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Teil des Stadtwalds als Wildnis?

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Von: Jonas Wissner

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Ob Lollar Waldflächen verkauft oder Nutzungsrechte abtritt, damit Wildnis entstehen kann, ist noch völlig offen. ARCHIVFOTO: GECK © Alexander Geck

Im Lollarer Bauausschuss war am Dienstag der »Wildnisfonds« Thema, die Stadt könnte sich an der Initiative des Bundes beteiligen. Doch noch sind viele Fragen offen, mehrere Kommunen müssten mitziehen.

Trockenheit, steigende Gefahr von Waldbränden, absterbende Bäume: Der Klimawandel bedroht auch heimische Wälder. Im Lollarer Bauausschuss wurde am Dienstag eine Möglichkeit aufgezeigt, um gegenzusteuern, biologische Vielfalt zu fördern und zugleich an Bundesmittel in beträchtlicher Höhe zu kommen: Jörg Schmidt, Leiter der in Wieseck ansässigen gemeinnützigen GmbH Waldakademie Hessen und Erlebnispädagoge, referierte als Gast über Perspektiven, die eine Beteiligung am vom Bund aufgelegten Programm »Wildnisfonds« aus seiner Sicht auch für die Stadt Lollar bieten würde.

Das Grundkonzept: Waldbesitzer, die Forstflächen verkaufen, tauschen oder das Nutzungsrecht abtreten, erhalten dafür den Verkehrswert der Fläche. Der Bund fördert dies im laufenden Jahr mit insgesamt 20 Millionen Euro. Ziel ist, auf mindestens zwei Prozent der Fläche Deutschlands künftig Wildnis entstehen zu lassen.

Die Idee sei im konkreten Fall, aus Teilen des Krofdorfer Forsts unter Beteiligung mehrerer Anrainerkommunen eine solche geschützte Fläche zu schaffen, so Schmidt. Auch in anderen Kommunen werde er zurzeit vorstellig. Im Kreis Gießen könnte neben Wettenberg und Lollar auch Biebertal einbezogen werden, außerdem angrenzende Kommunen in den Nachbarlandkreisen. Man könne das Areal dann gemeinsam betreuen, »damit der Wald eine Chance hat in diesen schwierigen Zeiten«.

Mindestens 1000 Hektar

Voraussetzung für die Förderung sei, dass ein zusammenhängendes Gebiet von mindestens 1000 Hektar Größe entstehe und stillgelegt werde. »Der Wald kann dort wachsen, wie er lustig ist«, sagte Schmidt und verwies auch auf positive Effekte für die Wasserspeicherung und Kühlung. Auch Staatsforst im Besitz des Landes könnte laut dem Pädagogen teils einbezogen werden, »wenn die Gemeinden sich einig werden«. Die Fördergelder könnten dann in eine Stiftung fließen, Stiftungserlöse wiederum etwa der Betreuung des Forsts zugutekommen.

Im Kreis Gießen gibt es schon erste Erfahrungen mit dem Wildnisfonds: Auf Forstflächen in Laubach und Hungen sind bereits über 1000 Hektar Wildnis entstanden. Aktuell wird, wie berichtet, dort über eine Erweiterung diskutiert.

Sollte es zu einer Umsetzung im Krofdorfer Forst kommen, brauche es dafür einen Masterplan - und diesen Prozess wolle man mit der Waldakademie gern moderieren, so Schmidt. Es gelte, in einem mehrjährigen Prozess »am großen runden Tisch« verschiedenste Gruppen einzubeziehen, etwa Förster, Jäger, Spaziergänger, Radler und Reiter. Denkbar sei, verschiedene Zonen auszuweisen, um diesen Gruppen jeweils gerecht zu werden. Auch der touristische Wert des Waldes lasse sich über den Wildnisfonds steigern, womöglich könnten auch Arbeitsplätze, etwa für Wald-Scouts, geschaffen werden.

Weiter informierte der Referent, dass laut einer groben Vorplanung etwa 200 Hektar des Lollarer Stadtwalds einbezogen werden könnten. Nach Beginn der Umsetzung mit einem Teil der Gesamtfläche habe man zehn Jahre Zeit, um die 1000 Hektar zusammenzubekommen. Die Wegesicherung werde in einem Nutzungsplan vereinbart, »das jagdliche Konzept ist verhandelbar«. Aus dem Ausschuss kam unter anderem die Frage, inwiefern die Waldakademie für die Betreuung des Prozesses qualifiziert sei. Man sei eine eingetragene Naturschutzorganisation, europaweit vernetzt und bringe fachliche Expertise mit, so Schmidt, »wir trauen uns das zu«. Wenn die Kommunen sich schnell einig würden, bestehe die Chance, dass noch dieses Jahr Geld fließe. Demnächst steht laut Schmidt ein Termin mit dem Wettenberger Bürgermeister an.

»Das ganze Projekt steht und fällt mit Wettenberg«, sagte Bürgermeister Dr. Bernd Wieczorek nach dem Vortrag, »insofern ist Eile noch nicht geboten«. Seine Empfehlung: »Ich würde es vom Tempo etwas entschleunigen und abwarten, wie Wettenberg sich entscheidet.«

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