Die 42,1-Kilometerwanderung auf den Hoherodskopf, die alles veränderte

Es war eine Schnapsidee: Eine Gruppe Treiser wollte vor 40 Jahren auf den Hoherodskopf wandern. Sie zogen es durch. Mit dabei war Hans-Gerhard Wimmel.
Im Jahre 1995 lief der Film »Der Engländer, der auf einen Hügel stieg und von einen Berg herunterkam« in den Kinos. Sollte Hollywood mal Stoff für einen neuen Film suchen, würden sie im Lumdatal fündig. Dieser könnte dann den Titel »Der Kasseläner, der in Straßenschuhen auf den Hoherodskopf stieg und als Treiser herunterkam« tragen.
Ende 1977 zog der Kasseläner Hans-Gerhard Wimmel berufsbedingt nach Treis an der Lumda. Damals galt, was in vielen Dörfern (und auch Städten) noch heute gilt »Biste da net geboren, biste zugezochen, egal wie lang de da wohnst«. Wimmel wollte in Treis jedoch nicht nur wohnen, sondern auch leben und gerne Treiser werden. Nur lässt sich der Geburtsort nachträglich nur schwer ändern...
Dann kam der 17. Mai 1980. Wimmel kam mit politisch gleich Interessierten und neuen Freunden im Dorf ins Gespräch. Aus einer Schnapsidee heraus wurde beschlossen, von Treis auf den Hoherodskopf zu wandern. Und der Plan wurde umgesetzt!
42,1 Kilometer: Wanderung brachte Kasseläner in die Dorfgemeinschaft
»Die Truppe bestand aus sehr ungleichen Typen und bestritt die Ganztageswanderung quasi nach einem Kneipenaufenthalt in der Treiser Dorfstammkneipe mit Straßenschuhen«, berichtet sein Sohn Christian Wimmel. Tatsächlich handelt es sich um die Marathondistanz von 42,1 Kilometern, fragt man GoogleMaps nach dem kürzesten Fußweg. Nur wird ein Marathon in der Regel nicht mit Ziel auf einen 750 Meter hohen Berg gelaufen. Mit von der Partie war auch Hund Lotte, ein Mix aus Schäferhund/Schnauzer/Rauhaardackel und drei Jahre alt.
Die Mammutwanderung auf den zweithöchsten Gipfel des Vogelsbergs lohnte sich - nicht nur wegen der Aussicht: Wimmel war ab diesem Moment Teil des Vereins- und Dorflebens. »Seit dem ist mein Vater, auch nach seinem Umzug nach Allendorf Lumda, aus den Kneipengesprächen und dem dörflichen geschehen des Örtchens Treis nicht mehr wegzudenken«, schreibt uns sein Sohn Christian. Auch Lotte war danach im Dorf »bekannt wie ein bunter Hund« - im positiven Sinne.
Wiederholung der Marathon-Wanderung
Einige der damaligen Wanderer sind ebenso wie Lotte längst gestorben, aber nicht vergessen. In Erinnerung an die besondere Wanderung beschloss nun Christian Wimmel, die Tour zu wiederholen. Zusammen mit seiner Lebensgefährtin und dem Mann der besten Freundin brach der 37-Jährige auf. Selbstverständlich durfte ein Hund nicht fehlen: Diesmal begleitete »Fine« die Wanderung. Startpunkt war vor der Kneipe »Guter Born. Um 8 Uhr ging es los, längere Pausen erfolgten in Grünberg, Freienseen und beim Petershainer Hof. Um 20.30 Uhr kamen die Wanderer schließlich auf dem Gipfel an. Aufgrund der Ausgangssperre konnten sie diesen Erfolg nur kurz feiern. Dennoch war es für alle ein besonderer, unvergesslicher Moment.
»Das Lumdatal und speziell die Region Treis /Allendorf sind unsere Heimat«, sagt Christian Wimmel. »Dieses Gefühl von Heimat und regionaler Verbundenheit erfüllt mich mit Stolz.« Es sei Heimat für viele »Zugezochene« geworden.
Heimat ist da, wo man sich wohl fühlt. Da ist es egal, wo man geboren ist. Würde man nur nach dem Geburtsort gehen, gebe es bald ja sowieso fast nur noch Licher und Gießener... pad/FOTOS: PM