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Sicher in die Schule

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Von: Rüdiger Soßdorf

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Schüler queren in Krofdorf-Gleiberg die Kinzenbacher Straße auf ihrem Weg zur Grundschule. Der Überweg dort wird von etlichen Eltern als nicht unproblematisch angesehen. © Ruediger Sossdorf

Verkehrshelfer, auch Schülerlotsen genannt, sollen ab September den Schulweg in Krofdorf- Gleiberg sicherer machen. Möglich wird dies dank des hartnäckigen Engagements eines Vaters.

Diese Worte stammen vom Elternabend in der Klasse 1b in der Krofdorfer Grundschule im September 2009: »Viel zu gefährlich.« Oder: »Da muss unbedingt was passieren, bevor was passiert!« Und: »Warum stellt die Gemeinde denn da keine Ampel hin?« Jetzt, im Juni 2022, ist die Situation an neuralgischen, von Eltern als gefährlich eingestuften Punkten unverändert.

Dabei ist Krofdorf kein Einzelfall: Wahrscheinlich können Eltern an allen 40 Grundschulen im Landkreis die eine oder andere Stelle auf dem Schulweg benennen, die sie als unübersichtlich, als gefährlich einschätzen.

Denn die Grundschüler sind gerade morgens zeitgleich mit dem Berufsverkehr unterwegs. Es ist das Zeitfenster zwischen 7 und 8 Uhr. Hinzu kommt, dass es im Herbst und Winter dann auch noch dunkel ist. Manche Schüler sind in den Dörfern mit dem Roller oder mit dem Rad unterwegs, viele zu Fuß, allein oder in kleineren Gruppen. Dann müssen die Kinder Straßen queren, auch lokale Verkehrsachsen.

Wieder das Beispiel Krofdorf-Gleiberg: Eine kräftiger frequentierte Straße ist die Wißmarer Straße. An der Ecke Hauptstraße gibt es einen Zebrastreifen. Es gilt Tempo 30, doch die Sichtbeziehungen sind nicht immer optimal. Oder der Überweg in der Kinzenbacher Straße. Gerade dort, wo Hauptstraße, Burgstraße Wetzlarer Straße und Kinzenbacher Straße aufeinanderstoßen, liegt eine von Eltern immer wieder angesprochene Stelle mit Risikopotenzial.

Doch mit Beginn des neuen Schuljahres könnte sich die Situation womöglich verbessern - dank der Initiative von Martin Busse. Der dreifache Vater will den Schulweg mit Verkehrshelfern sicherer machen. Schülerlotsen sollen montags bis freitags zwischen 7.15 und 8 Uhr an den beiden Zebrastreifen die Kinder sicher über die Straßen bringen.

»Insbesondere an der Kreuzung bei der Eisdiele ist ein sehr großes Verkehrsaufkommen zu beobachten. Immer wieder kommt es hierbei zu gefährlichen Situationen«, weiß Busse. Denn wer mit dem Auto in die Kinzenbacher Straße einbiegt, der steht direkt vor dem Zebrastreifen. Vor allem für Autofahrer, die aus der Hauptstraße kommen, ist die Situation schlecht einsehbar.

Genau da will Busse mit seinen Lotsen abhelfen. »Jeden Tag werden zwei Erwachsene gebraucht«, sagt er. Ist ein zehnköpfiges Team da, dann ist jeder einmal in der Woche im Einsatz. Also vom Aufwand her überschaubar. Sechs Mitstreiter hat der Wahl-Krofdorfer schon gefunden, weitere ehrenamtliche Helfer werden gesucht. Sie werden in den Sommerferien von Verkehrspolizisten für ihre Aufgabe geschult und sind bei ihren Einsätzen versichert. Die Schule hat sich darum gekümmert, dass die Unfallkasse Hessen im Falle des Falles einspringt. Busse: »Die erforderlichen rechtlichen Absprachen mit der Gemeinde und der Verkehrsschule der Polizei sind getroffen.« Die Gespräche hat auch Schulleiterin Julia Schäfer geführt. Ein halbes Jahr Vorbereitung hat das bis jetzt gekostet. Vor allem hat es sich nicht leicht gestaltet, Helfer zu finden. Denn es ist ein ehrenamtliches Engagement und fordert ein hohes Maß an Verlässlichkeit und Verbindlichkeit.

Bei einem Info-Abend für die Eltern der kommenden Erstklässler Anfang Juli will Martin Busse sein Projekt und das Konzept vorstellen - und um Mitstreiter werben. Mit der Gemeinde will der Vater im Dialog bleiben. Denn dort wird derzeit ein Gesamtverkehrskonzept erarbeitet. Dazugehört ganz sicher auch die Frage der Schulwege.

Sind die Verkehrshelfer ein Modell auch für andere Kommunen? Sicherlich, denn Sorge von Eltern um den sicheren Schulweg sind vielerorts gegeben. Wobei es Schülerlotsen längst nicht in der Fläche gibt. Ängste von Eltern führen unter anderem dazu, dass ein Teil der Kinder den Weg zur Schule nicht mehr zu Fuß, mit dem Roller oder dem Fahrrad zurücklegt, sondern von den Eltern mit dem Auto gebracht wird. Nach einer Erhebung des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) werden 14 Prozent aller Schüler morgens bis vor das Schultor gefahren. Der Auto Club Europa (ACE) vermeldet bei Grundschülern gar 20 Prozent. Die Tendenz ist laut VCD eher steigend. 17 Prozent der Schüler kommen mit dem Bus, 43 Prozent gehen zu Fuß, die restlichen fahren mit Roller oder Fahrrad. Wobei just die »Elterntaxis« ein zusätzliches Gefahrenpotenzial darstellen - für die Kinder, die zu Fuß auf dem Schulweg sind.

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