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So soll sich Allendorf (Lumda) unter den Bürgermeisterkandidaten entwickeln

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Von: Jonas Wissner

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Am 12. Februar entscheiden die Wähler in Allendorf (Lumda), wer ab dem 1. Juli als Bürgermeister ist. Die Kandidaten beziehen Stellung zu wichtigen Fragen.

Allendorf (Lumda) - Für Amtsinhaber Thomas Benz (FW), der auch von der CDU unterstützt wird, oder Herausforderer Sebastian Schwarz (SPD), für den sich auch die Grünen aussprechen, müssen sich die Wähler in Allendorf (Lumda) im Kreis Gießen am Sonntag, 12. Februar, entscheiden. Im Folgenden äußeren sich beide vom Zustand der Straßen über die Energiewende bis hin zu den städtischen Finanzen.

Rathaus in Allendorf (Lumda)
Wer zieht ab dem 1. Juli in das Allendorfer Rathaus ein? Die Kandidaten beantworten acht wichitge Fragen © jwr

Schlechte Straßensituation in Allendorf - Wie wollen die Kandidaten das Problem lösen?

Sie beide nennen den teils sehr schlechten Zustand der Straßen in der Kommune als ein gravierendes Problem. Was ist Ihr Plan, um möglichst schnell zu Verbesserungen zu kommen?

Benz: „Wir arbeiten bereits an einem Straßenzustandskataster, das die Grundlage dafür sein wird, Straßen zu sanieren beziehungsweise, falls nötig, Grundhaft zu erneuern. Dafür müssen wir auch die Zustände der darunter liegenden Kanäle kennen. Nur so lässt sich eine Reihenfolge erstellen, die dann mit den zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln sinnvoll abgearbeitet wird. Dabei werden wir nicht nach Stadtteilen vorgehen, sondern ausschlaggebend ist ausschließlich der Zustand der maroden Straße. Es sei noch der Hinweis gestattet, dass die Ortsdurchfahrten in der Zuständigkeit von Hessen Mobil liegen.“

Schwarz: „Im Januar haben wir eine weitere »Kleine Anfrage« zur L3146 – Ortsdurchfahrt Allendorf (Lumda) – vorbereitet, welche von der Landtagsabgeordneten Nina Heidt-Sommer am 11. Januar 2023 gestellt wurde. Zu finden ist diese unter »Drucksache 20/9831« des Hessischen Landtages. Jetzt warten wir auf die Antwort der Landesregierung. Für alle anderen Straßen gilt es, eine Prioritätenliste aufzustellen. Ein Straßenzustandskataster wurde bereits in der Bauausschusssitzung am 31. Mai 2021 vorgestellt, aber leider nicht weiterverfolgt.“

Wie wollen die Bürgermeisterkandidaten bezahlbarer Wohnraum für alle Allendorfer schaffen?

Auch in Allendorf und den Stadtteilen ist bezahlbarer Wohnraum teils schwer zu finden. Zugleich gibt es Baulücken und Leerstände. Welche Ideen haben Sie, um daran etwas zu ändern?

Benz: „Baulücken im Stadtbereich zu schließen, ist ein schwieriges Unterfangen, da die Besitzer nicht bereit sind, diese potenziellen Bauplätze zu verkaufen. Anreize, um Leerstand zu beheben, will ich mithilfe unseres Klimaschutzmanagers oder der Gesellschaft für sozialen Wohnungsbau (SWS) aktiv angehen. Der SWS sind wir genau aus diesem Grund beigetreten, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und Förderungen für erhaltenswerte Bausubstanzen den Eigentümern zugänglich zu machen.“

Schwarz: „Die Thematik des bezahlbaren Wohnraums wird nur durch eine zukunftsweisende städtebauliche Planung für all unsere Stadtteile zu lösen sein. Diese befasst sich nicht nur mit der Ausweisung von Neubaugebieten, sondern widmet sich auch der Bestandsbebauung. Außerdem ist es in meinen Augen zwingend notwendig, dass sich Allendorf für das Förderprogramm »Hessische Dorfentwicklung« bewirbt. Es bietet Chancen, für unsere Heimat den örtlichen Charakter zu bewahren und gleichzeitig die modernen Anforderungen anzunehmen.“

Allendorfer Kitas stehen vor großen Problemen - Ausbau und mehr Personal als Lösungsvorschläge

Was sehen Sie derzeit als größte Herausforderung im Kita-Bereich – und wie wollen Sie diese angehen?

Benz: „Die größten Herausforderungen im Kita-Bereich haben wir zum größten Teil abgearbeitet: Um- und Ausbau der Kita in Allendorf/Lumda, Schaffung einer Waldkita in Nordeck, Ausbau der Außenanlagen beider Kindergärten. Wir sind als eine der wenigen Kommunen im Kreis in der Lage, sofort Kinder in unsere Kitas aufzunehmen – ohne Warteliste. Eine Herausforderung wird die Aufteilung der (Kita-)Gebühren in der Zukunft sein. Hier sehe ich Bund und Land in der Pflicht, uns zu unterstützen. Der städtische Zuschuss beläuft sich auf über 1,5 Millionen Euro für das Haushaltsjahr 2023.“

Schwarz: „Meiner Ansicht nach liegt die größte Herausforderung im Bereich des Personals – Stichwort Fachkräftemangel. Es gilt hier, weiterhin mit dem Betreiber im stetigen Austausch zu stehen, um auf die auftretenden Neuerungen und die daraus resultierenden Situationen hinreichend reagieren zu können. Bei weiteren Gesprächen während meiner Hausbesuchstour bin ich auch oft auf die Öffnungszeiten – besonders bezogen auf den Morgen – angesprochen worden. Auch diese Fragen sollten wir mit dem Betreiber klären.“

Energiewende in Allendorf? Beide Kandidaten setzten auf nachhaltige Energie

Mit der Errichtung von drei Windrädern auf einer städtischen Fläche soll die Energiewende jetzt auch in Allendorf (Lumda) in Gang kommen, die Kriterien für die Vergabe an einen Projektierer sind festgelegt. Wo und wie wollen Sie darüber hinaus die Nutzung erneuerbarer Energien durch die Kommune voranbringen?

Benz: „Mit unserem Klimaschutzmanager haben wir alle städtischen Gebäude dahingehend überprüft, ob die Installation von Photovoltaikanlagen möglich ist. Die Kläranlage wird 2023 eine Erweiterung der PV-Anlage erhalten, um nachhaltig Strom für den Eigenbedarf zu produzieren. Ebenso ist eine Anlage auf dem Bürgerhaus Climbach geplant. Im Haushaltsentwurf wurde ein sechsstelliger Betrag eingestellt, um die Straßenbeleuchtung auf LED umzustellen. Bei zukünftigen (Bau-) Projekten ist zwingend darauf zu achten, nach neuesten energetischen Standards zu bauen beziehungsweise zu sanieren.“

Schwarz: „Bei unseren Gebäuden und Liegenschaften müssen wir eine sachliche Kosten-Nutzen-Bewertung vornehmen: In welchem Zustand ist die Heizung? Wie ist der Energieverbrauch? Welcher Energieträger ergibt Sinn? Wo gibt es Einsparmöglichkeiten? Ist eine Sonnenunterstützung möglich? – um nur einige Fragen zu nennen. Anschließend können wir eine Entscheidung in die eine oder andere Richtung treffen. Beispielsweise scheint im Sommer auf das Dach des Kindergartens in Nordeck/Winnen fast den ganzen Tag die Sonne.“

Allendorfer Finanzen in angespannter Lage - Einnahmen müssen gesteigert werden

Die städtischen Finanzen sind traditionell angespannt, die Grundsteuer-Hebesätze in Allendorf (Lumda) vergleichsweise hoch. Zugleich stehen dringende Infrastrukturprojekte an, etwa in Sachen Rathaus. Worauf kommt es nun an, damit die Stadtfinanzen nicht aus dem Ruder laufen?

Benz: „Durch die Entwicklung der städtischen Windenergieflächen streben wir eine möglichst hohe Beteiligung an den Erträgen an. Das geschieht durch Bereitstellung der Infrastruktur sowie Verpachtung unserer Fläche. Durch eine zügige Entwicklung des Gewerbegebietes an der A5 erwarte ich eine kontinuierliche Steigerung unserer Gewerbesteuereinnahmen. Außerdem durch die zielgerichtete Ausschöpfung aller möglichen Fördermittel. Auch ist hier der Landes- und Kreisausgleichsstock zu nennen, der gegebenenfalls in Anspruch genommen werden kann.“

Schwarz: „Das Wichtigste ist natürlich, zunächst alle Ausgabepositionen kritisch zu bewerten. Darüber hinaus muss die Einnahmenseite stabilisiert werden, ohne den Einzelnen stärker als bisher zu belasten. Dies ist nur möglich, wenn sich die Zahl der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler erhöht. Zum einen durch Ausweitungen der Gewerbeflächen in Allendorf, auch die Möglichkeit für ein eigenes Häuschen muss geschaffen werden. Und ganz essenziell ist, die zur Verfügung stehenden Fördertöpfe wesentlich stärker zu nutzen.“

Stadt Allendorf als Arbeitgeber - Benz: „Wir müssen attraktiv bleiben, um Stellen zu besetzen“

Die Stadtverwaltung ist eher dünn besetzt und an der Kapazitätsgrenze, doch die Aufgaben nehmen tendenziell zu. Wie wollen Sie die Verwaltung personell besser ausstatten – trotz Fachkräftemangels und interkommunaler Konkurrenz bei der Personalsuche?

Benz: „Wir müssen als Arbeitgeber attraktiv bleiben. Bei der Schaffung von neuen Stellen und Stellenneubesetzungen muss man Anreize wie zum Beispiel das bei uns schon angebotene E-Bike-Leasing schaffen, damit man nicht von finanzstärkeren Kommunen abgehängt wird. Ebenfalls kann man durch Ausbildung dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Angebote von Weiterbildungen für unsere Mitarbeiter, um sich weiterzuqualifizieren, sind für mich selbstverständlich und werden von mir natürlich unterstützt.“

Schwarz: „Mit das Erste, was ich dem Parlament vorlegen möchte, ist die Schaffung eines Ausbildungsplatzes. Wir können uns doch nicht andauernd über Fachkräftemangel beschweren, ohne den Versuch zu starten, selbst einem jungen Menschen einen Arbeitsplatz zu bieten. Außerdem müssen wir uns als Arbeitgeber attraktiver machen. Wir müssen nach Möglichkeiten schauen, die sich positiv für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gestalten und auf der anderen Seite bezahlbar sind – möglich wäre ein Anreizsystem oder betriebliche Gesundheitsvorsorge. Aber um hier etwas zu verändern, müssen erst die Mitarbeiterinnengespräche geführt und darauf aufbauend der Markt sondiert werden.“

Allendorfer Kandidaten werben mit Transparenz - Schwarz: „Ich möchte Bürgersprechstunden anbieten“

Sie beide schreiben sich auch »Bürgernähe« und »Transparenz« auf die Fahnen. Wie wollen Sie das konkret erreichen?

Benz: „Ich gehe dorthin, wo die Menschen sind (und das nicht nur in Wahlkampfzeiten), zu Vereinen, Institutionen und deren Veranstaltungen. Ich bin ein Vereinsmensch, habe jahrelang in Vorständen mitgewirkt, bin Mitglied in mehreren Vereinen. Auch im Alltag sollte man Bürgernähe zeigen. Durch meine regelmäßigen Bürgersprechstunden in den Ortsteilen weiß ich, wo der Schuh drückt. Transparenz muss man leben – Dinge kommunizieren. Das haben mir die letzten fünf Jahre gezeigt. Man darf auch keine unhaltbaren Versprechen machen – das ist nicht mein Ding.“

Schwarz: „Ich werde an den Themenabenden »Kleinstadt der Zukunft« festhalten und hier weiterhin Themen, die unsere Heimat betreffen, vorstellen, um mit den Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch zu kommen. Projektbezogene Informationsveranstaltungen kommen hinzu. Es gilt, immer dann auf aktuelle Ereignisse zu reagieren, wenn es nötig ist. Agieren möchte ich im Bereich der Bürgersprechstunden. Diese werde ich nach erfolgreicher Wahl regelmäßig durchführen, auch in den Stadtteilen. Geplant ist zusätzlich eine jährliche Ortsbegehung in den einzelnen Stadtteilen.“

An diesen Projekten wollen sich die Allendorfer Bürgermeisterkandidaten messen lassen

An der Umsetzung welcher zwei Projekte wollen Sie sich in sechs Jahren messen lassen?

Benz: Ein großes Augenmerk wird auf die Infrastruktur (etwa Bürgerhäuser, Straßen, Friedhöfe) zu richten sein. Dies müssen wir aktiv angehen, um unsere Stadt lebenswert zu halten. Den Bau eines Seniorenstifts – einer Einrichtung, in der vom selbständigen Wohnen bis zur vollstationären Versorgung alles möglich ist – wünsche ich mir. Dafür will ich mich einsetzen. Ich möchte betonen, dass dies nicht im Widerspruch zur angedachten Tagespflegeeinrichtung des Projekts »Altstadthöfe« steht. Ich bin mir sicher, man kann das Eine tun, ohne das Andere zu lassen.

Schwarz: Ich nehme jetzt nicht zwei schnell zu erledigende Projekte, wie beispielsweise die Aktualisierung der städtischen Homepage im Bereich Gewerbe und Vereine sowie die Einführung eines Willkommenskorbes für Neubürgerinnen und Neubürger, sondern die Teilnahme am hessischen Förderprogramm »Dorferneuerung« und zukunftsbringende Investitionen in die Infrastruktur (Straßen und Gewerbefläche in Allendorf). (Jonas Wissner)

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