Teuer wohnen: Trendwende im Immobilienmarkt erst 2024 erwartet

Obwohl weniger Immobilien verkauft wurden, bleiben die Preise auf dem gleichen Niveau. Eine Wende erwarten Experten erst 2024.
Gießen – Hohe Preise, seit dem Vorjahr nicht nur im Bausektor, und dazu steigende Zinsen - schlechte Zeiten für Häuslebauer. Der Mitte 2022 einsetzende Rückgang der Transaktionen auf dem Immobilienmarkt ist ein Indiz dafür. Noch aber verharren die Preise auf hohem Niveau, beim Bauland vor allem wegen des knappen Angebots. Immerhin: 2024 erwartet das Amt für Bodenmanagement auch im Gießener Land eine Trendwende.
Geht es um Entwicklungen des Immobilienmarktes, sorgen die Jahresberichte des Marburger Amtes für Bodenmanagement (AfB) für Transparenz. Ein Gutachterausschuss wertet hierfür sämtliche Eigentumsübertragungen aus, die in seinem Zuständigkeitsbereich - die Kreise Marburg-Biedenkopf, Lahn-Dill und Gießen (aber ohne die Städte Marburg und Gießen) - aktenkundig geworden sind.
Größerer Umsatz trotz weniger Verkäufen beim Immobilienmarkt im Gießener Land
Für 2022 stellt der Ausschuss zunächst einen Rückgang der Eigentumsübergänge insgesamt fest: 9058 Fälle bedeuten ein Minus von 10,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die größten Teilmärkte unbebaute Grundstücke, Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen addiert, stieg der Geldumsatz dennoch weiter an, um 3,8 Prozent auf 1,52 Milliarden Euro. Dies trotz rückläufiger Verkaufszahlen.
Übrigens: Die Zahl der Zwangsversteigerungen stieg um rund 22 Prozent - in absoluten Zahlen freilich nur von 73 auf 89 Fälle.
Abwärts ging es vor allem im Teilmarkt Wohnbauland, sank doch der Flächenumsatz in den drei Kreisen um 14 auf 30 Hektar. Der mittlere Quadratmeterpreis legte nichtsdestotrotz von 117 auf 155 Euro kräftig zu. Geringes Angebot und hohe Nachfrage, so die Gutachter, bestimmten eben den Preis.
Kreis Gießen folgt Trend der Umgebung
Seit letztem Sommer registrieren sie einen Rückgang der Grundstücksgeschäfte insgesamt. Was als erster Beleg für eine Zurückhaltung bei Bauherren wie Investoren und Folge von Inflation und Leitzinserhöhung erachtet wird. Anders als in anderen Regionen mit bereits rückläufigen Preisen aber sieht man in seinem Zuständigkeitsbereich die Trendwende noch nicht vollends angekommen. »Vermutlich zeigt sich eine solche Entwicklung erst im nächsten Jahr deutlicher.«
Zum Landkreis Gießen: Auch hier hat sich die Zahl der Eigentumsübertragungen insgesamt (vor allem Verkauf, aber auch Versteigerungen, Tausch etc.) verringert, sogar um 12,3 Prozent auf 2318 Fälle. Weiter nach oben ging es auch hier beim Geldumsatz: Für 954 unbebaute, 961 bebaute Grundstücke und 404 Eigentumswohnungen gingen 468,8 Millionen Euro über den Tisch - ein Plus von sogar 10,1 Prozent.
Nur die Wohnbaugrundstücke betrachtet, ähnelte der Trend jenem in den Nachbarkreisen: Die Zahl der Verkäufe sank binnen eines Jahres von 133 auf 67, der Flächenumsatz von 8,9 auf 4,4 Hektar. Zwar sank im Gießener Land auch der Geldumsatz, von 14,1 auf 7,6 Millionen Euro - der mittlere Quadratmeterpreis aber stieg weiter, legte gegenüber 2021 um 22 auf 174 Euro zu.
Auch im Landkreis Gießen wird Bauland eben immer knapper: So wird in nicht weniger als acht Kreisgemeinden für 2022 kein Verkauf ausgewiesen. Zweistellige Zahlen gab es nur in Grünberg und Hungen.
Kreis Gießen: Teuerste Quadratmeterpreise in Buseck
Wo war das knappe Bauland am teuersten? Die höchsten Preise für einzelne Parzellen wurden mit 324 Euro/qm in Buseck, die niedrigsten mit 40 Euro/qm in Grünberg aufgerufen. Was die mittleren Preise angeht, nimmt Langgöns mit 229 Euro/qm einen Spitzenplatz ein. Doch nur scheinbar, da der Gutachterausschuss erst bei zwei Kauffällen eine Angabe macht. Beim Mittelwert der letzten drei Jahre klärt sich das Bild: So wurden etwa in Heuchelheim im Schnitt 416 000 Euro aufgerufen.
Zum Teilmarkt Ein- und Zweifamilienhäuser: Im Zuständigkeitsbereich des Gutachterausschusses gab es bei den »Kauffällen« noch keinen Abwärtstrend, das Plus betrug 7,2 Prozent. Und: Der Geldumsatz stieg im Vorjahrvergleich um satte 100 Millionen auf 595 Millionen Euro.
Teuerste Immobilie in Lich veräußert
Wieder den Fokus auf den Kreis Gießen gelegt: Die Preise erhöhten sich auch hier, bei 622 Verkäufen (ein Plus von 14,8 Prozent) wuchs der Geldumsatz um 50,3 auf 220,9 Millionen Euro - ein überdurchschnittliches Plus von 29 Prozent. Ein Objekt kostete im Mittel 345 000 Euro - im Vorjahr waren es noch 306 000 Euro gewesen.
Klar: Der Erwerb eines »Häuschens« im Speckgürtel rund um Gießen kommt erheblich teurer als etwa im Ostkreis. Den Spitzenplatz nahm 2022 wieder Wettenberg ein, wo die Zahl der Kauffälle von 32 auf 84, der Geldumsatz von 13,3 auf 39,1 Millionen Euro hochschnellte. Nur folgerichtig, dass die Westkreisgemeinde auch beim Durchschnittspreis mit 460 000 Euro Rang eins einnahm. Mit 181 000 Euro im Mittel am günstigsten waren Häuser in Rabenau zu haben. Noch günstiger freilich wird es, geht man auf Randbereiche der Großgemeinden.
Was den Preis eines einzelnen Objekts angeht, nahm Lich mit 868 000 Euro die Pole Position ein. Wettenberg landete mit 762 000 auf Rang zwei. Die »rote Laterne« mit 30 000 Euro ging diesmal an Allendorf/Lumda.
Weniger Verkäufe auch im Kreis Gießen
Mit 1038 Kauffällen ist im Teilmarkt Wohnungs- und Teileigentum - wiederum zunächst auf den gesamten Zuständigkeitsbereich des Ausschusses bezogen - ein Rückgang von rund 11 Prozent zu verbuchen. Neu errichtet wurden 183 Eigentumswohnungen, statt 241 im Jahr davor. Der Geldumsatz sank um 13,5 Prozent auf 60,2 Millionen Euro, der Quadratmeterpreis wiederum stieg auch hier um 5,3 Prozent auf 3764 Euro. Beim Wiederverkauf wechselten 463 Objekte den Besitzer, stieg der Geldumsatz um 9,1 Prozent auf 74,8 Millionen Euro, der Quadratmeterpreis um 10,4 Prozent auf 2115 Euro.
Nur den Kreis Gießen betrachtet, wurden im Vorjahr 176 Wiederverkäufe von Eigentumswohnungen notiert (plus neun), lag der Geldumsatz bei 29,5 Millionen Euro (ein leichtes Minus von 51 000 Euro), kostete eine Wohnung im Schnitt 2289 Euro je Quadratmeter (plus 51 Euro). Die höchsten Quadratmeterpreise wurden in Fernwald mit im Schnitt 2993 Euro erzielt, die niedrigsten in Rabenau mit 1288 Euro. Bei den Preisen für ein einzelnes Objekt nahm mit 4308 Euro/qm Biebertal die Pole-Position ein. (Thomas Brückner)
Auch in Gießen selbst ist der Wohnungsmarkt stark umkämpft. Das merken auch Studenten – von Bafög ist eine Singlewohnung faktisch unbezahlbar.