Und wieder Mediation
Bevor er eine Kündigung als rechtmäßig oder nicht beurteilt, unternimmt ein Arbeitsrichter den Versuch, die streitenden Parteien nochmals an einen Tisch zu bringen. Ob das nach drei konfliktträchtigen Jahren gelingt, das zeigt sich in diesem Frühling.
Im dritten Jahr schon sehen sich eine Erzieherin und ihr Arbeitgeber, die Stadt Staufenberg, vor Gericht und streiten um eine Versetzung, um zwei Abmahnungen, um die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses - doch Richter Michael Schneider vom Gießener Arbeitsgericht gibt die Hoffnung nicht auf. Am Ende des gestrigen Verhandlungstermins schlug er den beiden streitenden Parteien vor, doch noch einmal den Versuch zu unternehmen, die Konflikte beizulegen. Seine Idee: Ein ergebnisoffenes Mediationsverfahren. Professionell begleitet werden soll dies durch einen externen Mediator, der die Gespräche aller Beteiligten moderiert. Aufgearbeitet werden sollen dabei die Streitthemen, die der juristischen Auseinandersetzung zugrunde liegen. Die Würdigung rechtlicher Fragen bleibt dabei freilich außen vor.
Sowohl die gegen ihre Kündigung klagende Erzieherin als auch die Stadt signalisieren Zustimmung zu einem solchen Weg. Jedenfalls vorbehaltlich bestimmter Rahmenbedingungen. Der Staufenberger Magistrat muss einem solchen Verfahren angesichts der dadurch entstehenden Kosten zustimmen - für ein Trinkgeld ist das sicherlich nicht zu haben, Und: Alle Personen, die in den Konflikt involviert waren oder sind, sollen mitgenommen werden.
Was am Ende eines solchen Weges steht, das wird man sehen. Das kann eine Verständigung sein, mit der das juristische Verfahren beendet wird. Oder eben nicht. Dann wird der Rechtsstreit fortgesetzt und voraussichtlich im Juni vom Gericht entschieden. Denn zum 30. Juni 2022 hat die Stadt der Mitarbeiterin die Kündigung ausgesprochen respektive alternativ eine Aufhebung des Arbeitsvertrages vorgeschlagen. Die Frau ist seit August 2019 krankgeschrieben, seit sie von einer Kita in eine andere versetzt werden sollte. Sie legt seitdem immer wieder neue Krankmeldungen vor, teils auch kurzfristig. Dies beeinträchtigt den Betrieb in den Kindertagesstätten, legte der Rechtsbeistand der Stadt dar.
Die Stadt Staufenberg hatte ihrer Angestellten vor wenigen Monaten mitgeteilt, dass man sich besser trennt. Eben weil man das Arbeitsverhältnis als »erheblich belastet« ansieht und nach weit über zwei Jahren nicht mehr von einer guten Rückkehrprognose ausgeht.
Bürgermeister Peter Gefeller sprach gestern gar von einer »Zerrüttung« des Arbeitsverhältnisses, legte als Beleg dafür Scheiben von Erzieherinnen vor, die sich und ihre Arbeit von der nun klagenden Kollegin in ein schlechtes Licht gerückt sehen. Gegen ein Beendigen des Arbeitsverhältnisses setzt sich die Erzieherin aber zur Wehr, beteuert ihren Wunsch, arbeiten zu wollen.
»Es wäre gut gewesen, über die ganze Sache rechtzeitig Gespräche zu führen«, blickt Richter Schneider auf die im Laufe der Zeit verhärteten Positionen zurück. Und zwar schon gleich zu Beginn der Auseinandersetzung um die Versetzung: »Sie ist doch keine Buchhalterin, die man einfach an einen anderen Schreibtisch setzt«, bringt der Richter Verständnis auf für die Situation der Erzieherin angesichts ihrer Arbeit mit Kindern und deren Familien. Und unternahm nochmals einen Versuch, zu erörtern, was hinter dem Konflikt liegt, wie es zur ersten Abmahnung 2017 kam. Das wird aber letztlich auch Teil der Arbeit in einem Mediations-Verfahren in den kommenden Wochen sein - wenn ein solches wie vorgeschlagen zustande kommt.
Im parallel mittlerweile vor dem Landesarbeitgericht geführten Verfahren um die Rechtmäßigkeit der Versetzung der Erzieherin von einer städtischen Kita in eine andere war ebenfalls eine Mediation vorgeschlagen worden. Diese ist aber nicht umgesetzt worden.