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Simpel und effektiv

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Von: Gabriele Krämer

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Ein Pilotprojekt zur Belüftung von Klassenräumen hat so überzeugende Resultate eingefahren, dass die dabei eingesetzten Abluftventilatoren- systeme nun in 94 Räumen an 23 Schulstandorten im Landkreis Gießen installiert werden sollen. Das wird 618 000 Euro kosten. Das ist nicht die einzige Investition auf diesem Gebiet.

Der Ventilator springt an, die Lüftungsklappen öffnen sich - in den nächsten drei, vier Minuten surrt die hoch über einem Fenster angebrachte Apparatur kaum hörbar vor sich hin. Ein gekipptes Fenster und eine vergleichsweise kleine Apparatur, die verbrauchte Raumluft nach außen befördert und gleichzeitig für frischen Sauerstoff im Klassenzimmer sorgt - das Prinzip des von der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) weiterentwickelten Abluftventilatorensystems ist ebenso simpel wie effektiv.

Das bestätigt ein Pilotprojekt, das die THM in Kooperation mit dem Landkreis Gießen umgesetzt und nun quasi zur »Serienreife« gebracht hat.

Seit Herbst 2021 wurden insgesamt sieben Klassenräume an der Gesamtschule Hungen (GesaHu), den Grundschulen in Langsdorf und Launsbach sowie an der Clemens-Brentano-Schule in Allendorf/Lumda mit dem System ausgestattet und einem Praxistest unterzogen. Dabei stellte sich heraus, dass der Einsatz der Abluftventilatoren eine effektive Maßnahme ist, um eine gute Belüftung der Klassenräume sicherzustellen. Gleichzeitig bestätigten die Messergebnisse, dass es trotz eines kompletten Luftaustauschs im Raum zu keinem nennenswerten Temperaturabfall kommt und die einströmende frische Außenluft auch in Fensternähe nicht zu Unbehaglichkeit führt.

Praxistest bestanden

Wie sich das konkret darstellt, wurde am Donnerstagnachmittag beim Ortstermin an der GesaHu - auch mittels Einsatz einer Nebelmaschine - eindrucksvoll demonstriert.

»Das subjektive Empfinden ist gut. Und es ist sogar noch leiser, als würde man ein Fenster öffnen«, gab Schulleiterin Alexandra Kuret die Erfahrungen von Schülerschaft und Kollegium wieder.

Das System arbeitet mit einem CO2 -Sensor, der die Luftqualität im Klassenraum permanent überwacht und beim Überschreiten eines vorher eingestellten Grenzwertes automatisch ein Fenster ankippt und den Abluftventilator startet. Das System hat sich nach Ansicht von Bau- und Schuldezernent Christopher Lipp im Praxistest bewährt: »Es ist effektiv, zeichnet sich durch ein niedriges Betriebsgeräusch aus und hat lediglich geringe Folgekosten - nämlich Kosten für den Strom.« Der Aufbau besteht im Grunde aus fünf, sechs Komponenten. »Massenware, die man bei jedem Fachhandel anschaffen könnte«, heißt es. Genau dieser Aufbau kann nun im Schulbereich verbaut werden, denn die Zertifizierung durch einen TÜV-Sachverständigen ist bereits erfolgreich abgeschlossen.

Für Prof. Hans-Martin Seipp, der das Abluftventilatorensystem mit seinem Kollegen Prof. Thomas Steffens und dem Team vom Fachbereich Life Sience Engineering der THM weiterentwickelt und das Pilotprojekt des Landkreises eng begleitet hat, steht fest, dass der Probebetrieb ein voller Erfolg ist: Die Ergebnisse bestätigten die positiven Erfahrungen, die bereits an Schulen im Werra-Meißner-Kreis und im Münsterland mit dieser Lüftungstechnik gesammelt wurden. Seipp: »Wir sind überzeugt, dass unser Konzept auch außerhalb der Pandemie einen Beitrag für konzentriertes Lernen in einer gesünderen Atmosphäre leistet.«

Nun soll das Abluftventilatorensystem an 23 Schulstandorten in insgesamt 94 pädagogisch genutzten Räume eingebaut werden. Die Arbeiten sind ausgeschrieben und werden voraussichtlich noch vor den Sommerferien beginnen.

Insgesamt wendet der Landkreis für die Installation dieser systeme rund 618 000 Euro auf. Die geschätzten Kosten pro Klassenraum liegen zwischen 5000 und 6500 Euro. Damit nicht genug: Für 2022 sind zudem Investitionen in Höhe von rund 3,6 Millionen Euro für die Neuinstallation von Lüftungsanlagen an 15 weiteren Schulen vorgesehen. Dafür wurden Fördergelder des Bundes in Höhe von rund 2,7 Millionen Euro beantragt. Förderzusagen über rund 1,95 Millionen Euro liegen bereits vor.

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