen? Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Dr. Christof Schütz, äußert sich hoffnungsvoll. Das Wählerpotenzial Wedemanns sei erschöpft, glaubt er.

Um 20.13 Uhr branden am Sonntag Jubel und Applaus in zwei Ecken der Lindener Stadthalle auf. Gerade ist das letzte der acht Ergebnisse aus den Wahlbezirken eingetrudelt. Als es auf einer Leinwand angezeigt wird, bilden sich Menschentrauben um Fabian Wedemann und Dennis Dern, die beiden Kandidaten, die am 2. April in der Stichwahl im Rennen um das Lindener Bürgermeisteramt stehen.

Das Ergebnis des ersten Wahlgangs ist ein Sieg der Bekanntheit und der kommunalpolitischen Erfahrung. Für die Stichwahl qualifiziert haben sich der Stadtverordnetenvorsteher Wedemann, seit 2011 für die CDU in Lindens Parlament aktiv, und der ehrenamtliche Stadtrat Dern, seit Oktober 2021 für die Grünen im Magistrat. Ausgeschieden sind Lale Sahin und Dr. Sandra Herrmann, die mit der Kommunalpolitik bisher eher mit der Perspekte von außen in Berührung gekommen sind - im Elternbeirat der Kita »Regenbogenland« und als Vorsitzende der Klimainitiative.

Mit mehr als 20 Prozentpunkten Vorsprung vor Gegenkandidat Dern (Grüne) entscheidet Wedemann (CDU) den ersten Wahlgang für sich. Er kommt auf 46,81 Prozent der Stimmen, Dern auf 25,01 Prozent. Wie hoch sind nun Derns Chancen in der Stichwahl einzuschätzen?

Das Wählerpotenzial Wedemanns sei ausgeschöpft, sagt Dr. Christof Schütz, Fraktionsvorsitzender der Grünen. Dies werde auch mit Blick auf die Kommunalwahl 2021 deutlich, als CDU und Freie Wähler gemeinsam 49,16 Prozent der Stimmen erhalten hatten. Schaffe es Dern, zusätzlich die Wähler für sich zu gewinnen, die im ersten Wahlgang Sahin und Herrmann ihre Stimme gegeben haben, sei das Bürgermeisterrennen offen.

»Wir wollen auch versuchen, Nichtwähler an Bord zu holen«, sagt Schütz. In den Bereichen größerer Wohnblocks beispielsweise liege noch Potenzial. Hier wolle man in den kommenden drei Wochen gezielt Wahlkampf von Haustür zu Haustür führen.

Der Wahlabend am Sonntag in der mit 200 Menschen gefüllten Stadthalle erinnerte in seiner Atmosphäre bisweilen an einen Kindergeburtstag. Während auf der Leinwand um 18.43 Uhr das erste Ergebnis aus der Burgschule aufblinkte, dort danach aber für eine halbe Stunde nichts weiter passierte, rannte mehr als ein Dutzend Kinder durch die Halle. Sie wuselten durch die Menschenmenge, spielten Fangen, rutschten immer wieder wie bei einem Torjubel auf Knien über den Boden.

Ganz nebenbei machte der Abend so darauf aufmerksam, wie fair und geradezu friedlich der Wahlkampf in den vergangenen Wochen zwischen den Kandidaten gelaufen ist. Angriffe unter der Gürtellinie gab es nicht.

Ein Anflug von Ärger trat einmal zwischen den beiden Lagern Derns und Wedemanns auf, als sich herausstellte, dass die Grünen einen Großteil der begehrten Orte für Wahlplakate im Stadtgebiet für ihren Kandidaten reserviert hatte, was aus Sicht der CDU dem Angebot der Grünen auf einen fairen Wahlkampf widersprach. Mehr als Grummeln im Hintergrund löste dies aber nicht aus.

Vor allem auf ein Thema sei er immer wieder im Wahlkampf angesprochen worden, berichtete derweil Wedemann. »An jeder zweiten Haustür« hätten Lindener kommentiert, was sie von der »unabhängigen« Kandidatur des CDU-Kommunalpolitikers halten. »Die eine Hälfte fand es schlecht, dass ich nicht für die CDU angetreten bin, die andere Hälfte fand es gut.« Am Ende sei die Parteizugehörigkeit und auch die Unterstützung von Parteien nicht in erster Linie ausschlaggebend. »Es ist eine Persönlichkeitswahl.«

Tiefe Enttäuschung lag indes in den Gesichtern sämtlicher Lager, als es um die Wahlbeteiligung ging. 48,66 Prozent sind keine Seltenheit mehr im Kreisgebiet, in Staufenberg lag sie am Sonntag mit 49,86 Prozent nur marginal höher. Doch gerade angesichts drängender Probleme wie der dramatischen Personalsituation in der Stadtverwaltung war ein größeres Interesse der Bevölkerung erhofft worden. »Gemeckert wird viel. Gewählt wird wenig«, äußerte Wedemann seine Enttäuschung.

Bei der Stichwahl ist erfahrungsgemäß mit einer eher noch geringeren Wahlbeteiligung zu rechnen. Was den Ausgang der Stichwahl angeht, könnte sie im Rennen zwischen Wedemann und Dern für einen Unsicherheitsfaktor sorgen. FOTO: CON

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