Einheitliche Corona-Regelung in Kitas fehlt: Tests bleiben freiwillig

Für die Schüler in Hessen gibt es eine einheitliche Teststrategie - nicht aber für die Betreuung in Kindertagesstätten. Gleichwohl scheint die Zahl der Testungen der Kleinen in den Kitas hoch, wie eine Stichprobe zeigt.
Gießen - Montag ist Testtag, Mittwoch ebenfalls. Seit September schon bekommen Eltern für ihre Kita-Kinder in Linden für jede Woche zwei Lollitest-Kits mit nach Hause, um die lieben Kleinen auf Corona zu testen. »Das läuft hier recht gut«, sagt ein zufriedener Vater im Gespräch mit der »Allgemeinen«. Auch andernorts ist in den Kindertagesstätten vor Weihnachten das große Testen angelaufen.
Spätestens seit das Land Hessen im November dazu aufgerufen hat, auch in den Betreuungseinrichtungen bis zu dreimal in der Woche zu testen, hat die Sache einen Schub bekommen. Zumal das Land die Hälfte der Kosten für die kindgerechten Schnelltests übernimmt. Rund 461.000 Euro sind dem Landkreis Gießen dafür vom Land bereitgestellt worden, für die Stadt Gießen fast 227.000 Euro. Die andere Hälfte der Kosten, so will es Wiesbaden, sollen die Kommunen beisteuern.
Das Testen in den Kindergärten ist geboten, denn für die Jüngsten in der Gesellschaft gibt es kein Impf-Angebot. Dabei ist gerade deren Betreuung ganz oft mit engem Körperkontakt verbunden: Beim Wickeln, beim gemeinsamen Essen, beim Spielen, beim Vorlesen oder beim Trösten auf dem Schoß der Erzieherinnen.
Corona in Gießener Kitas: Akzeptanz für „Lolli-Tests“ ist hoch
Der Landkreis Gießen hat Ende November mehr als 85.000 Lolli-Tests geordert und in der Adventszeit an die Kita-Träger weitergereicht. In zehn der 18 Kommunen wird von dem Angebot Gebrauch gemacht. »Es war eine ganze Euro-Palette«, erinnert sich Rebecca Neuburger-Hees, Bereichsleiterin Kindertagesstätten bei der Lebenshilfe Gießen. Die Lebenshilfe betreibt mittlerweile in Stadt und Landkreis Gießen an 13 Standorten Kitas für rund 700 Kinder. Dort werden den Eltern zwei Tests in der Woche für den Nachwuchs zur Verfügung gestellt. Mit Erfolg: »Der Großteil der Eltern ist dankbar und glücklich«, berichtet Neuburger-Hees. Die Akzeptanz sei überaus hoch. Wobei sie auch weiß, dass es unter den Eltern, wie überall in der Gesellschaft, Corona-Leugner gibt, die Testen und Impfen verweigern.
Aber in exemplarisch befragten Kommunen klappt es mit den Tests ordentlich: In den kirchlichen und kommunalen Kindergärten in den Biebertal-Dörfern wurden vor Weihnachten zwei Tests je Kind und Woche an die Eltern ausgegeben. Das soll jetzt auf drei Tests in der Woche erhöht werden. Die Eltern testen den Nachwuchs idealerweise zu Hause, bevor die Sprösslinge in die Kita kommen. So soll vermieden werden, dass infizierte Kinder überhaupt erst in die Kita kommen. Die Eltern führen, so wie in der Schule, ein Testheft über die Ergebnisse. Ganz ähnlich wird es in Langgöns gehandhabt. Dort tragen die Eltern die Ergebnisse von drei Tests in der Woche mit Datum, Uhrzeit und Unterschrift in eine Tabelle ein. Klar ist dabei aber: Die Ergebnis-Dokumentation ist Vertrauenssache.
In Heuchelheim beispielsweise wird ebenfalls zweimal in der Woche getestet. Da gibt es seit September sogenannte Pool-Tests, organisiert in Zusammenarbeit mit einem Gießener Labor. Erfahrungen und Akzeptanz: »Gut«, sagt Bürgermeister Lars Burkhard Steinz. Und spricht von weit über 90 Prozent getesteter Kinder.
Gießen: Corona-Tests für Kita-Kinder weiterhin freiwillig - wenige bleiben ungetestet
Aber: Auch wenn die Testquote überall sehr hoch ist, werden eben nicht alle Kinder erreicht. Denn das Testen für den Kita-Besuch ist nach wie vor freiwillig. Familien, die sich aus welchen Gründen auch immer dagegen entscheiden, müssen keine Sanktionen fürchten. Auch deren Kinder werden weiter betreut. Kita-Träger können nur an die Eltern appellieren, zum Schutz ihrer Kinder (und ihrer selbst oder weiterer Angehöriger), regelmäßig und umfänglich von dem Testangebot Gebrauch zu machen.
Das Langgönser Rathaus beziffert den Anteil der ungetesteten Kita-Kinder auf unter zehn Prozent. In Biebertal geht Bürgermeisterin Patricia Ortmann von vielleicht 15 Prozent aus, genaue Zahlen werden noch erhoben. »Die Kommune darf mit den Tests keine zusätzliche Hürde zum Kita-Besuch aufbauen«, ist die Auffassung in der Wettenberger Sozialverwaltung; »Familien haben einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz«, erläutert Bürgermeister Thomas Brunner.
Diesen Rechtsanspruch mit dem »Hausrecht« außer Kraft zu setzen, weil ein Kind nicht getestet ist - da tun sich die Kita-Träger schwer. Dafür fehlt schlicht die rechtliche Grundlage. Und das Land Hessen hat bislang für Kindertagesstätten - anders als für Schule - keine einheitliche Test-Strategie auf den Weg gebracht (siehe Kasten). Dabei würde dies an der Basis, vor Ort, helfen und für Klarheit sorgen. »Wenn es eine einheitliche Regelung gäbe, dann würde ich das begrüßen«, sagt beispielsweise Rebecca Neuburger-Hees. »Das wäre das Optimum!«
Bis dahin setzen die Träger auf die Vernunft der Erziehungsberechtigten und werben über die Elternbeiräte für die Tests. Mit Erfolg. Wenn der Landkreis Gießen im Februar die nächste Charge Tests für die Kommunen ordert, dann wollen die Wettenberger ebenso wie Langgöns, Biebertal oder die Lebenshilfe auf jeden Fall wieder dabei sein. Das Land Hessen will auch bis zum Ende der Osterferien das Testen in den Kitas finanziell flankieren. (Rüdiger Soßdorf)
Die Position des Sozialministeriums
In den Kitas gibt es für Kinder keine Maskenpflicht, Kinder bis zur Einschulung brauchen keinen Negativ-Nachweis. Aber es gibt konstante Gruppen; offene und teiloffene Konzepte sind eingeschränkt. In der Kindertagesbetreuung wird nach wie vor auf die grundsätzliche Maskenpflicht für Fachkräfte verzichtet. Quelle: Land Hessen
Wie Quarantäne mit der ganzen Familie und kleinen Kindern aussehen kann, lesen sie hier.