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Sanierung ohne Abfall

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Von: Patrick Dehnhardt

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Ein Traktor zieht die Wegefräse. Johannes Rehpühler (l.) ist schon fertig, als ihm am Donnerstagmorgen Diana Müller und Bürgermeister Dietmar Kromm bei der Arbeit über die Schulter schauen wollten. FOTO: PAD © Patrick Dehnhardt

Viele Feldwege sind in einem schlechten Zustand. In Reiskirchen wurden nun mehrere saniert. Das eingesetzte Verfahren ist besonders umweltfreundlich - denn es fällt praktisch kein Abfall an.

Sie ist laut, 250 PS stark und frisst Wege, an denen man sich mit der Spitzhacke die Zähne ausbeißen würde: die Wegepflegefräse der Firma DR Wegebau aus Verl bei Gütersloh. In Reiskirchen war sie diese Woche im Einsatz, um die Feldwege zu sanieren.

Die Bauzeit sollte eigentlich eine Woche dauern. Doch die Arbeiter um Mitinhaber Johannes Rehpöhler haben ordentlich Tempo vorgelegt. »Sie sind fertig«, stellte Bürgermeister Dietmar Kromm am Donnerstagmorgen fest.

Die Arbeiten unterteilen sich in mehrere Abschnitte. Zunächst muss die Bankette abgefräst werden. Denn über die Jahre hinweg ist an den meisten Stellen Gras über die Wegeränder gewuchert, bildet feste und harte Schichten aus Erde. Diese wird direkt vor Ort auf den Wegrändern verteilt. »Sonst müsste das auf die Deponie gebracht und teuer entsorgt werden«, sagt Rehpöhler.

Große Steine sorgen für Schlaglöcher

Im zweiten Teil wird der vorhandene Feldweg ausgefräst. Die harten Metallzähne der Fräse zerschlagen den Asphalt und Schotter in eine feine Körnung, die sofort wieder eingebaut wird. Nur größere Steine werden herausgefiltert. Diese sind problematisch, da sie sich physikalisch anders als das sie umgebende kleinkörnige Material verhalten. Wenn beispielsweise ein Fahrzeug darüber rollt, geraten sie in Schwingungen und es bilden sich Hohlräume, die langfristig zu Schlaglöchern anwachsen. »Jeder größere Stein ist ein potenzielles Schlagloch«, sagt Rehpühler.

Der alte Feldweg wird so zum neuen Feldweg, es fällt praktisch kein Abfall an. Dies ist möglich, da sich der Asphalt nach der Aufarbeitung wieder zu einer neuen Decke verfestigt. Und dies geht mehrmals: Einige der Wege waren vor 30 Jahren mit gebrauchtem Asphalt von der Autobahn angelegt worden. »Asphalt lässt sich auch besser als Schotter verarbeiten«, erklärt der Wegesanierer.

Einer der Hauptgründe, warum Feldwege kaputt gehen, ist die Veränderung des Materials über die Jahre. Der Wegeschotter besteht aus gröberem und feinerem Material, erklärt Kromm. Das feinere Material verschwindet über die Jahre aus den oberen Schichten. Dadurch verliert das gröbere Material den Halt, und Schlaglöcher entstehen.

Die Gemeinde Reiskirchen hatte es zuletzt mit einer Sanierungsform probiert, bei der die oberen Schichten aufgelockert und erneut verdichtet wurden. Jedoch gelang es dabei nicht, noch in den tieferen Schichten vorhandenes feines Material wieder zu aktivieren, sagt Kromm. Darum entschied man sich nun für die Sanierung bis in die Tiefe. Dabei wurden auch die unteren Schichten mitgefräst, das Material komplett durchmischt und so der Feinanteil wieder nach oben geholt.

Saniert wurden ein Wegabschnitt entlang der A 5 in der Gemarkung Reiskirchen, der Verbindungsweg zwischen Saasen und Lindenstruth, verschiedene Wege entlang des Struthwäldchens von Reiskirchen in Richtung Hattenrod und ein Feldweg rechts des Ortseinganges Hattenrod. Insgesamt 2,2 Kilometer. Die Kosten: rund 40 000 Euro.

Die Jagdgenossenschaft Reiskirchen übernimmt davon einen Anteil, ebenso die für Burkhardsfelden, die zudem noch die Sanierung eines weiteren Wegeabschnitts bezahlt. Dieser ließ sich aufgrund des hohen Tempos der Gütersloher noch mit in die diesjährige Sanierungswelle aufnehmen.

Kromm lobte nicht nur die fixe Baufirma, sondern auch Diana Müller vom Fachdienst Tiefbau und Bauhof der Gemeinde Reiskirchen, die gute Vorarbeit geleistet habe, sodass die Arbeiten fast reibungslos verliefen.

Das »fast« ist dabei nicht den Behörden oder der Baufirma geschuldet, sondern einigen Zeitgenossen, welche die deutlich sichtbaren Vollsperrungen der Feldwege ignorierten. Dabei braucht das Material nach der Sanierung noch einige Zeit, um sich wieder zu verfestigen, sodass es erst einmal nicht belastet werden soll. Ein Autofahrer soll an einer Absperrung vorbei und dann noch einige hundert Meter auf dem stark abschüssigen Grünstreifen weitergefahren sein, bis der Wagen schließlich in Schieflage stecken blieb. Ein Manöver, für das keine Versicherung aufkommt, da grob fahrlässig.

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