Ein echter Bewegungskrimi

Staufenberg (vh). So viel Schnelligkeit wie am Samstagabend ist auf der Kleinkunstbühne des Kulturcafés in Daubringen doch eher unüblich. Gerade erst trug Songschreiber Sven Görtz wahrhaft Besinnliches vor, da gab Micha Messermann nun einen richtigen Bewegungskrimi zum besten. Der Künstler aus Mainz hat vermutlich ein neues Genre erdacht, das nennt er Action-Kabarett.
Normalerweise bringt er sich derart in Rage, dass dabei sogar eine richtige Motorkettensäge in artistischer Manier umher wirbelt. Darauf verzichtete Messermann jedoch. Vielleicht hätte er ansonsten die Abhangdecke angeritzt oder den Rauchmelder ausgelöst.
Fragen und Summen
Er nennt sein aktuelles Programm »W@hrheit und andere Emotionen«. Das at-Zeichen hat er absichtlich mit dem »a« getauscht. Es steht, grob gesagt, für das Internet, soziale Medien, für Neuigkeiten und Kommentare, die jedermann dort einstellen kann. Fake News (gefälschte Nachrichten) scheint ja das Unwort dieser Tage zu sein, gerade hinsichtlich Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine. Messermann: »Wahrheit ohne Internet ist nicht mehr vorstellbar.« Dann fragt er rhetorisch, was denn passiere, »wenn du jahrelang deine Wahrheit von ›Russia Today‹ erhältst«. Manchmal sitzt der Komiker auf einem Holzmöbel, doziert vergangene Wahrheitsskandale, etwa die Bremer BAMF-Affäre 2018. Der damaligen Leiterin der Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge waren vermeintliche Gesetzesverstöße angelastet worden. In solchen Momenten lauschte das Publikum betroffen. Dann wiederum wirbelte Messermann wild gestikulierend quer über die Bühnenbreite, verlor sich in einen Redeschwall, schilderte sinnlos erscheinende Ereignisse (etwa Bill Gates nackt im Pool) und verknüpfte diese wahrhaft zusammenhangslos.
Regelmäßig betrat er rechts außen die imaginäre Computer-Bude des allwissenden Mark Zuckerberg, um den ganzen Gedankenschrott für die Follower zu posten.
Bei den Mitmachpartien stellte er »Summfragen«: Messermann attackierte das Publikum mit Fragen - wer zustimmen konnte, summte. Nach der Bedeutungsschwere einer Frage richtete sich die Summlautstärke. Gute Ratschläge hatte er auch, etwa: »Lasst uns gegenseitig beim Denken helfen, nicht beim Verwirren.« Für Verschwörungstheoretiker hatte er einen starken Satz übrig: »Die ›Flache-Erde-Gemeinschaft‹ hat Anhänger rund um den Globus.« Schließlich jongliert er noch mit reflektierenden Sicheln und bunten Kegeln. Herrliche Unterhaltung!