Schaden für die Stadt unklar
Kann die Stadt Linden Schadensersatz gegen Ex-Bürgermeister Jörg König geltend machen? Diese Frage beschäftigt derzeit das Stadtparlament. Doch ist der Stadt überhaupt ein Schaden entstanden?
Dass bei der Vergabe verschiedener Planungsaufträge der Stadt Linden in den vergangenen Jahren einiges schiefgelaufen ist, ist unstrittig. Die Staatsanwaltschaft Gießen hat dies im Ergebnis ihrer Ermittlungen gegen den ehemaligen Bürgermeister Jörg König festgestellt. Nicht festgestellt werden konnte indes, ob der Ex-Bürge rmeister dadurch einen finanziellen Schaden für die Stadt verursacht hat - weshalb die Ermittlungen schließlich eingestellt wurden.
Obwohl die Ermittlungen im Sande verliefen, will das Stadtparlament nun prüfen lassen, ob die Möglichkeit von Schadensersatzforderungen gegen den früheren Bürgermeister möglich sind. »Wir sind es den Bürgern schuldig, das zu klären. Ich will hier nicht sitzen und irgendwann danach gefragt werden, warum wir nicht alles in unserer Macht Stehende getan haben, um diese Sache aufzuklären«, sagte Axel Globuschütz (Grüne) am Dienstagabend in der Parlamentssitzung. Dem stimmte auch Fraktionschef Dr. Christof Schütz zu: »Da ist richtig viel nicht gut gelaufen. Da müssen wir einfach hinschauen.«
Auch SPD und FDP stehen hinter der Prüfung: »Wenn das alles noch einmal geprüft wurde, können wir sicher sagen: Ja, wir haben alles Mögliche getan«, sagte Lothar Weigel (FDP).
Meinungen, denen sich der Rest der Stadtverordnetenversammlung größtenteils anschloss: Am Dienstag beschlossen die Stadtverordneten einstimmig, bei Enthaltungen der CDU-Fraktion sowie eines Mitglieds der Freien Wähler, einen Rechtsanwalt mit der Prüfung möglicher Schadensersatzansprüche zu beauftragen.
Möglich werden diese aufgrund eines anderen Schuldvorwurfs: Bei der Frage nach Schadensersatz reicht eine Fahrlässigkeit der Handlungen aus, um haftbar gemacht zu werden. Ein Vorsatz ist nicht notwendig. »Jedoch muss für diese Ansprüche ein finanzieller Schaden beziffert werden«, erklärte Joachim Schaffer (FW).
Kritisch sah Thomas Altenheimer (CDU) die Prüfung: »Im Rahmen der Ermittlungen haben sich vier Fachleute damit befasst. Keiner konnte einen monetären Schaden feststellen.« Deshalb sieht er nur wenige Erfolgsaussichten für die Begutachtung. »Natürlich können wir eine weitere Prüfung beauftragen. Die CDU steht dem nicht im Wege. Aber ich prophezeie, dass dabei nichts herauskommen wird.« Aus diesem Grund enthielten sich die CDU-Mitglieder bei der Beschlussfassung.
Sollte der Stadt Linden ein finanzieller Schaden durch die fehlerhafte Auftragsvergabe entstanden sein, wird es damit voraussichtlich zu Ansprüchen auf Wiedergutmachung kommen.
Doch viel wichtiger als der möglicherweise entstandene materielle Schaden sei der immaterielle Schaden, fügte Marc Bausch (FW) hinzu: »Der eigentliche Schaden, der durch die Handlungen des früheren Bürgermeisters entstanden ist, ist die Schädigung des Rufes unserer Stadt. Dieser hängt immer noch wie ein Damoklesschwert über uns, solange die Prüfungen laufen. Wir sollten überlegen, ob wir diese Akte nicht schließen und im Rahmen der Bürgermeisterwahl in ruhigere Fahrwasser übergehen wollen.«