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Shakespeare und Aschenbahn

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Gut gelaufen sind die Sportprüfungen an der Gesamtschule Hungen. Hier startet Tim den 100-Meter-Lauf auf der Aschenbahn mit (v. l.) Sarujan, Gianluca, Jonathan und viel Abstand zwischen den Startblöcken.		FOTO: PD
Gut gelaufen sind die Sportprüfungen an der Gesamtschule Hungen. Hier startet Tim den 100-Meter-Lauf auf der Aschenbahn mit (v. l.) Sarujan, Gianluca, Jonathan und viel Abstand zwischen den Startblöcken. FOTO: PD © Armin Pfannmueller

Das Abitur 2020 ist auch an den Schulen im Gießener Land geprägt von der Corona-Pandemie. Schon die Klausuren im März standen unter besonderen Vorzeichen. Anders als üblich verlaufen jetzt auch die mündlichen Prüfungen und die Abschlusstests im Fach Sport.

Es geht um Goethes Faust und Shakespeares Dramen, um Quantenphysik oder Aspekte der Stochastik. Oberstufenschüler, die sich in diesen Tagen auf ihre mündliche Abiturprüfung vorbereiten, haben eine Menge Lernstoff zu bewältigen. Und sie haben Fragen an ihre Lehrer. Normalerweise ist es im Vorfeld des »Mündlichen« kein Problem, Unklarheiten und Fragen zu den Lerninhalten mit dem Prüfer in der Schule zu besprechen. Denn eigentlich hätte die Unterrichtspflicht für Abiturienten erst am 15. Mai geendet. Doch in Zeiten von Corona ist auch das anders. Die Abschlussjahrgänge der Oberstufenschulen hatten ihre letzte Unterrichtsstunde deutlich vor Beginn der Osterferien.

Jetzt laufen die Vorbereitungen und viele Schüler wünschen sich eine Möglichkeit, mit ihrem Fachlehrer, der ihnen in einigen Tagen in der mündlichen Prüfung gegenübersitzen wird, Kontakt aufzunehmen. An den Schulen mit gymnasialer Oberstufe ist das kein Problem, berichten die Schulleiter. Ellen Reuther vom Laubach-Kolleg blickt zurück: Direkte inhaltliche Begegnungen habe es nur bis zum 13. März gegeben, sagt die Direktorin. »Anschließend gab es in der Q4 keine kursähnliche Situation mehr«, beschreibt sie die lange unterrichtslose Zeit für den Abschlussjahrgang der Oberstufe. Die Abiturienten seien mit ihren Lehrkräften aber weiterhin im digitalen Kontakt, so die Leiterin des Kollegs.

Das gilt auch für die Prüflinge in Grünberg, Hungen und Lollar. »Ein Großteil der Kommunikation erfolgt über Lernplattformen«, erklärt Jörg Keller. Der Leiter der Theo-Koch-Schule Grünberg findet, dass sich in der aktuellen Situation das gute Schulklima an der TKS bezahlt macht. »Viele Lehrer haben zur Vorbereitung auf Prüfungen auch samstags Termine an der Schule angeboten«, blickt er auf die Zeit vor Corona zurück. Aktuell müsse man eben digital versuchen, Schüler zu beraten, Sorgen abzubauen und Ängste zu nehmen. »Vieles läuft gut über IServ. Aber eine Lernplattform kann keine tatsächliche Begegnung ersetzen«, räumt er ein. Grundsätzlich müsse man sich vor Augen halten, dass die jetzige Situation nicht optimal sei und dass sie nicht zulasten der Schüler gehen dürfe.

Das sieht man auch an der Integrierten Gesamtschule Hungen so. »Abiturienten und Lehrer stehen im Kontakt«, bekräftigt Direktorin Alexandra Kuret, ob über Telefon, Videokonferenz oder E-Mail.

Ähnliches berichtet der Leiter der Clemens-Brentano-Europaschule, Andrej Keller. »Die Videokonferenzen klappen sehr gut«, sagt der Direktor der Lollarer Schule, an der ebenfalls die digitale Plattform IServ genutzt wird.

Abstimmungsbedarf gibt es aber nicht nur in Bezug auf die mündlichen Prüfungen Ende Mai/Anfang Juni, sondern auch für das Prüfungsfach Sport. Nachdem es zunächst wegen Corona gar keine praktischen Prüfungen im Fach Sport geben sollte, haben die Abiturienten jetzt zumindest die Möglichkeit, in Einzelprüfungen anzutreten. Bewertungen von Mannschaftsleistungen wird es beim Landesabitur 2020 dagegen nicht geben.

Während in den Mannschaftssportarten individueller Prüfungsformen etwa im Bereich Dribbeln oder Passen möglich sind, gibt es keine Gruppenprüfungen, Sie werden durch mündliche Prüfungen ersetzt. »Das ist für einen glänzenden Fußballer, der nun stattdessen Aufgaben von Akteuren in unterschiedlichen Spielsystemen erklären soll, nicht unbedingt die Wunschvorstellung«, sagt Keller.

Dafür hätten die Prüflinge in der Leichtathletik ideale Bedingungen vorgefunden. Jeden Tag hätten sich 15 Abiturienten, unterstützt von drei Lehrern, auf dem Sportplatz auf ihre Prüfungen vorbereitet. Den Platz dürfe man aufgrund einer Vereinbarung mit der Stadt Lollar nutzen. Bereits abgeschlossen hat eine Turnerin ihre praktische Sportprüfung an der CBES. »Sie hat eine hervorragende Leistung am Stufenbarren gezeigt«, so Keller.

Doch nicht alle wählen automatisch die Sportpraxis. »Manche Sportler verzichten aus freien Stücken auf die praktische Prüfung«, erklärt Ellen Reuther. Am Laubach-Kolleg belegen 13 der insgesamt 64 Prüflinge den Sport-Leistungskurs. Manche hätten sich freiwillig für die Theorieprüfung entschieden.

Eine Reihe von Einzelprüfungen, aber keine Partner- oder Gruppenprüfungen stehen auch in Hungen auf dem Plan. »Die praktischen Prüfungen sind sehr gut gelaufen«, blickt Alexandra Kuret auf die Sportpraxis zurück, die am Freitag mit den Leichtathletik-Prüfungen ihren Abschluss gefunden haben. An der Gesamtschule legen 22 Leistungskurs- und zehn Grundkursschüler Prüfungen in den Sportarten Basketball, Volleyball, Turnen, Leichtathletik, Badminton und Tanz ab. »Ein Teil davon wird in Form einer mündlichen Prüfung absolviert«, erläutert Kuret anhand des Beispiels Tanz. Hier können Einzelfiguren praktisch geprüft werden, Paarelemente dagegen nicht.

Auf dem Gelände des TSV Grünberg absolvieren die Abiturienten der Theo-Koch-Schule ihre praktische Leichtathletik-Prüfung. Darüber, dass in Mannschaftssportarten wie Basketball, Fußball und Handball statt einer Gruppenprüfung eine mündliche Prüfung ansteht, sei nicht jeder Leistungskursschüler glücklich. Schulleiter Keller: »Da kann der Einzelne seine Stärken nicht immer zum Tragen bringen.«

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