»Verrat« oder faire Verteilung? Staufenberger Politik streitet über Anteile an Gewerbegebiet

Die Stadt Staufenberg soll nach dem Willen der Mehrheitsfraktionen ihren Anteil am Gewerbegebiet »Interkom« erhöhen. Die CDU widerspricht energisch und sieht einen Affront gegenüber dem neuen Bürgermeister von Ebsdorfergrund.
Am Ende stand ein deutliches Votum: Gegen die Stimmen der CDU hat der Haupt- und Finanzausschuss (HFA) am Dienstag dem Parlament empfohlen, den Staufenberger Gesellschafteranteil am Interkommunalen Gewerbegebiet »Interkom« bei Heskem-Mölln (Ebsdorfergrund) zu erhöhen - von 25 auf nun 27,5 Prozent zum Preis von 90 000 Euro. In der ebenfalls beteiligten Stadt Marburg hatte der dortige HFA, wie Staufenbergs Bürgermeister Peter Gefeller informierte, das gleiche empfohlen. Und in Ebsdorfergrund habe die Gemeindevertretung bereits am Montag den Verkauf der Anteile an die beiden Partnerkommunen beschlossen. Im Ergebnis wäre künftig eine Mehrheit gegen Ebsdorfergrund in der Versammlung möglich.
Zugleich nahm der Staufenberger HFA ein Schreiben der Interkom GmbH zur Kenntnis, wonach nun mehr als 60 Prozent der ersten Abschnitte vermarktet sind und damit das »Optionsrecht« ausgeübt, also die Entwicklung der Abschnitte drei und vier in Angriff genommen werden kann. Die Gesellschafterversammlung hatte dem zugestimmt.
Die Hintergründe dieser Vorlagen und Beschlüsse sorgten in der Sitzung am Dienstag für eine teils hitzige Debatte. Wilfried Schmied (CDU) unterstrich, dass er zwar 2019 seiner Fraktion die Beteiligung an Interkom empfohlen habe, - auch, weil interkommunale Gewerbegebiete seiner Überzeugung entsprächen. Doch damals sei vor allem der Krieg in der Ukraine samt wirtschaftlicher Folgen nicht vorhersehbar gewesen. Die Baumaßnahmen von Käufern würden sich nun »zwangsläufig« verzögern, ebenso erwartete Gewerbesteuereinnahmen. Er rechne damit, dass einige der Flächenkäufer nicht zeitnah bauen werden.
Schmied verwies auf die offensichtlichen Differenzen zwischen dem langjährigen Bürgermeister von Ebsdorfergrund, Andreas Schulz, und seinem gewählten Nachfolger Hanno Kern, der im Dezember übernimmt. Schulz habe im September in Staufenberg behauptet, Kern wolle die Abschnitte drei und vier nicht, daher werde er in seiner Amtszeit noch dafür sorgen, die Erweiterung auf den Weg zu bringen. Kern, so Schmied, habe via Presse daraufhin plausibel erklärt, dass er die Fortführung nicht ausschließe, aber erst einmal abwarten wolle.
Schmied rügte die »unfaire Attacke« von Schulz, »es wird seinen Abschied mit einem faden Beigeschmack verdüstern«. Gehe die Staufenberger Vorlage nun durch, dann würden die »Juniorpartner« Marburg und Staufenberg die Mehrheit halten. Der diesbezügliche Mehrheitsentscheid in Ebsdorfergrund sei »besonders töricht und schäbig«. Man könne ihn als »Verrat« sehen.
Auch habe er nun erfahren, dass weder Gefeller noch sein Marburger Amtskollege Dr. Thomas Spies bisher persönlich mit Kern gesprochen hätten. Schmied sprach von »Schmierentheater«. Zusätzliche 90 000 Euro seien für Marburg »Peanuts«, für Staufenberg aber »unerträglich viel«. Das Risiko erhöhe sich damit um zehn Prozent. Statt der »schädlichen Vorlage« zuzustimmen, solle man Konsens auf Grundlage des bisherigen Vertrags suchen.
Gefeller, sichtlich und hörbar erbost, konterte, Schmied habe mit der Rede »kein Glanzstück« gezeigt. Es seien schon rund 70 Prozent der Fläche verkauft - und es gebe ein Video von Kern, in dem er sich erneut von dem Interkom-Ausbau distanziere. Ein Gespräch mit Kern? »Herzlich gerne, aber das ist keine Einbahnstraße, das muss dann vielleicht auch mal von ihm kommen«, so Gefeller. Die beiden Städte würden nun nicht »majorisieren«, sondern schafften »eine paritätische Gleichheit«. Bei der Ausübung des Optionsrecht handle es sich um »Ansprüche, die wir haben«.
»Wir haben Sorge aufgrund der Aussagen des künftigen Bürgermeisters«, so Gefeller. »Wenn Sie hier nicht zustimmen, widersprechen Sie eindeutig den Interessen der Stadt Staufenberg.« Claus Waldschmidt (SPD) pflichtete ihm bei: Begriffe wie »töricht« und »schäbig« seien »eines langjährigen Kommunalpolitikers nicht würdig«. Schmied betreibe »Schwarzmalerei, die durch keine Fakten gestützt wird«. Der DAX eile »von Höhenflug zu Höhenflug«, man solle Interkom fortführen.
»Was kriegen wir für eine Gegenleistung?«, fragte Pascal Preis (CDU) mit Blick auf die 90 000 Euro. Sofern die Gesellschaft Gewinne erwirtschafte, würden sie gemäß der Anteile verteilt, so Gefeller, die Verteilung von Gewerbesteuereinnahmen ändere sich dadurch aber nicht. Den »Grundfehler«, dass man nicht schon zu Beginn des Projekts die Anteilsverhältnisse zwischen den Kommunen anders gestaltet habe, räume er »gerne ein«. Wichtig sei nun, dass »keiner die anderen blockieren« kann.
Roland Ehmig (FW) monierte die »Schlitzohrigkeit der Ebsdorfergrunder«. Deren Beschluss habe »ein Geschmäckle«, der Staufenberger Vorlage könne man aber zustimmen.