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Verantwortung für Forelle und Co.

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Von: Thomas Brückner

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Neue Töne auf der Teichanlage Wetterfeld: Nachdem mit Kevin Pommerenke von Anfang 2020 bis letzten Herbst ein Franke das Sagen hatte, trägt nun ein Schwabe Verantwortung für Forelle, Saibling und Co. Christian Steinbuch, Fischwirtschafts- meister, führt seit einigen Wochen gemeinsam mit seiner Frau Yvonne Schneider den Betrieb.

Im September war’s, dass Dr. Michael Lierz, Eigentümer der Teichanlage Wetterfeld, plötzlich ohne Pächter dastand: Kevin Pommerenke hatte vorzeitig den Vertrag gekündigt. Nicht zuletzt aus betriebswirtschaftlichen Gründen. »Fischereilich«, so meinte er im GAZ-Gespräch, »ist Mittelhessen ein schlechter Standort.« Er verwies dazu auf die Schonung der gefiederten Konkurrenz aus Kormoran und Reiher: »Jeden Tag sind mir zwei, drei Kilo Fisch davongeflogen.«

Dass die »Konkurrenz« Standorttreue beweist, zeigt sich einige Monate später, beim Gang über die Anlage: Ein Silberreiher erhebt sich in die Lüfte, als Christian Steinbuch in die Hände klatscht.

Der 38-Jährige, er stammt aus der Nähe von Stuttgart, ist der neue Chef der Teichanlage. Bald nach dem Besuch eines agrarwissenschaftlichen Gymnasiums und der Bundeswehr hatte es ihn in die Fischerei gezogen. In Bayern erlernte er den Beruf, machte 2011 seinen Meister.

Nächste Station in Steinbuchs beruflicher Vita war Ilmenau, wo er freilich eine Anstellung in einem städtischen Naturschutzbetrieb annahm. Zwar nur im Nebenerwerb, war er da bereits seinem Faible gefolgt, hatte einen Handel mit »Besatzfischen« aufgebaut. Kunden waren Angelvereine, die die Jungtiere fürs Weiterzüchten kauften.

Seine Verbindung nach Wetterfeld nahm schon damals, also nicht erst mit der Anbahnung des Pachtverhältnisses im vergangenen Herbst, ihren Anfang: Kaum dass der studierte Tierarzt Lierz 2012 die traditionsreiche Fischzucht Janzen übernommen hatte, stand ihm Steinbuch häufiger mal mit fachlichem Rat zur Seite, half auch mal aus, wenn die Aufträge für die Laubacher zu groß geworden waren.

Man kannte und schätzte sich also. Und so kam es, dass Lierz vor fünf Jahren erstmals in Thüringen anklingelte: »Wie wäre es, ich suche einen Pächter?« Damals aber war Steinbuch noch bei der Stadt Ilmenau angestellt.

Doch gab er seinen Plan von der Fischerei nicht auf. »Spätestens seit zwei Jahren stand fest: Ich muss was Eigenes machen.« Das fand er mit einem Betrieb in Ostthüringen. Am 1. September 2021 war es endlich soweit, vollzog er den Schritt in die Selbstständigkeit.

Doch nur vier Wochen darauf rief Lierz bei ihm an, wieder auf der Suche nach einem neuen Pächter. Und diesmal, der neuen unternehmerischen Verantwortung nicht genug, nahm er das Angebot an.

Nach der Besichtigung in Wetterfeld brach die Familie ihre Zelte in Thüringen ab - tatsächlich war es ein neu gebautes Haus.

Also fährt der Neu-Wetterfelder nun zweigleisig, was aber kein allzu großes Problem sei. »Das in Thüringen ist ein reiner Karpfenzuchtbetrieb, der braucht kaum Pflege.« Meist in einem Wald- oder Feldteich mit natürlichem Zulauf eingesetzt, wüchsen die Jungfische mit Naturnahrung auf. Eintrag von Sauerstoff brauche es nicht, mithin keine Stromversorgung.

Also reicht es, wenn er einmal im Monat die zweieinhalb Stunden Fahrt auf sich nimmt und nachschaut. Zumal sich vor Ort ein Mitarbeiter um die Fütterung kümmert. Ganz anders verhält es sich bei Forellen, die in Wetterfeld den Schwerpunkt stellen. »Da bedarf es eines 100-prozentigen, dauerhaften Pflegeaufwandes«, betont der Geschäftsführer. Am Anfang steht der Ankauf sogenannter »Setzlinge«, also junger Regenbogenforellen, die sodann groß gefüttert werden. Zwar verfügt der Betrieb auch über eine Brutanlage, doch wird die für das Artenschutzprojekt von Michael Lierz benötigt (siehe Kasten).

In einem der 14 Teiche befindet sich die Kinderstube der Karpfen. Steinbuch entnimmt den Laich, füttert den Nachwuchs groß oder, wie es in der Fischwirtschaft heißt, »streckt ihn vor«. Nach vier Wochen wird abgefischt. Jetzt geht der Großteil der Jungkarpfen auf große Reise, zieht um auf die Anlage in Ostthüringen. Zwei Jahre später geht’s retour, meist als Speisekarpfen. »Der ist drei Jahre, bis er zu Weihnachten auf dem Teller landet, und dies mit einer perfekten Ökobilanz.«

Neben den zehn Speisefischarten, erwähnt seien hier nurmehr Stör, Saibling oder Zander, haben in Wetterfeld auch rund 20 Arten von Klein-, Zier- und Biotopfischen ihr Domizil. Darunter Rote-Liste-Arten wie Moderlieschen und Karausche. Der bei Gartenfreunden gerngesehene Goldfisch schwimmt ebenfalls im Vogelsberger Wasser, das die Lauter heranführt.

Gut angenommen, so Steinbuch am Ende, wird die Direktvermarktung von Frisch- oder Räucherfisch. Wobei im Hofladen oder demnächst auf Wochenmärkten nur regionale Ware angeboten wird. Seefisch kommt bei den Wetterfeldern also nicht in die Theke.

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