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Sebastian Schwarz (SPD) wird neuer Bürgermeister in Allendorf (Lumda)

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Von: Jonas Wissner

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Allendorf (Lumda) bekommt ab 1. Juli einen neuen Bürgermeister: Sebastian Schwarz, SPD-Kandidat und auch von den Grünen unterstützt, hat sich bei der Wahl am Sonntag gegen Amtsinhaber Thomas Benz (FW) durchgesetzt.
Allendorf (Lumda) bekommt ab 1. Juli einen neuen Bürgermeister: Sebastian Schwarz, SPD-Kandidat und auch von den Grünen unterstützt, hat sich bei der Wahl am Sonntag gegen Amtsinhaber Thomas Benz (FW) durchgesetzt. © pm

Sebastian Schwarz, SPD-Kandidat und auch von den Grünen unterstützt, hat sich bei der Wahl in Allendorf (Lumda) gegen Amtsinhaber Thomas Benz (FW) durchgesetzt.

Allendorf - Nach einer quälend langen Zeit des Wartens und der Stille brandet gegen 19.20 Uhr im Sitzungszimmer des Allendorfer Rathauses Applaus auf. Viele Hände strecken sich in Richtung von Sebastian Schwarz, während das Gesicht des Wahlsiegers noch von großer Anspannung geprägt ist, die erst allmählich abzufallen scheint. Bürgermeister Thomas Benz gratuliert seinem Kontrahenten, verlässt das Rathaus kurz darauf. Zwar hat er als Verwaltungschef noch bis Ende Juni den Hut auf, doch nun ist klar: Die Mehrheit der Wähler hat sich gegen eine zweite Amtszeit Benz’ entschieden, seinem Herausforderer das Vertrauen für die nächsten sechs Jahre geschenkt.

Knapp, aber am Ende doch etwas deutlicher als von manchen erwartet hat SPD-Kandidat Schwarz die Allendorfer Bürgermeisterwahl am Sonntag gewonnen. Der 42-Jährige, im Wahlkampf auch von den Grünen unterstützt, setzte sich in fast allen Wahlbezirken gegen Benz durch. Lediglich im Bezirk Nordeck-Winnen hatte der Amtsinhaber aus Nordeck mit 50,3 Prozent gegenüber dem in Winnen wohnenden Schwarz die Nase hauchdünn vorn – ein wohl eher schwacher Trost für den noch amtierenden Rathauschef.

Bürgermeisterwahl in Allendorf: Relativ hohe Wahlbeteiligung

Ab 18 Uhr hatten Interessierte aus Allendorf (Lumda), aber etwa auch einige Bürgermeister sowie Kreispolitiker und auch der Ex-Vorsitzende der Hessen-SPD, Thorsten Schäfer-Gümbel, die nach und nach einlaufenden Ergebnisse bei der Präsentation im Rathaus verfolgt. Beiden Kandidaten war die Nervosität anzusehen. Dass Schwarz es am Ende schaffen könnte, ließen die Zwischenstände schon erahnen. Allmählich wurde es voller, doch die gespannte Stille wollte nicht enden. Gegen 18.38 Uhr lag das Briefwahlergebnis aus Nordeck und Winnen vor, damit stand nur noch ein Einzelergebnis aus.

Mit fast versteinerter Miene blickte Benz auf die Zahlen an der Wand – sein Gesicht machte deutlich, dass das Projekt Wiederwahl schon zu diesem Zeitpunkt kaum noch erreichbar schien. Die Wahlbeteiligung (63,56 Prozent) fiel auch diesmal in der kleinsten Kreiskommune relativ hoch aus und kann sich im interkommunalen Vergleich durchaus sehen lassen.

Bürgermeisterwahl in Allendorf: Sieger feiert im Bürgerhaus Nordeck

Wahlsieger Schwarz dankte in einer ersten Stellungnahme den Wählern für das ihm geschenkte Vertrauen, ferner seinen Unterstützern, der Familie und vor allem seiner Frau Larissa. Er zollte auch dem unterlegenen Amtsinhaber, mit dem er aktuell als Stadtrat im Magistrat zusammenarbeitet, Respekt »für den fairen Wahlkampf«. Schwarz‘ Gemütslage kurz nach dem Wahlsieg? »Angespannt – aber ich merke, langsam fällt es ab.« Während der Wahlkampagne, vor allem auch bei Hausbesuchen, habe er zunehmend »positive Resonanz« bekommen, »das hat mich getragen«. Eine Einschätzung, was den Ausschlag für seinen Sieg gegeben hat, vermochte der aus Utphe stammende Gewinner vorerst noch nicht zu geben. »Wir haben ein bisschen aufgezeigt, wie man in die Zukunft gehen kann«, so Schwarz.

Nachdem er am Sonntagabend viele Gratulationen im Rathaus entgegengenommen hatte, fuhr er mit Familie, Freunden und Unterstützern nach Nordeck, wo im Bürgerhaus noch auf den Sieg angestoßen wurde. »Da hat es meine Frau nicht so weit nach Hause, wenn der Kleine motzt«, so Schwarz mit Blick auf seinen Sohn.

Bürgermeisterwahl in Allendorf: »Extrem guten Wahlkampf geführt«

Benz ließ den Abend im »Alten Bahnhof« im Kreise von Vertrauten ausklingen. Er wirkte gefasst, machte aber auch keinen Hehl aus seiner Enttäuschung über die Niederlage. »Er hat einen extrem guten Wahlkampf geführt«, zollte der zuletzt auch von der CDU unterstützte FW-Kandidat Schwarz Respekt und dankte zugleich seinen Unterstützern. Er selbst habe diesmal gerade in seiner Heimat Nordeck kein so starkes Ergebnis wie vor sechs Jahren geholt, sagte Benz und verwies darauf, dass beide Kandidaten im gleichen Wahlbezirk wohnen.

Was hat aus seiner Sicht den Ausschlag gegeben? »Meinem Gefühl nach sind viele Leute eh verbittert«, hätten mit steigenden Kosten in vielen Bereich zu kämpfen, zudem seien die Allendorfer Steuer-Hebesätze relativ hoch. »Vieles ist negativ behaftet, das schlägt sich auch in der Wahl nieder«, so die erste Einschätzung des 55-Jährigen. Als Bürgermeister werde man für »viele Dinge« verantwortlich gemacht, »auch wenn morgen die Sonne nicht aufgeht«.

Kommentar: Zeit für mehr Initiative an der Rathausspitze

Die Allendorfer bleiben sich in gewisser Weise treu: Wie bei der letzten Bürgermeisterwahl haben sie mehrheitlich für den Wechsel gestimmt statt der Person an der Rathausspitze eine zweite Amtszeit zu geben. Schwarz‘ Wahlsieg ist aber weder Zufall noch Vorbestimmung: Der SPD-Mann, vor ein paar Monaten noch wenig bekannt, hat in seinem engagierten Wahlkampf gezeigt, dass er tragfähige Ideen hat, um das Lumdatalstädtchen nach vorn zu bringen. Inhaltlich lagen er und Benz zwar nicht allzu weit voneinander entfernt, auch gab es nicht das eine große Streitthema. Doch gerade in der chronisch klammen Stadt konnte der Sparkassen-Betriebswirt mit Finanzkompetenz punkten und skizzierte seine Ziele – sei es in Sachen Personalsituation oder bei der Nutzung von Förderprogrammen – häufig konkreter als Benz. Schwarz muss nun zeigen, dass er jener »Motor« ist, als der er sich im Wahlkampf verkauft hat.

Klar ist: Auch mangels finanzieller Spielräume und fester Mehrheiten ist Allendorf kein leichtes Pflaster, um Visionen umzusetzen. Trotzdem muss Benz sich eingestehen, dass Schwarz erfolgreich auch damit werben konnte, dem »Stillstand« entgegenzuwirken. Das Gefühl, es mangle an der Rathausspitze an Initiative und Gestaltungswille, schien vermehrt um sich zu greifen. Benz hat sich im Wahlkampf reingehängt, wirkte mitunter aber eher von seinem Herausforderer getrieben. Auf Kritik reagierte er teils dünnhäutig, schoss sich zunehmend auf die Grünen ein – und hat sich auch damit im Rückblick wohl keinen Gefallen getan. (Jonas Wissner)

Stimmen zur Wahl

Ralf Hofmann (FW): Der Ausgang der Wahl ist für uns natürlich enttäuschend. Die Deutlichkeit überrascht mich. Für Thomas Benz war es in Corona-Zeiten schwierig, neue Ideen umzusetzen. Die Aufgaben für den neuen Bürgermeister konzentrieren sich vor allem auf die finanzielle Lage der Stadt.

Annette Bergen-Krause (SPD): Sebastian Schwarz war vor dem Wahlkampf ja vielen Menschen in Allendorf nicht bekannt. Seine sachliche, faire und offene Art hat nun sicher zu dem deutlichen Wahlsieg beigetragen. Er hat sich im Vergleich zu Thomas Benz als klarer strukturiert präsentiert. Auf Sebastian Schwarz kommen große Aufgaben zu. So gilt es zum Beispiel, den Sanierungsstau im Bereich der Straßen zu beheben und die Bürgerhäuser zu ertüchtigen. Für Herrn Benz tut es mir leid. Ich kenne ja das Gefühl, als Amtsinhaberin eine Bürgermeisterwahl zu verlieren.

Ulrich Krieb (CDU): Thomas Benz hat es schwer gehabt. In der Verwaltung sind mehrere Mitarbeiter weggebrochen, da ist einiges liegen geblieben. Auf Sebastian Schwarz kommen nun Aufgaben zu, die seit Jahren vor sich hergeschoben worden sind. Zum Beispiel müssen die Straßenbeiträge angepackt und das Rathaus saniert werden.

Sandra Henneberg (Grüne): Inhaltlich waren die Unterschiede zwischen den beiden Kandidaten gar nicht so groß. Bei der Podiumsdiskussion am Freitag hat sich für mich gezeigt, dass Sebastian Schwarz etwas professioneller mit den Themen umgeht. Der Investitionsstau in der Infrastruktur wird für ihn die größte Herausforderung werden.

Brunhilde Trenz (BfA/FDP): Ich habe noch nie einen so engagierten und aufwändigen Wahlkampf erlebt wie den von Sebastian Schwarz, beispielsweise in den Sozialen Medien. Ich wünsche mir, dass er mit dem gleichen Engagement sein Bürgermeisteramt führt. Wir wünschen Thomas Benz alles Gute für seine berufliche und persönliche Zukunft.

Landrätin Anita Schneider (SPD): Vor allem ist es ein Erfolg von Sebastian Schwarz und seinen Ideen. Die Wahl zeigt auch, dass man mit einem SPD-Parteibuch Bürgermeisterwahlen gewinnen kann und nicht sagen muss, unabhängig zu sein, obwohl das oft nicht der Fall ist

Originalmeldung, 12. Februar 2023, 19:23 Uhr: Allendorf (Lumda) bekommt ab 1. Juli einen neuen Bürgermeister: Sebastian Schwarz, SPD-Kandidat und auch von den Grünen unterstützt, hat sich bei der Wahl am Sonntag gegen Amtsinhaber Thomas Benz (FW) durchgesetzt, für den sich auch die CDU ausgesprochen hatte. Schwarz kam in der kleinsten Kommune des Landkreises Gießen auf 54,36 Prozent der Stimmen, auf Benz entfielen 45,64 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 63,56 Prozent. Der 42-jährige Wahlsieger ist aktuell bei der Sparkasse beschäftigt und sitzt als Stadtrat im Allendorfer Magistrat. (jwr)

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