Stadtführung statt Bärtzebürger

Allendorf/Lumda (vh). Im zweiten Jahren in Folge muss Allendorf wegen der Corona-Pandemie auf den traditionellen Nikelsmarkt verzichten. So lange konnte auch kein »Bärtzebürger« (Ehrenbürger) ernannt werden. Dass ausgerechnet der 650. Nikelsmarkt, der schon 2020 anstand, auch in diesem Jahr nicht zustande kommt, dieser Zustand erschien manchen jedenfalls unerträglich.
Und so hatten rührige Menschen für den gestrigen Sonntag ein recht umfangreiches Ersatzprogramm organisiert, quasi als Trostpflaster. Was die Arbeitsgemeinschaft Heimatgeschichte Allendorf und der Lumdatalbahn-Verein auf die Beine gestellt hatte, konnte sich sehen lassen. Sowohl die Allendorfer als auch ihre Gäste nahmen das Angebot dankend an.
Ein irreführendes Schild
In Reunings Halle der Kunst stellen hiesige Hobbykünstler ihre Werke aus, meist Gemälde und Fotografien. Bis kommendem Sonntag, 7. November, dem Abschlusstag des Nikelsmarktes, wenn er denn stattgefunden hätte, können die Kunstwerke noch besichtigt werden.
Aussteller sind Horst Geist, Heidrun Becker, Irmgard Wiessner, Carolin Käs, Fotogruppe im Kulturring, Natalie Rohrbach-Fast und Karl Heinz Leinweber. Außerdem wird die kürzliche Vergabe des Hessischen Denkmalschutzpreises an die Arbeitsgemeinschaft noch einmal aufgezeigt. Überdies sind alte Ansichtskarten sowie Stadtpläne und Flurkarten zu bestaunen. Auf einer Ansicht der Kreuzung Bahnhofstraße/Treiser Straße etwa erkennt man das alte Rathaus. Darin gab es damals einen Gefängnisraum.
Zwei Gruppenführungen durch die historische Altstadt mit jeweils 30 Menschen unternahm Edgar Reinhard als Apotheker Reinhold Welker. Mit dabei waren auch Bürgermeister Thomas Benz und die Marktfrauen Ursula Hofmann und Renate Becker. Reinhard versetzte die Teilnehmer ins Jahr 1902 zurück. Von der Grundschule aus verlief der einstündige Rundgang an der ehemaligen Oberpforte entlang durch die Hainmauergasse zum Mühlgraben, wo einst das Brauhaus und die Stadtmühle standen. Weiter ging es auf der Rahmengasse und Hintergasse zum ehemaligen Untertor an der heutigen Bushaltestelle Treiser Straße.
Reinhard korrigierte den durch ein Schild dokumentierten Irrtum, das vermeintliche Torwächterhaus habe tatsächlich auf der anderen Straßenseite gestanden. Das alte Fachwerkhäuschen mit dem Schild habe dem Wächter lediglich als Warenlager gedient.
Über die Kirchstraße ging es weiter zur evangelischen Kirche und von der Marktstraße zum Künstlerhof Arnold. Unweit davon sei 1845 die erste Apotheke (Wilhelm Welker) eröffnet worden, etwas später auch der erste Arzt.
In der Bahnhofstraße hatten mittlerweile die ansässige Gastwirtschaft ihre neu gestaltete Außenterrasse (jetzt überdacht) und das Café Lebenslust schräg gegenüber seine Kuchenbar und den Außenbereich freigegeben. Im Gaststätten-Garten gab der Spielmannszug der Freiweilligen Feuerwehr Hessenpunsch und Kinderpunsch aus.
Auf der Terrasse unterhielten Frank Mignon (E-Piano) und Anita Vidovic (Gesang) die Gäste. Zudem moderierte Mignon den wegen der vermeintlichen Langatmigkeit des Themas (Reaktivierung der Lumdatalbahn) leicht satirisch gemeinten Talk. Landrätin Anita Schneider gab Auskünfte.

